Tempo-Exzesse nehmen zu Experten fordern strengere Massnahmen gegen Raser

uri

9.5.2023

In der Schweiz werden immer öfter Raser-Fälle registriert. Für Experten könnte ein Grund auch sein, dass junge Fahrer häufiger an PS-starke Fahrzeuge kommen. 
In der Schweiz werden immer öfter Raser-Fälle registriert. Für Experten könnte ein Grund auch sein, dass junge Fahrer häufiger an PS-starke Fahrzeuge kommen. 
Symbolbild: Keystone

Trotz härterer Strafen haben die Verurteilungen wegen Raser-Delikten stark zugenommen. Experten glauben zwar an die abschreckende Wirkung der Gesetze, fordern jedoch weitere Massnahmen.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Trotz des 2013 eingeführten Rasertatbestands gehen entsprechende Delikte in der Schweiz nicht wirklich zurück.
  • Auffällig werden meist junge männliche Lenker.
  • Experten fordern neben dichteren Kontrollen und Stufenmodellen für den Führerschein auch eingebaute Fahrtenschreiber bei Junglenkern.

Im Wochenrhythmus kommen Raser-Delikte in die Schlagzeilen, auch wenn nicht jedes Vergehen so drastisch ausfällt, wie jenes, über das die Staatsanwaltschaft in Luzern am Montag berichtete.

In dem Fall nahm die Polizei am frühen Sonntagmorgen eine 19-jährige Autofahrerin fest. Die junge Frau war auf der Kantonsstrasse von Malters Richtung Luzern statt mit den vorgeschriebenen 80 km/h mit 206 km/h unterwegs gewesen.

Tatsächlich sei der Blick in die Statistik bei den Raser-Delikten «ernüchternd», berichtet SRF. So seien im Jahr 2013, als der sogenannte Rasertatbestand gesetzlich verankert worden sei, lediglich 51 Verurteilungen wegen Raserei erfolgt. Im Jahr 2021 seien es hingegen bereits 501 Fälle gewesen.

Die Polizei kontrolliert womöglich auch mehr

Und das, obwohl die Gesetzesverschärfung harte Folgen zeige: Man erhalte zwingend eine Freiheitsstrafe, verliere den Führerausweis für mindestens zwei Jahre. Zudem erfolge eine charakterliche Fahreignungsuntersuchung, und ebenfalls könne das Fahrzeug entzogen werden.

Warum die Raser-Delikte zunehmen, darüber gibt es offenbar aber noch keine gesicherten Erkenntnisse. Willi Wismer, Fahrlehrer und Präsident der gemeinnützigen Verkehrssicherheits-Stiftung RoadCross Schweiz, sagte dem Sender, man sei noch an der Ursachen-Analyse.

Als mögliche Gründe vermutet er jedoch die Coronapandemie und auch die Tatsache, dass junge Leute offenbar genug Geld für hochmotorisierte Boliden haben.

Auch können häufigere Kontrollen der Polizei mit reinspielen, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft dem SRF 2021 erklärte. Allerdings dürften nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft auch die Zahl der Raser-Fälle selbst zugenommen haben.

Wie SRF weiter schreibt, finde man die meisten wegen Raserei Verurteilten in der Altersgruppe zwischen 20 und 24 Jahren, gefolgt von den 25- bis 30-Jährigen – und klar sei auch: «Der Grossteil sind Männer.»

Stufenmodell wie bei Motorrädern gefordert

Laut dem Verkehrspsychologen Urs Gerhard gibt es dafür auch eine biologische Erklärung. So fördere das männliche Geschlechtshormon Testosteron «Aggression auf ganzer Linie», zitiert ihn der Sender.

Auch seien es laut Gerhard oft Personen aus bildungsfernen Schichten, die beruflich weniger erfolgreich seien und als Raser in einem Bereich aktiv seien, «in dem sie herausstechen können.»

Fahrlehrer Wismer glaubt zwar an die abschreckende Wirkung der Strafen, fordert jedoch auch ein Stufenmodell, wie man es von Motorrädern kennt. Demnach müssten Neulenker zunächst einige Jahre schwächere Autos fahren, bevor sie auf hochmotorisierte Fahrzeuge umsatteln.

Auch Verkehrspsychologe Gerhard erachtet die bisherigen Massnahmen für nicht ausreichend. Er verlangt «dichtere Kontrollen» oder bei Junglenkern sogar «eingebaute Fahrtenschreiber, die genau aufzeichnen, wie schnell sie innerorts und ausserorts fahren.»