Jagdgesetz revidiertParlament gibt Wolf zum Abschuss frei – selbst in Schutzgebieten
SDA
19.9.2019
Der Wolfschutz in der Schweiz ist gelockert: Künftig sind Abschüsse von Wölfen möglich – selbst in Schutzgebieten. Tierschützer, SP und Grüne wollen bereits das Referendum gegen den Parlamentsbeschluss ergreifen.
Der Schutz der Wölfe vor dem Abschuss wird in der Schweiz gelockert – und auch andere geschützte Tiere können geschossen werden, wenn durch sie Schaden droht. Das Parlament hat das revidierte Jagdgesetz am Donnerstag bereinigt.
Das letzte Wort dürfte aber das Volk haben: Naturschutzorganisationen haben bereits während der Beratungen in den Räten ein Referendum angekündigt. Aus ihrer Sicht führt die Gesetzesrevision zu einer inakzeptablen Schwächung des Artenschutzes. SP und Grüne kündigten noch am Donnerstag an, das Referendum zu unterstützen.
Geschützte Tiere dürfen gemäss dem revidierten Gesetz zur Bestandesregulierung abgeschossen werden. Im Gesetz nicht genannt werden indes der Biber und der Luchs; beide Tiere wurden vom Parlament aus dem Gesetz gestrichen.
Das Gesetz gibt dem Bundesrat allerdings die Kompetenz, weitere geschützte Tierarten für die Bestandsregulierung zum Abschuss freizugeben. Möglich ist dies auf dem Verordnungsweg.
Die aufgelisteten Tiere dürfen zum Abschuss freigegeben werden, bevor sie Schaden anrichten. Ein Einschreiten soll möglich sein, wenn Massnahmen zur Verhütung von Schäden alleine nicht genügen und ohne Quantifizierung des Schadens.
Bundesrat wollte weniger weit gehen
Der Bundesrat hatte zwar ebenfalls vorgeschlagen, Wölfe zu schiessen, bevor Schaden entstanden ist. Allerdings hätte sie ausdrücklich spezifizieren wollen, dass grosser Schaden droht und dieser ausschliesslich mit zumutbarem Schutz nicht verhindert werden.
Trotz der Streichung dieses Zusatzes in den Räten ist die fragliche Bestimmung mit der Berner Konvention vereinbar, auch wenn dies nun auf den ersten Blick nicht mehr erkennbar ist. Das schreibt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Denn die Berner Konvention lasse Abschüsse ausdrücklich zu, bevor ernster Schaden eintreffe. Der Bundesrat werde über die Ausführungsbestimmungen in der Verordnung den Schutz der betreffenden Population sichern und die Anforderungen an den Herdenschutz klären.
«Der Wolfsbestand in der Schweiz wird so auch mit dem angepassten Jagdgesetz wachsen, aber gebremst und gesteuert. Und die Wölfe werden scheu bleiben und Herdenschutzmassnahmen respektieren», schreibt das Bafu.
Noch hängig ist ein Antrag des Umweltdepartements von 2018 bei der Berner Konvention, den Wolf von «streng geschützt» auf «geschützt» zurückzustufen. Laut Bafu soll vor dem Entscheid der Bestand der Wölfe in Europa erhoben werden. Der Ständige Ausschuss der Berner Konvention lehnte 2006 einen gleichen Antrag der Schweiz ab.
Abschüsse im Schutzgebiet
Uneinig waren sich die Räte bis fast zuletzt, ob Wölfe bei Notwendigkeit auch in Jagdbanngebieten – neu Wildtierschutzgebiete genannt – gejagt werden dürfen. Die zurzeit 42 Schutzgebiete haben eine Fläche von rund 1'500 Quadratkilometern, was etwa der Fläche des Kantons Luzern entspricht. Sie sollen helfen, seltene und bedrohte Säugetiere und Vögel sowie deren Lebenswelten zu schützen.
Die Jagd ist dort verboten – ausser, es sei zum Beispiel für die Erhaltung der Artenvielfalt oder zur Verhütung von übermässigen Wildschäden nötig. Dann sollen nicht geschützte Tiere abgeschossen werden dürfen. Einig waren sich die Räte, dass dies auch für Steinböcke gelten soll.
