Die Bankiervereinigung macht Front gegen die Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank. Diese habe nicht nur zahlreiche schädliche Folgen für die Schweizer Wirtschaft, sie erfülle auch ihren Zweck nicht mehr.
Nun müsse der Weg für einen «Ausstieg aus dem Krisenmodus» geebnet werden, gibt sich der Branchenverband überzeugt.
Die Einführung der Negativzinsen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) Ende 2014 habe zwar ihre Berechtigung gehabt. Aus der «einst erfolgreichen Notmassnahme» sei nun aber die «neue Normalität» geworden, heisst es in einer am Donnerstag vorgestellten Studie der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg). Mit zunehmender Dauer erhöhten sich aber die Risiken und die «Kollateralschäden».
Umverteilung zur Exportwirtschaft
Für die Autoren der SBVg-Studie ist es «zweifelhaft», ob die Negativzinsen heute noch erforderlich sind und ob sie noch Wirkung erzielen. «Negativzinsen dürfen nicht als alternativlos betrachtet werden», heisst es in der Studie. So sei der Schweizer Franken nicht mehr überbewertet und die Preise seien stabil.
Die Schweizer Exportindustrie habe sich zudem längst vom «Aufwertungsschock» des Jahres 2015 erholt und wachse mittlerweile dynamisch, so die Studie: Nicht nur im Warenhandel stiegen die Überschüsse kontinuierlich, auch der Tourismus habe sich klar erholt.
Die einzige «bedeutende Branche», die in den letzten zehn Jahren geschrumpft sei, sei die Finanzbranche. «Die Negativzinsen bewirken eine Umverteilung vom Sparer und einem stagnierenden Bankensektor zur Exportwirtschaft», folgern die Studienautoren.
Markante Verzerrungen
In der Gesamtwirtschaft sind für die Autoren derweil die Risiken und die Folgeschäden der Negativzinsen «unübersehbar». So verweisen die SBVg-Ökonomen auf die «markanten Verzerrungen» im Schweizer Immobilienmarkt aufgrund des Anlagenotstands: «Es wird als rentabler angesehen, in ein möglicherweise leerstehendes Gebäude zu investieren als Bargeld oder Anleihen zu halten.»
Die geringeren Renditen gefährdeten auch die Stabilität der Altersvorsorge. Nicht nur müssten die Vorsorgeeinrichtungen jährlich etwa 400 Millionen Franken an Negativzinsen berappen. Das tiefe Zinsniveau habe auch die Erträge der Versicherten bei den Pensionskassen fast flächendeckend gekürzt. «Dies hat wirtschaftliche und soziale Folgen – insbesondere für die Rentnerinnen und Rentner von morgen», warnen die Autoren.
Direkt belastet vom Negativzins werden auch die Banken selbst. So habe die SNB 2018 mit den Negativzinsen auf ihren Girokonten rund 2 Milliarden Franken eingenommen. «Dies schmälert die Profitabilität der Banken signifikant», heisst es in der Studie. Weil die Banken zudem ihren Retailkunden die Negativzinsen nicht weitergeben würden, müssten sie die Konten der Kleinsparer mit dem Kreditgeschäft «quersubventionieren». Insgesamt sinke mit dem Negativzins die Zinsmarge und das Ertragspotenzial der Banken.
Druck bleibt
Auch die Bankiervereinigung räumt ein, dass der Druck auf die SNB angesichts der Politik der Zentralbanken in der Eurozone und den USA wohl bestehen bleibt. Andererseits sei die Schweizer Wirtschaft nicht im Krisenmodus. Der Branchenverband fordert nun einen «öffentlichen Diskurs» und eine «kritische Überprüfung» der Negativzinspolitik.
Negativzinsen seien vergleichbar mit einem Notfallmedikament, schreibt der Branchenverband. Kurzfristig könnten sie trotz Risiken einen grossen Nutzen haben. «Langfristig verlieren sie jedoch an Wirkung, während die Nebenwirkungen immer grösser werden.»
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