28 Stunden nach dem BebenTürkisches Wunder – Retter befreien Frau und Kind aus Trümmern
dpa/SDA/tafi
26.1.2020
Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben in der Osttürkei mit Dutzenden Toten suchen Rettungskräfte in Eiseskälte weiter nach Überlebenden. Am Sonntag bergen die Helfer weitere Leichen aus den Trümmern, können aber auch zwei Menschen retten.
Eineinhalb Tage nach dem schweren Erdbeben in der Osttürkei haben Rettungsteams eine 35-jährige Frau und ihre zwei Jahre alte Tochter gerettet. Am Sonntag befreiten sie die beiden in der Stadt Elazig aus den Trümmern eines eingestürzten Gebäudes, 28 Stunden nachdem es in der Region zu dem Beben der Stärke 6,8 gekommen war. Neben Elazig war auch die 30 Minuten mit dem Auto entfernte Stadt Sivrice schwer getroffen worden.
Die Retterinnen und Retter erlebten seit Freitagabend fast 600 Nachbeben. Am Sonntagmorgen erschütterte ein Beben vom Stärkegrad 4,3 die Nachbarprovinz Malatya, wie die Katastrophenschutzbehörde Afad meldete. Tausende verbrachten aus Angst vor weiteren Erschütterungen die Nächte bei Temperaturen bis zu zwölf Grad Minus in Zelten und Sporthallen.
Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben in der Osttürkei mit Dutzenden Toten suchen Rettungskräfte in Eiseskälte weiter nach Überlebenden. Immer wieder fordern sie Stille, um Hilferufe hören zu können. Seit Freitagabend seien 45 Menschen aus Schutt und Trümmern geholt worden.
Fussballfans solidarisieren sich
Am Sonntag bargen die Helfer vier weitere Leichen aus den Trümmern – die Zahl der Todesopfer stieg damit nach offiziellen Angaben auf 35. Mehr als 1600 Menschen wurden nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde Afad verletzt, 45 Menschen konnten lebend geborgen werden.
Auf Bildern waren Rettungskräfte zu sehen, die schweigend auf den Überresten eines Hauses arbeiteten und Schutt beiseite räumten. Die Helfer forderten die Wartenden nach Angaben des Senders CNN Türk immer wieder zur Stille auf, um die Stimmen von möglichen Überlebenden hören zu können. Spürhunde wurden eingesetzt.
Eine Frau sagte dem Sender CNN Türk unter Tränen, ihre Grossmutter sei im zweiten Stock ihres Hauses verschüttet. Am Samstag waren laut Medienberichten mindestens zwei Kinder und eine Schwangere gerettet worden.
Fussballfans des Istanbuler Erstligisten Fenerbahce unterstützten die Erdbebenopfer derweil in einer aufsehenerregenden Aktion: Sie warfen am Samstagabend während des Spiels gegen Basaksehir ihre Schals und Mützen auf den Platz und skandierten: «Elazig friere nicht, Fenerbahce ist mit dir.» Nach Angaben des Senders NTV wurden die Kleidungsstücke eingesammelt und sollen zu den Opfern geschickt werden. Die Fans des Erstligisten Besiktas schickten mehr als 3800 Decken in die Erdbebenregion, wie der Club mitteilte.
Erdogan verspricht schnelle Hilfe
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Elazig am Samstag besucht und versprach am Sonntag vor einer Reise nach Algerien, beschädigte und zerstörte Häuser schnell wieder aufzubauen. Nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde wurden in den Provinzen Elazig und Malatya insgesamt 645 Gebäude schwer beschädigt, 76 seien eingestürzt.
Die Türkei ist besonders erdbebengefährdet. Eines der folgenreichsten Beben war eines der Stärke 7,6 im Jahr 1999 mit Epizentrum in Gölcük südöstlich von Istanbul. Damals starben in der Region rund 18'000 Menschen.
Forscher erwarten ein weiteres starkes Beben im Raum Istanbul, wann ist jedoch unklar. Erst zum 20. Jahrestag des Gölcük-Bebens im August des vergangenen Jahres hatte die Bauingenieurskammer von Istanbul gewarnt, dass geschätzt eine Million Gebäude in Istanbul nicht erdbebensicher seien.
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