Corona-Sorgenkind BA.2.75 Was du über den Omikron-Subtyp «Centaurus» wissen musst

tafi/Agenturen

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05.07.2022

Das Coronavirus mutiert weiter. Wissenschaftler sehen im Omikron-Subtyp BA.2.75 Hinweise für eine noch höhere Ansteckungsrate, die für die nächste Welle sorgen könnte. Was bislang bekannt ist.

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In Indien und mindestens zehn weiteren Ländern greift eine neue Omikron-Variante um sich. Die Sublinie BA.2.75 weist ungewöhnlich viele Mutationen auf, hat das Potenzial, andere Varianten zu verdrängen, und einen aussergewöhnlichen Namen bekommen: Centaurus. Was bislang bekannt ist.

Was ist beim Omikron-Subtyp BA.2.75 anders?

Mehrere Erbgutveränderungen von BA.2.75 hatten Forscher vor einigen Wochen aufhorchen lassen. Ungewöhnlich an der neuen Variante ist, dass sie der zweiten Generation angehört: Sie ist sozusagen ein Subtyp des Omikron-Subtyps BA.2 und weist elf neue Mutationen, acht davon am Spike-Protein, die sie von ihren Vorgängern unterscheidet.

Es wäre möglich, dass sie sich dadurch nicht nur effizienter an Zellen binden, sondern auch leichter an Antikörpern vorbeimogeln kann. Dies könnte «eine weitere Welle ermöglichen, da die Immunität von BA.2 und BA.5 möglicherweise nicht schützt», wird der Molekularbiologe Ulrich Elling von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften von der deutschen «Tagesschau» zitiert.

Was hat es bei BA.2.75 mit dem Namen «Centaurus» auf sich?

Offenbar hat sich ein Twitter-User, der sich häufiger zu Pandemie-Themen äussert, diesen Namen ausgedacht, der daraufhin von zahlreichen Medien aufgegriffen wurde: Allerdings ist «Centaurus« kein offizieller Name der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Subtypen des von SARS-CoV2 weiterhin mit den Buchstaben des griechischen Alphabets kennzeichnet. Eine weitere Unterscheidung findet mit Buchstaben und Zahlen statt.

Wie verbreitet ist BA.2.75?

Die Mutante BA.2.75 wurde erstmals in mehreren Bundesstaaten Indiens entdeckt und scheint sich schneller auszubreiten als andere Varianten, wie Lipi Thukral, Wissenschaftlerin am CSIR Forschungsinstitut für Genetik und Integrative Biologie in Neu-Delhi, sagte. BA.2.75 wurde inzwischen in zehn weiteren Ländern entdeckt, darunter Australien, Deutschland, Grossbritannien, USA und Kanada.

Matthew Binnicker, Direktor der klinischen Virologie an der Mayo Clinic in Rochester, sagte, es sei noch zu früh für viele Schlussfolgerungen. Es sähe jedoch so aus, als ob die Übertragungsraten, insbesondere in Indien, eine Art exponentiellen Anstieg zeigten. Die Tatsache, dass es bereits in vielen Teilen der Welt selbst bei geringerer Virusüberwachung entdeckt wurde, sei ein früher Hinweis auf die schnelle Ausbreitung, erklärte Shishi Luo, Leiterin der Abteilung für Infektionskrankheiten bei Helix, einem US-Virussequenzierungsunternehmen.

Wurde BA.2.75 in der Schweiz bereits nachgewiesen?

Dazu liegen bislang keine Daten vom Bundesamt für Gesundheit vor.

Wie ansteckend ist BA.2.75?

Die von manchen Wissenschaftlern zunächst mit Sorge betrachtete Omikron-Sublinie breitet sich nicht ganz so schnell aus wie befürchtet. Zwar nehme BA.2.75 in Indien nach wie vor zu und scheine dort einen klaren Übertragungsvorteil zu haben, teilte Virologe Richard Neher von der Universität Basel jüngst der Deutschen Presse-Agentur mit.

Ausserhalb Indiens sei das Bild nicht so klar, erläuterte Neher. Indien habe bislang keine ausgeprägte Welle durch die Sublinie BA.5 gehabt, daher sei die dortige Situation nicht ohne Weiteres mit dem Rest der Welt vergleichbar. Neher betonte, es sei nach wie vor möglich, dass sich BA.2.75 weltweit ausbreite. «Aber Daten der vergangenen zwei Wochen haben gezeigt, dass die Variante nicht ganz so schnell wächst wie anfangs vermutet.»

Der für gewöhnlich eher vorsichtige deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach kommentierte Erkenntnisse zu Nachweisen des Erregers auf Twitter mit den Worten: «Mal eine gute Nachricht, wenn auch vorläufig. Es sieht in den Daten bisher nicht danach aus, als ob die Variante BA.2.75 sich durchsetzen könnte.»

Wie gefährlich ist der neue Subtyp?

Die Bedrohung durch die Omikron-Variante BA.2.75 lässt sich bislang noch nicht genau einschätzen. Die Datenlage ist dafür noch zu dünn: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lassen sich zu keinen Spekulationen hinreissen. Bislang ist kein Fall bekannt, in dem der Krankheitsverlauf schwerer als bei BA.2 und BA.5 ist.

Schützt die Impfung gegen BA.2.75?

«Das Frustrierende ist, unsere Anpassung an das Virus funktioniert viel langsamer als die Anpassung des Virus an unsere Immunität», sagt Molekularbiologe Elling. Während neue Impfstoffe entwickelt werden, entstehen bereits die nächsten Virusvarianten.

Fachleute befürchten, dass BA.2.75 die Immunität durch Impfungen und frühere Infektionen leichter umgehen kann als BA.5. Dennoch böten die bislang verfügbaren Impfungen auch gegen die neue Subvariante einen guten Schutz gegen schwere Krankheitsverläufe.

Der Omikron-Subtyp BA.2.75 wurde zuerst in Indien entdeckt und mittlerweile in zehn Ländern nachgewiesen.
Der Omikron-Subtyp BA.2.75 wurde zuerst in Indien entdeckt und mittlerweile in zehn Ländern nachgewiesen.
Keystone/MICHAEL BUHOLZER