Schlank, aber teuer Luxuswohnungen im Wolkenkratzer – wem gehört New Yorks Skyline?

dpa / tmxh

27.5.2019

In New York spriessen neue Wolkenkratzer in die Höhe. Einige nutzen Schlupflöcher, um kaufkräftigen Kunden einen fantastischen Ausblick bieten zu können. Doch es regt sich Widerstand.

Für viele Menschen ist es das erste, woran sie beim Namen New York denken: Dieses Häusermeer in Downtown, über dem das One World Trade Center thront. Dann das mächtige Empire State Building, aus Manhattan herausragend wie eine überdimensionierte Rakete. Oder das elegante Chrysler Building mit seiner geschwungen zusammenlaufenden Spitze. Die Skyline von New York ist das Markenzeichen der US-Metropole. Doch ihr einzigartiges Aussehen verändert sich grundlegend.

Wer dieser Tage durch den Central Park läuft, sieht es deutlich: riesige Hochhäuser mit Privatwohnungen – teilweise mehr als 400 Meter über dem Grün des Stadtparks. Sie gehören zu einer neuen Kategorie der Wolkenkratzer und zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur sehr hoch, sondern auch besonders dünn sind. «Es gibt einen absoluten Anstieg bei der Höhe von Gebäuden», bestätigt George Janes, ein Berater für Stadtplanung. «Die Leute wollen einfach einen guten Ausblick.»

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Durchschnittsmiete von 4'000 Franken

Trotz der enormen Baukosten wuchsen in den vergangenen etwa zehn Jahren immer mehr dieser neuen Gebäude in den Himmel über Manhattan. Ermöglicht haben das auf der einen Seite neue technische Errungenschaften beim Bau von Wolkenkratzern, so dass diese trotz einer Grundfläche von teilweise wenigen hundert Quadratmetern hoch aufschiessen konnten. Auf der anderen Seite hat sich in New York ein Wohnungsmarkt etabliert, der selbst Zürcher oder Genfer in Panik versetzen würde.

Die durchschnittliche Miete für eine Wohnung in Manhattan liegt bei mehr als 4'000 Dollar im Monat, was etwa ebenfalls 4'000 Franken entspricht. Das gilt wohlgemerkt für alle Unterkünfte. Die Superreichen – Headfonds-Manager, Öl-Mogule, Königskinder – haben die Grenzen verschoben. Sie sind bereit, für die perfekte Immobilie einen Betrag zu bezahlen, für den man anderswo ein Schloss bekäme.

Deswegen rechneten sich auf einmal sogar kostspielige Hochhäuser. Es brauche einen Sockelpreis von knapp 33'700 Franken pro Quadratmeter, «um diese extrem teure Bauform rentabel zu machen», erklärt Carol Willis, Direktorin des New Yorker Wolkenkratzer-Museums. Diesen Betrag erreichten die neuen Hochhäuser mittlerweile.

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So hoch wie möglich

Die Penthouses ganz oben, mit unverstelltem Blick über New York, erreichen mittlerweile sogar aberwitzige Preise von knapp 110'000 Franken pro Quadratmeter. Und die Filetstück-Wohnungen haben natürlich gerne mal Hunderte Quadratmeter Fläche.

Je höher gebaut werden kann, desto besser also die Erlöse. Da wundert es nicht, dass sich die Erbauer aller denkbaren Tricks bemächtigt haben, um ihre filigranen Wolkenkratzer so hoch wie möglich zu bauen. So ist 432 Park Avenue 425 Meter hoch. Der Central Park Tower soll bei seiner Eröffnung 2020 mit 472 Metern das höchste Wohngebäude der Welt werden. Das One World Trade Center ist nur wegen seiner langen Spitze noch ein wenig höher.

Dass die Häuser solche Höhen überhaupt erreichen durften, hängt unter anderem damit zusammen, dass viele Stockwerke leer stehen: Etwa ein Viertel der Etagen von 432 Park Avenue ist nicht bewohnbar, ähnlich ist es beim Central Park Tower. Sie werden nach Angaben der Bauherren für mechanische Einrichtungen benötigt, zum Beispiel für Aufzüge oder die Belüftungsanlagen.

Da kommt es sehr gelegen, dass solche Stockwerke bei der Höhe von Gebäuden in New York nicht mitgezählt werden - und damit noch viel höher gebaut werden kann. Auch die kleine Grundfläche der Gebäude spielt eine entscheidende Rolle, denn die Bauherren in New York haben nur eine bestimmte Fläche von Quadratmetern zur Verfügung, die ihre Häuser insgesamt haben dürfen. Diese Zahl kann damit maximiert werden, dass «überzählige» Quadratmeter von benachbarten Grundstücken aufgekauft werden.

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Meiste Zeit im Jahr ungenutzt

Vor allem Berichte, die Wohnungen würden als Geldanlage an ultrareiche Ausländer verkauft und blieben trotz Wohnungsnot die meiste Zeit des Jahres ungenutzt, bringen jedoch viele New Yorker auf die Palme. «Die Vorstellung, dass diese Türme leer sind, ist bizarr. Die meisten New Yorker reagieren so, weil sich der Markt ausser Kontrolle anfühlt», sagt Elizabeth Goldstein von der «Municipal Art Society» (MAS), einer gemeinnützigen Organisation zum Schutz der Architektur New Yorks.

Goldstein wendet sich wie viele andere gegen die Ausnutzung der «Schlupflöcher» durch die Architekten. Dabei gibt sie aber auch zu, dass der öffentliche Widerstand gegen die Gebäude geringer wäre, würde es sich um Wohnungen für Jedermann und nicht nur für die Superreichen handeln. Goldstein sagt, New Yorks Skyline und die Bauten in der Stadt würden sich so oder so verändern. Dafür würde schon das erwartete Bevölkerungswachstum von einer halben Million Menschen in den nächsten 20 Jahren sorgen.

Doch nicht alle New Yorker sind so argwöhnisch. Und Expertin Carol Willis findet, dass bei der Debatte viele Falschinformationen im Umlauf sind. Gerade nach dem 11. September 2001 – als es die Befürchtung gab, dass Menschen nicht mehr in Hochhäusern arbeiten oder leben wollten – seien die aktuellen Entwicklungen erfreulich. «Wolkenkratzer sind unsere Marke in New York, und ich bin glücklich, dass es neue Wolkenkratzer gibt.»

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