Streit um U-BootElon Musk riskiert mit Twitter-Gezeter seine Geschäfte
dpa/sda/pal
18.7.2018
Mit seinem «Pädo»-Tweet gegen einen britischen Höhlenforscher ist Tesla-Gründer Elon Musk offenbar einen Schritt zu weit gegangen. Ihm droht eine Klage wegen Verleumdung, und auch sein Unternehmen könnte nach Ansicht von Experten Schaden nehmen. Inzwischen hat sich Musk öffentlich für seine Twitter-Ausraster entschuldigt.
Elon Musk ist bekannt dafür, auf Twitter zurückzuschlagen – egal, ob es um Investoren geht, die gegen seine Aktien wetten, oder um hartnäckig nachfragende Journalisten und Analysten. In den vergangenen Monaten hat sich der Chef von Tesla und SpaceX zu einer immer grösseren und zähnefletschenden Social-Media-Persönlichkeit entwickelt.
Inzwischen hat sich Musk für seine Schimpftirade gegen den betroffenen Helfer des Höhlendramas in Thailand entschuldigt. Der mehrfache Milliardär schrieb am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter, er habe aus Wut über Unwahrheiten gehandelt, die der Brite gesagt habe.
Sein Verhalten sei aber «nicht gerechtfertigt» gewesen: «Ich entschuldige mich bei Herrn Unsworth und auch bei den Firmen, die ich als Chef vertrete. Das war mein Fehler und mein Fehler allein», schrieb der Tesla-Chef.
Der ursprüngliche Tweet, der später gelöscht wurde, vertrieb Investoren von Tesla-Aktien und könnte dem hitzigen Unternehmer eine Verleumdungsklage einbringen. Mit seinen Aussagen auf Twitter glitt Musk von der leidenschaftlichen Verteidigung seiner Firmen ab in eine persönliche Beleidigung, für die er keine Faktengrundlage lieferte. «Das hat nichts damit zu tun, Tesla zu verteidigen», sagt Erik Gordon, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität von Michigan. Damit überschreite Musk eine Linie, hinter der er nicht mehr behaupten könne, in der Verteidigung seines Unternehmens zu weit gegangen zu sein.
Brite warf den ersten Stein
In einem Fernsehinterview hatte der britische Hobbyforscher Vern Unsworth kritisiert, dass Musk und seine SpaceX-Ingenieure ein kleines U-Boot geschickt hatten, um den Rettern der zwölf jungen Fussballer und ihres Trainers in der überfluteten Höhle in Thailand zu helfen. Das U-Boot kam nicht zum Einsatz. Unsworth nannte es einen «PR-Gag» und sagte, es hätte ohnehin nicht funktioniert und er könne «Es sich hinstecken, wo es weh tue».
Musk reagierte mit einem Tweet, in dem er Unsworth als «Pädo» bezeichnete und zweifelte die Kompetenz des Briten an – er habe ihn während der ganzen Bergungsarbeiten nie vor Ort gesehen. In einem zweiten Tweet schrieb Musk, er wette, die Behauptung sei wahr. Unsworth sagte CNN, er erwäge rechtliche Schritte. Eine Sprecherin von Tesla wollte die Tweets nicht kommentieren.
Kein Taucher: Wer ist Vern Unsworth?
Der Brite wird in vielen Medien als «Rettungstaucher» in der Aktion bezeichnet, auch wenn das nicht korrekt ist. Unsworth ist Finanzbroker aus St Albans in Hertfordshire, England. In Yorkshire Dales entdeckte er auch seine Liebe zur Höhlenforscherei, wie die «Sun» berichtet. Seit einigen Jahren lebt Unsworth getrennt von seiner Frau und Tochter in England und hat sich in Chiang Rai, Thailand niedergelassen.
Zur Rettungsaktion beigezogen wurde der Brite, weil er das Höhlensystem, in dem das Fussball-Team gefangen war, bereits in früheren Jahren kartographiert hatte und die verwinkelten Gänge bestens kannte. Er wurde so zum Mit-Koordinator für die Rettungsaktion und wies die Elite-Taucher der Thailändischen Navy an, wie sie am besten vorgehen sollten.
Wie Unsworth gegenüber der Singapurer «Straits Times» bestätigt, wurde er wegen seines Fachwissens zur Höhlenrettung hinzugeholt, habe aber keine Ahnung, wie die Verhältnisse im Wasser gewesen seien, da er kein Höhlentaucher sei. Das wiederum deckt sich mit Musks Vorwurf, er habe den Briten nicht vor Ort bei den Rettungsarbeiten gesehen und zweifle deshalb seine Kompetenz an, die Effektivität des Mini-U-Boots zu beurteilen.
In den ersten vier Monaten des Jahres schickte Musk im Schnitt monatlich rund 100 Tweets ab. Doch die Zahl stieg auf etwa 400, seit Musk im Mai unter Druck geriet, die Produktion seines neuen Elektroautos Model 3 anzukurbeln, dessen Preis mit rund 35'000 Franken niedriger sein soll als die Preise früherer Modelle. Seither hat Musk Tausende neue Follower gesammelt und inzwischen fast halb so viele wie US-Präsident Donald Trump, der seine Kritiker auf Twitter ähnlich genüsslich angreift.
«Würde Musk raten, mit dem Twittern aufzuhören»
Die Tesla-Aktie fiel am Montag um fast drei Prozent auf 310,10 Dollar, obwohl der Markt leicht im Aufwind war. Medienrechtler Robert Drechsel von der Universität von Wisconsin sagt, wenn er Teslas Anwalt wäre, würde er dem Firmenchef raten, mit dem Twittern aufzuhören. «Man kann sich nicht den geringsten Gefallen damit tun, diese Art von Unruhe zu erzeugen und schlimmstenfalls seine Glaubwürdigkeit infrage zu stellen», erklärt er. «Ich bin sicher, sie wünschen sich, er wäre ein vorsichtigerer Twitterer.»
Wirtschaftsrechtler Gordon sagt, grosse Investoren seien bei Tesla in einer schwierigen Lage, so wie sie es bei Uber und dessen abgesetztem Chef Travis Kalanick gewesen seien. Wie Uber bauen Tesla und SpaceX auf die herausragende Persönlichkeit ihres Gründers. Tesla ist mehr als 52 Milliarden Franken wert, weitgehend gründet sich das auf das Versprechen von Musks Genialität.
Bis zuletzt haben Twitter und Musks Persönlichkeit gut für Tesla funktioniert. In seinen Mitteilungen an die Börsenaufsicht schreibt das Unternehmen, es müsse keine Werbung schalten, da es so viel kostenlose Medienaufmerksamkeit erhalte. Doch Musks «Pädo»-Bemerkung und seine Twitter-Scharmützel mit Analysten, Journalisten und anderen liessen Investoren argwöhnisch werden, sagt Gordon. «Es ist sehr gefährlich, mit den Dingen einfach so herauszuplatzen.»
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