Wegen Super-Sommer Gefährlicher Sommer: Krebsraten steigen «ungebremst»

dpa/tsch

12.9.2018

Was war das für ein toller Sommer - mit Sonne satt seit April. Der ein oder andere Sonnenbrand mag da schnell vergessen sein. Die Haut aber vergisst nicht. Ärzte warnen eindringlich vor ungebremst steigenden Hautkrebsraten.

Für Sonnenanbeter waren die vergangenen Monaten eine Wonne - nur selten wurde ihnen das Sonnenbad von Petrus verhagelt. Doch in einigen Jahren könnten sie dafür die Quittung bekommen: Experten warnen vor «ungebremst» steigenden Hautkrebsraten. Bis 2030 erwarten deutsche Forscher eine Verdoppelung bei der Zahl der Neuerkrankungen.

«Im Moment sehen wir eine jährliche Steigerung um acht Prozent, so dass eine 100 prozentige Zunahme innert zwölf Jahren denkbar wäre», bestätigt Professor Jürg Hafner, leitender Arzt der Dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich. «Die Bevölkerungsschicht, die 2030 die Altersgruppe der 60- bis 90-jährigen ausmacht, hatte in ihren jungen Jahren noch nicht den Sonnenschutz gekannt, wie wir ihn heute viel konsequenter anwenden. Insofern ist es schon möglich, dass wir noch einmal vor einer weiteren, dramatischen Zunahme der Hautkrebszahlen stehen.»

Schweiz ist «Hochrisikoland»

Als «Hochrisikoland für Hautkrebs» bezeichnet die Schweizerische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (SGDV), deren Past-Präsident Hafner ist, die Eidgenossenschaft - aus gutem Grund: «Die Schweiz hat innerhalb Europa – und weltweit hinter Australien und Neuseeland an dritter Stelle – die höchste Hautkrebsrate», erklärt Hafner. Die gute Nachricht: «Gleichzeitig ist die relative Sterblichkeit an Hautkrebs die niedrigste Europas. Dies ist zum Teil das Verdienst der Prävention – schon beim Sonnenschutz, und dann auch bei der Früherkennung und frühen Behandlung von Hautkrebs.»

Nach Angaben der SGDV erkrankt in der Schweiz jeder Dritte im Laufe seines Lebens an einer Form von Hautkrebs, an aggressiven Formen derzeit jährlich 20'000 bis 25'000 Menschen. In 2‘400 Fällen wird ein Melanom diagnostiziert. Rund 300 Patienten jährlich sterben daran.

Experten sehen in den derzeit ungebremst steigenden Fallzahlen die späten Folgen UV-bedingter Hautschäden in Kindheit und Jugend sowie nach freizeit- und berufsbedingter, langjähriger Sonneneinstrahlung. Je intensiver und anhaltender die Haut der UV-Strahlung (ultravioletten Strahlung) ausgesetzt war, desto höher ist das Krebsrisiko. Im Durchschnitt trete Hautkrebs im Durchschnitt 30 bis 40 Jahre nach der kritischen Sonnenexposition auf, weiss Hafner. Statistisch gesehen erkranken Frauen im Mittel mit 60 Jahren, Männer sieben Jahre später.

Kinderhaut besonders gefährdet

Dass man besonders Kinder, deren Haut noch dünn ist, schützen und eincremen soll, wüssten eigentlich alle, ist der Berliner Kinderarzt Herbert Grundhewer überzeugt. Nur werde dieses Wissen leider sehr unterschiedlich angewandt. Dabei sei es so einfach: Je länger UV-Strahlen die Haut treffen, desto höher ist sofort das Risiko.

Grundhewer warnt davor, Hitze mit UV-Strahlung zu verwechseln. Man sehe und spüre die tückische Strahlung nicht. Natürlich sollten Kinder raus in die Natur - aber eben nur geschützt, mit Creme und Klamotten. Vor allem zwischen 11 und 15 Uhr. Auch seien Reisen in Sonnenländer kritisch, wo kaum Zeit sei, sich auf die plötzliche Belastung einzustellen. «Das ist besonderer Stress für die Haut.»

Risiko Super-Sommer

Vor allem beim gefährlicheren schwarzen Hautkrebs gehen Experten davon aus, dass er durch akute UV-Überbelastung vor allem im Kindesalter bedingt ist. Der weisse Hautkrebs hingegen betrifft vor allem Langzeiturlauber, aber auch Bauarbeiter oder Dachdecker, die lange der Sonne ausgesetzt sind. «Von den 20’000 bis 25’000 in der Schweiz jährlich neu diagnostizierten Hautkrebs-Fällen dürften gemäss der Schweizerischen Unfallversicherungs-Anstalt Suva 5% berufsbedingt sein. Das sind jährlich 1'000 bis 1'250 Erkrankungen», warnte die SGDV bereits im Januar - noch vor dem Super-Sommer.

Gefährlich an diesem Sommer sei vor allem der plötzliche und frühe Start gewesen, erklärt Ralph von Kiedrowski vom Vorstand des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD). «Es war kein langsames Vorbräunen, keine Gewöhnung der Haut möglich.» Zwar mache ein Sonnenbrand allein noch keinen Hautkrebs. «Aber die Haut addiert auf.» Im Laufe des Lebens wachse der aufsummierte Schaden - und die Wahrscheinlichkeit für Hautkrebs steige. 

So schützen Sie sich richtig

Doch wie schützt man sich wirksam vor Hautkrebs? «Sonnencrème mit einem Sonnenschutzfaktor 30 (mittelstark) oder 50 und 50+ (sehr stark) schützt wirksam vor der Hautschädigung durch Sonnenstrahlen», meint der Zürcher Experte Jürg Hafner. «Sie muss genügend dick und tagsüber mehrmals aufgetragen werden. Vor allem nach dem Abtrocknen ist fast die ganze Sonnencrème wieder weg.» Doch auf die Creme alleine sollte man sich nicht verlassen: «Genauso wichtig sind jedoch der Aufenthalt am Schatten wo immer möglich und vor allem das Tragen von Textilien: Dicht gewobene, schützende Kleidung, Hut, und Sonnenbrille.»

Claus Garbe, Mediziner an der Eberhard Karls Universität Tübingen, kann das nur bestätigen: Er berichtet vom «überraschenden Resultat» einer Studie mit rund 1800 Kindergartenkindern, nach der Sonnenschutzmittel keinen Effekt auf die Entwicklung von Hautmutationen hatten. Schutz durch Kleidung dagegen habe einen deutlichen Unterschied ausgemacht.

Hautpflege: Dazu rät die Dermatologin
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