Studie Homeoffice zementiert traditionelle Rolle von Mann und Frau

Markus Wanderl

5.3.2019

Im Homeoffice.
Im Homeoffice.
Bild: Keystone

Studien übertreffen sich regelmässig darin, dieses oder jenes Konzept zu entlarven. Doch die neueste Untersuchung zum Thema Homeoffice macht erst recht stutzig. 

Längst gibt es Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ausschliesslich von zuhause aus arbeiten lassen. Die Vorteile sind evident: niedrigere Kosten und die Option, überall in der Welt hochqualifizierte Mitarbeiter zu engagieren. Diametral dazu gibt es immer noch zuhauf Firmen, die ihren Angestellten über die Schulter schauen möchten und das Arbeiten in deren eigenen vier Wänden verbieten. Und dann gibt es den berühmt-berüchtigten Mittelweg, den Mix aus Büroarbeit und Homeoffice.

Studien übertreffen sich regelmässig darin, dieses oder jenes Konzept in seiner Sinnhaftigkeit zu entlarven. Nun macht seit heute Morgen eine gewerkschaftsnahe Studie in den deutschen Medien die Runde. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Böckler-Stiftung, Düsseldorf, hat für seine Erhebung Daten des sozio-ökonomischen Panels, einer repräsentativen Befragung von rund 30’000 deutschen Bundesbürgern ausgewertet. Und das Resultat dürfte vor allem jenen nicht zupass kommen, die im Homeoffice einen gangbaren Weg sehen, Arbeit und Familie besser unter einen Hut zu bringen.

Uneinigkeit in Sachen Homeoffice

Namentlich wäre das hierzulande die FDP, die die Eltern über längere Zeit von flexiblen Arbeitsstrukturen profitieren lassen möchte. Die hiesigen Parteien haben freilich noch Zeit, sich zurechtzuruckeln: Die Vorlage kommt wohl frühestens im Herbst ins Parlament. In Deutschland hatte der Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erst am Montag die Forderung erhoben, ein Recht aufs Arbeiten zuhause zu schaffen. Seine Partei stösst dabei allerdings auf entschiedenen Widerstand in der Union und bei den Arbeitgebern.

Hört, hört, werden die Antipoden nun rufen. Denn das Resümee der neuesten Böckler-Studie lautet: Mütter und Väter mit flexiblen Arbeitszeiten oder Home-Office arbeiten länger als Eltern mit fester Anwesenheit im Betrieb. Oder präziser: Mütter, die von daheim aus arbeiteten, brächten pro Woche drei Stunden mehr für die Kinderbetreuung auf als Mütter, die im Betrieb arbeiteten. Zugleich machten sie eine zusätzliche Überstunde in der Woche. Väter im Homeoffice kämen pro Woche sogar auf zwei Überstunden mehr als Väter ohne Heimarbeit, und – und das wäre wohl die Crux – sie nähmen sich nicht mehr Zeit für die Kinder.

Sich beweisen, immerzu

Die «Süddeutsche Zeitung» stöhnt deshalb auf, dass flexibles Arbeiten sodann die traditionellen Rollen von Mann und Frau ja geradezu zementierte. Zitiert wird in diesem Kontext die Studienautorin Yvonne Lott, wonach gerade männliche Führungskräfte glaubten, viele Überstunden leisten zu sollen. Und: «Die Mütter machen bei dieser Verteilung mit. Sie halten weiter den Männern den Rücken frei.»

In ein ähnliches Horn bläst Ute Klammer vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen: «Homeoffice stellt häufig ein Privileg dar, zitiert die «SZ» sie. «Wer das erhält, will etwas zurückgeben. Er will unter Beweis stellen, dass er sein Geld wert ist, und ist immer am Wochenende und im Urlaub erreichbar.»

Für den «Ikea Life at Home Report 2018» wiederum waren im vergangenen Sommer rund 22'000 Menschen in 22 Ländern zum Thema Zuhause befragt worden. 86 Prozent gaben demnach an, die Privatsphäre stehe daheim über allem – Homeoffice wäre dieser wohl nicht zuträglich. Doch was ist nun zu empfehlen? Die nächste Studie. Sie kommt bestimmt.

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