Faktencheck Steigt Bier bei Hitze schneller zu Kopf? Mythen auf dem Prüfstand

dpa / tmxh

15.8.2020

Ein «kühles Blondes» ist besonders im Sommer ein beliebter Durstlöscher. 
Ein «kühles Blondes» ist besonders im Sommer ein beliebter Durstlöscher. 
Source: picture alliance / Marius Becker/dpa

Bier auf Wein, das lass sein. Und: Bier in der Sonne spürt man besonders. Oder: Das Konterbier hilft gegen den Kater. Biermythen gibt es viele. Welche von ihnen wahr sind, klärt der Faktencheck.

«Auch Wasser ist ein edler Tropfen, mischt man es mit Malz und Hopfen.» Diesem Sprichwort folgen offenbar viele Schweizerinnen und Schweizer und konsumieren laut Schweizer Brauerei-Verband jährlich rund 55 Liter pro Kopf.

Kein Wunder also, dass sich zahlreiche Mythen um das kühle Blonde ranken. Zeit für einen Faktencheck.

Behauptung: «Bier auf Wein, das lass sein ...»

Bewertung: Falsch.

Fakten: «... Wein auf Bier, das rat' ich dir.» Wenn auf der nächsten Party ein Gast mit diesem Spruch um die Ecke kommt, weiss man: Diese Lebensweisheit stimmt nicht. Studien haben gezeigt, dass der Kater am Morgen ähnlich intensiv ist, egal welche Alkoholsorte am Vorabend zuerst konsumiert wurde. Im Mittelalter galt dieser Trinkspruch den sozialen Unterschieden. 

Behauptung: Warmes Bier hilft gegen Erkältung.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Durch den Konsum von Bier kann sich tatsächlich ein angenehm wärmendes Gefühl einstellen. Hopfen und Malz lieferten ätherische Öle und Bitterstoffe, die antibakteriell und beruhigend wirkten, sagt Expertin Antje Gahl. «Zudem hat Alkohol eine gewisse ‹narkotische› Wirkung und kann den Schlaf fördern.» Und Schlaf ist ja bekanntlich die beste Medizin, oder?



Das angenehme Gefühl ist Gahl zufolge jedoch trügerisch. Die Expertin rät, während einer Erkältung auf Bier und Alkohol zu verzichten. Denn: Es schwächt das Immunsystem und entzieht dem Körper Wasser. Kräuter- oder Früchtetees seien die bessere Alternative.

Immerhin – der Schweizer Brauerei-Verband schreibt: «Bier kann bei vernünftigem und massvollem Genuss einen wichtigen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten.» Aber: «Bei höherem und übermässigem Konsum von Bier nimmt die gesundheitlich positive Wirkung wieder ab».

Behauptung: Alkohol wirkt bei Hitze stärker.

Bewertung: Stimmt.

Fakten: Bier eignet sich bei hohen Temperaturen nicht als Durstlöscher, wie Experten sagen. Wenn die Sonne brennt, wirkt Alkohol im Körper schneller und intensiver. Der Blutdruck sinkt und man fühlt sich müde und schlapp. Folgen können Kreislaufprobleme oder sogar Bewusstlosigkeit sein. Ausserdem warnen Experten, Alkohol und Baden zu verbinden. Denn die Gefässe weiten sich, und man könne selbst bei einer Wassertemperatur von 20 bis 22 Grad einen Kälteschock erleiden.



Behauptung: Konterbier hilft gegen den Kater.

Bewertung: Nur kurzfristig.

Fakten: Wer viel trinkt, bekommt am Morgen danach oft die Quittung – Kopfschmerzen oder Übelkeit. Die Zufuhr von Flüssigkeit helfe, diese Symptome zu bessern. «Das geht mit Bier», sagt Labormediziner Nicolas von Ahsen. Der edle Tropfen helfe allerdings nur kurzfristig, indem er den dicken Schädel hinauszögere. Besser seien daher elektrolytreiche Getränke wie Fruchtsaftschorle.

Besser sei es laut Schweizer Brauerei-Verband ohnehin, gemässigt zu konsumieren: «Gesunde erwachsene Männer sollten nicht mehr als zwei Gläser und Frauen nicht mehr als ein alkoholisches Getränk pro Tag zu sich nehmen.»

Behauptung: Bier kann nicht schlecht werden.

Bewertung: Stimmt.

Fakten: Bier kann auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) bedenkenlos getrunken werden. Der darin enthaltene Alkohol, die Kohlensäure und der Hopfen würden verhindern, dass sich schädliche Keime vermehren könnten, sagt Brauerei-Experte Holger Eichele. «Solange eine Flasche dicht ist, bestehen keine gesundheitlichen Risiken durch Überschreitung des MHD.» Allerdings veränderten sich oftmals die Farbe und der Geschmack in Richtung Sherry-Noten.



Der Schweizer Brauerei-Verband informiert indes: «Wie die meisten Lebensmittel hat Bier eine beschränkte Haltbarkeit. Kühl und dunkel aufbewahrt, lässt sich ein Bier ohne grösseren Qualitätsverlust einige Monate lang lagern. Das von der Brauerei angelieferte Bier hat jedoch den Höhepunkt der Qualität erreicht, es ist also bald zu konsumieren.»

Behauptung: Bier und Sport passen nicht zusammen.

Bewertung: Teilweise richtig.

Fakten: Nach dem Training ein Bierchen gönnen – völlig in Ordnung. Zumindest, solange es sich um Bier mit 0,0 Prozent Alkohol handle, sagt Helen Bauhaus von der Sporthochschule Köln. Alkoholfreies Bier ist demnach reich an Kohlenhydraten und Natrium – und damit genau das Richtige für Sportler, die beim Schwitzen Flüssigkeit verloren haben. Auf Bier mit Prozenten sollte man aber unbedingt verzichten. Denn es erhöhe das Verletzungsrisiko und verringere die Schlafqualität.

Behauptung: Es gibt kein Bier auf Hawaii.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Der deutsche Sänger Paul Kuhn verbreitete 1963 mit seinem gleichnamigen Ohrwurm dieses Gerücht. Doch die Hawaiianer haben natürlich mehr zu bieten als bunte Cocktails. Die Kona-Brauerei in dem US-Bundesstaat produziert beispielsweise Biere mit dem klangvollen Namen «Fire Rock», «Longboard», oder «Gold Cliff».

Behauptung: Alkoholfreies Bier enthält keinen Alkohol.

Bewertung: Stimmt in vielen Fällen nicht.

Fakten: Wie jedes andere Bier wird auch das alkoholfreie aus Wasser, Gerste, Hefe und Hopfen gebraut. Ein winziger Rest Alkohol kann aber zur geschmacklichen Abrundung auch im sogenannten alkoholfreien Bier enthalten sein. «Obwohl es auch alkoholfreie Biere mit 0,0 Volumenprozent Alkohol gibt, können aufgrund der oben beschriebenen Herstellungsprozesse gewisse alkoholfreie Biere bis zu 0,5 Volumenprozent Restalkohol enthalten», schreibt der Schweizer Brauerei-Verband.

Laut Verband muss alkoholfreies Bier «praktisch ohne Alkohol (max. 0,5 % Vol.)» sein, «produziert entweder durch die Herstellung von Bier mit anschliessendem Entzug des Alkohols oder der Anwendung eines Verfahrens mit Beeinflussung der Gärung, sodass weniger Alkohol entsteht».

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