Bundesrat Johann Schneider-Ammann zieht sich per Ende Jahr aus der Regierung zurück. An einer Medienkonferenz in Bern hatte er sich zu den Gründen geäussert.
Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann verkündete heute in Bern seinen Rücktritt. Zuvor hatte Nationalratspräsident Dominique De Buman (CVP/FR) im Nationalrat einen entsprechenden Brief des Magistraten verlesen (siehe unten). Demnach wird Schneider-Ammann per Ende Jahr aus dem Bundesrat ausscheiden. Die Ersatzwahl für den Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartement wird in der Wintersession stattfinden.
«Bluewin» begleitete Bundesrat Johann Schneider-Ammann auf dem Weg zu seinem offiziellen Rücktritt im Medienzentrum des Bundeshauses:
An der offiziellen Rücktritts-Medienkonferenz nahm Schneider-Ammann zu den Gerüchten, er sei in letzter Zeit oft Müde gewesen, Stellung. «Ab und zu bin ich müde, das gebe ich zu, aber ich weiss auch weshalb.» Damit verwies er auf seine umfangreichen Dossiers als Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartement.
Berichte über fehlende Energie
Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements wolle am Freitag seinen Abgang verkünden, hatte «Tele Züri» bereits am Montag berichtet. Darauf gab es von offizieller Seite zunächst keine Bestätigung. Schneider-Ammann twitterte am späten Montagnachmittag lediglich, dass er bis Ende 2019 gewählt sei.
Bereits seit einigen Tagen melden Schweizer Medien, dass es Schneider-Ammann an der nötigen Energie für die Amtsverpflichtungen fehle. «Übernimmt sich Schneider-Ammann?», fragte die «Schweiz am Wochenende» vor gut einer Woche. «Er soll sogar an Bundesratssitzungen einnicken.» Der Tenor: Der Wirtschaftsminister wirke müde und schlafe in den Sitzungen des Bundesrats häufiger ein. Bern sei besorgt wegen des Zustands des 66-Jährigen.
Schneider-Ammanns Erklärung im Wortlaut
«Am 22. September 2010 hat mich die Vereinigte Bundesversammlung in die Landesregierung gewählt. Fast genau acht Jahre später teile ich Ihnen heute mit, dass ich mein Mandat als Bundesrat am 31. Dezember 2018 beenden werde.
lch verlasse ein Gremium, das durch seine respektvolle und konstruktive Zusammenarbeit beweist, dass die Schweiz als Denk-, Werk- und Dienstleistungsplatz, aber auch bezüglich Lebensqualität und Sicherheit nicht ohne Grund weltweit an der Spitze steht.
Ich habe meinen Beitrag in der Landesregierung mit der Erfahrung und Überzeugung als früherer Unternehmer geleistet. Für liberale Rahmenbedingungen, welche möglichst allen Menschen eine Perspektive eröffnen. Perspektive hat, wer sich in einer Tätigkeit nutzstiftend einsetzen kann. Das gelingt uns: Fast Jede und Jeder hat heute einen Job. Damit das so bleibt, wünsche ich mir für die Zukunft ein Maximum an lnvestitionen in die Köpfe und Hände unserer Gesellschaft.
Unser Land ist ein ‹Petit Paradis› Wer rund um den Globus reist, hört zur Schweiz vor allem Anerkennung. Dieses Staunen der Anderen muss uns in stürmischen Zeiten immer wieder Antrieb sein, mutig die Erneuerung zu suchen. Etwa, indem wir die Chancen der digitalen Transformation nutzen. Es lohnt sich, zugleich die bewahrten Werte der Demokratie, der Freiheit und Souveränitat, der Eigeninitiative und des Dialogs hoch zu halten.
Mein grosser Dank gilt den Eidgenössischen Raten für das Vertrauen und die Zusammenarbeit. Dem Gesamtbundesrat für Geschlossenheit in der Vielfalt. Und meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für langjährige Loyalität und Unterstützung.
Es ist mir eine ausserordentliche Ehre gewesen, unserer Schweiz dienen zu dürfen.»
Weitere Informationen folgen fortlaufend...
Johann N. Schneider-Ammann
Johann Schneider-Ammann (rechts), hier mit Ban Ki-moon, dem ehemaligen Uno-Generalsekretär, wollte spätestens im Herbst 2019 aus der Landesregierung zurücktreten – doch nun ist es schon per Ende Jahr so weit. Hier die Stationen des FDP-Politikers und Bundespräsidenten des Jahres 2016 als Bildergalerie.
Seit dem 1. November 2010 war Schneider-Ammann Vorsteher des Eidgenössischen Departementes für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF).
Am 22. September 2010 wählte ihn die Vereinigte Bundesversammlung in den Bundesrat.
Zwischen 1999 und 2010 war Scheider-Ammann FDP-Nationalrat.
Seit 1999 präsidierte Schneider-Ammann den Verband der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem. Zudem war er Vizepräsident des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse.
Der am 18. Februar 1952 in Sumiswald (BE) geborene Schneider-Ammann trat 1981 in das Langenthaler Maschinenbauunternehmen der Familie seiner Ehefrau Katharina Schneider-Ammann ein. Im Jahr 1990 wurde er Präsident der Ammann Group.
Teils missglückte Auftritte Schneider-Ammanns dürften massgeblich dafür verantwortlich sein, wenn Kommentatoren eine durchzogene Bilanz über seine Amtszeit ziehen.
Die Ansprache des Bundespräsidenten 2016 zum Tag der Kranken etwa missriet derart, dass sie zum YouTube-Hit avancierte. Mit todernstem Gesichtsausdruck sprach Schneider-Ammann damals über den Wert des Lachens und wie gut das Lachen für die Gesundheit sei. Immerhin schaffte er es damit aber in die internationalen Medien. Ein französischer Fernsehsender etwa bemerkte, sein Auftritt sei «in etwa so lustig wie ein Bestattungsunternehmer». (Symbolbild)
Auch Schneider-Ammans Einsatz für «Donnschtig Jass» im letzten Jahr sorgte für Lacher: Festgeschnallt in einem sogenannten «Panzer-Rollstuhl», einem kleinen Kettenfahrzeug, kurvte der Bundesrat mit einem auffälligen Helm vor dem Bundeshaus durch einen Geschicklichkeits-Parcours. «Blick» verpasste ihm daraufhin den Spitznamen «Johann Fighter Ammann», der «Tages-Anzeiger» nahm die Aktion in seine «Top Ten der peinlichsten Bundesratsauftritte» auf. (Symbolbild)
Immerhin hatte Schneider-Ammann zwischendurch aber auch Glück: Als der Bundesrat im Juli 2016 wegen des Putschversuchs in der Türkei aus Sicherheitsgründen nicht mit Turkish Airlines vom Asien-Europa-Gipfel in der Mongolei nachhause fliegen wollte, nahm ihn die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungsmaschine nach Berlin mit. «Es war womöglich das längste Gespräch, das ein Schweizer Bundespräsident mit einem deutschen Regierungschef hatte», kommentierte ein Sprecher des Bundespräsidenten gegenüber der «Schweiz am Sonntag» den siebeneinhalbstündigen Flug.
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