Aussicht vom Berg Tarnica: Im Südosten Polens lässt sich noch nahezu unberührte Natur entdecken.
Bild: Damian Berlik
Galizisches Dorf im Freilichtmuseum Sanok – dort lernen Besucherinnen und Besucher etwas über die Geschichte der polnisch-ukrainischen Grenzgebiete.
Bild: Wojciech Dulski
Die Region rund um den Nationalpark Bieszczady lässt sich teils auch vom Wasser aus erkunden.
Bild: zielonyponton.pl
Die etwas andere Kunstausstellung: «Galeria nad Berehami» im Bieszczady-Nationalpark.
Bild: Isabelle Modler
Waldemar Witkowski bei einer seiner Schnitzarbeiten – der Künstler schätzt die Ruhe im Nationalpark Bieszczady.
Bild: Isabelle Modler
Waldemar Witkowski mit einer Holzfigur.
Bild: Isabelle Modler
Zotteltiere: Im Nationalpark Bieszczady haben die mächtigen Wisente eine Heimat gefunden.
Bild: Isabelle Modler
Rothirsch auf einer Lichtung im Nationalpark Bieszczady – Wildtiere gibt es viele in dem polnischen Schutzgebiet.
Bild: Isabelle Modler
Kaja Hrabal informiert als Bildungsreferentin Besucher im Auswilderungsgehege über Wisente.
Bild: Isabelle Modler
Ausritt im Nationalpark: Bieszczady lässt sich auch im Sattel entdecken.
Bild: Isabelle Modler
Stopp für Kulturinteressierte: die orthodoxe Holzkirche von Komancza.
Bild: Polnisches Fremdenverkehrsamt
Die Huzulen-Pferde gelten als sanftmütig und trittsicher – sie sind an das Leben in den Bergen angepasst.
Bild: Isabelle Modler
Der Ständerat wollte die Jagd in Schutzgebieten von Anfang an auch für Wölfe ermöglichen, der Nationalrat zunächst nur für die Steinböcke. Erst in der dritten Runde der Beratungen wendete eine bürgerliche Minderheit im Nationalrat das Blatt und schloss sich mit 92 zu 91 Stimmen bei 2 Enthaltungen dem Ständerat an.
Befürworter argumentierten, die Wölfe könnten sich in den Schutzgebieten unkontrolliert vermehren, wenn es keine Regulierungsmöglichkeit gebe. Gegner wiesen vergeblich darauf hin, dass die Schutzgebiete auch Rückzugsort für Wölfe sein sollten und das Streifgebiet der Rudel grösser sei als die Jagdbanngebiete. Mit Blick auf das angedrohte Referendum warnten sie davor, mit einem allzu stark aufgeweichten Schutz für Wölfe das Fuder zu überladen.
Jagdprüfungen nach altem Recht
Bei der Regulierung von geschützten Tierarten im Allgemeinen setzte in der Einigungskonferenz der Nationalrat den Zusatz durch, dass die Erhaltung regional angemessener Wildbestände gewährleistet sein muss. Der Ständerat hätte auf die Präzisierung verzichten wollen.
Den Inhalt der Jagdprüfungen können die Kantone weiterhin selbst festlegen. Nachdem sich die Räte über eine gegenseitige Anerkennung der Jagdprüfungen und auch eine Harmonisierung nicht einigen konnten, blieben sie auf Antrag der Einigungskonferenz beim geltenden Recht.
Der Bundesrat hätte eine Vereinheitlichung und auch eine gegenseitige Anerkennung der Jagdprüfungen gewünscht. Ein Kompromissvorschlag des Nationalrates, die Jagdprüfung wenigstens zu harmonisieren, drang ebenfalls nicht durch.
Der Nationalrat stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz mit 111 zu 72 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu – mit Nein stimmten SP, Grüne, GLP und einige Mitglieder der FDP-Fraktion. Der Ständerat genehmigte den Einigungsvorschlag mit 25 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmungen.
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