Politiker über Gleichstellung «Meine ältesten drei Töchter zeigen mir fast tagtäglich Defizite auf»

Von Bruno Bötschi

27.11.2021

Gruppenbild mit zwölf Damen: Die ersten gewählten Nationalrätinnen Elisabeth Blunschy, Hedi Lang, Hanny Thalmann, Helen Meyer, Lilian Uchtenhagen, Josi Meier, Hanna Sahlfeld (stehend von links nach rechts), Tilo Frey, Gabrielle Nanchen, Liselotte Spreng, Martha Ribi und Nelly Wicky (sitzend von links nach rechts), aufgenommen im Juli 1972.
Gruppenbild mit zwölf Damen: Die ersten gewählten Nationalrätinnen Elisabeth Blunschy, Hedi Lang, Hanny Thalmann, Helen Meyer, Lilian Uchtenhagen, Josi Meier, Hanna Sahlfeld (stehend von links nach rechts), Tilo Frey, Gabrielle Nanchen, Liselotte Spreng, Martha Ribi und Nelly Wicky (sitzend von links nach rechts), aufgenommen im Juli 1972.
Bild: Keystone

Vor 50 Jahren zogen die ersten Frauen in den National- und Ständerat ein. Auch heute stellen nach wie vor die Männer die Mehrheit im Parlament. Warum ist das so? Wir haben die Männer gefragt.

Von Bruno Bötschi

Am Sonntag, 28. November 1971, wählten die Stimmbürger*innen die ersten Frauen ins Bundesparlament: Zehn in den Nationalrat und eine in den Ständerat. Später nahmen noch zwei weitere Nationalrätinnen Einsitz, weil sie nachrücken konnten.

Heute liegt der Frauenanteil im Nationalrat bei 42 Prozent. In der kleinen Kammer, also dem Ständerat, besetzen die Frauen etwas mehr als einen Viertel der Sitze. Von Gleichberechtigung sind wir in Bern also noch ein grosses Stück entfernt.

Die Frage ist berechtigt: Wo sind die Politikerinnen?

Fragen wir doch einmal die Männer. blue News hat National- und Ständeräte gefragt, wie sie sich erklären, dass sie nach wie vor oft unter sich bleiben? Finden sie überhaupt, dass der nach wie vor kleine Frauenanteil im eidgenössischen Parlament ein Problem ist?

Wir haben unsere Fragebogen an die Parteipräsidenten und mehrere führende Politiker geschickt. Acht Männer haben sich in der Folge gemeldet. Die Antworten erfolgten schriftlich.


Cédric Wermuth, Co-Präsident SP Schweiz und Nationalrat

Cedric Wermuth, Nationalrat AG, spricht am Parteitag der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz in Basel am Samstag, 17. Oktober 2020. Mit Blick auf die steigenden Corona-Fallzahlen und zum Schutz der Gesundheit aller Beteiligten findet der Parteitag digital statt. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Bild: Keystone

1. Cédric Wermuth, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Das hat mit tief verankerten Rollenbildern in unserer Gesellschaft zu tun. Frauen wird bis heute beigebracht, sie seien für solche Aufgaben weniger geeignet. Lange fehlte es auch an weiblichen Vorbildern. Das ändert sich zum Glück gerade rasant. Männer sind aber oft unter sich besser vernetzt. Mit Leistung oder Fähigkeiten hat es meiner Erfahrung nach gar nichts zu tun, dass weniger Frauen in der Politik sind. Übrigens ist das Problem in der Schweiz eindeutig politisch. Die rot-grünen Parteien haben längst ausgeglichene Geschlechterverhältnisse, die Rechten nicht.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Ja, natürlich. Ich war lange lokal politisch engagiert. Da war es immer ein Aufwand, Frauen zu finden, die für politische Ämter kandidieren. Frauen trauen es sich oft weniger zu. Sie stellen an sich selbst viel härtere Anforderungen als Männer. Und sie müssen immer noch gegen viel mehr Vorurteile kämpfen. Ich stelle fest, dass meine Parlamentskolleginnen nach wie vor viel häufiger auf ihr Äusseres reduziert werden, auch in den Medien. Sie bekommen nicht unbedingt mehr Hassmails, aber sehr schnell sexistische Kommentare.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen getan?

In der SP-Fraktion des Nationalrates sitzen 60 Prozent Frauen. Die Hälfte unserer Regierungsrät*innen sind Frauen. Wir haben je eine Frau und einen Mann im Bundesrat, Mattea Meyer und ich teilen uns das Präsidium. Wir versuchen, die Gleichberechtigung sehr aktiv vorzuleben, und kämpfen im Parlament dafür. Im Februar lancieren wir unsere Volksinitiative für ein flächendeckendes, zahlbares Kita-Angebot. Damit wird es für Frauen und Männer einfacher, das Familien- und Berufsmodell frei zu wählen. Diese Initiative geht auf einen Vorschlag von mir zurück, den ich 2019 eingereicht habe. Im Parlament hatte er leider keine Chance.

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Ja, wer parteipolitisch aktiv ist, muss immer wieder durch interne Wahlen. Ich habe auch schon gegen Frauen und Männer verloren, das gehört dazu.

«Ich bin dafür, dass auf allen Parteilisten je 50 Prozent Männer und Frauen sein müssen.»

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Die SVP schafft es, praktisch ohne Frauen die stärkste Partei zu sein. Für unsere Partei wäre eine solche Geschlechterpolitik auf Führungsebene undenkbar. Wir verstehen uns als Sprachrohr aller Frauen und Männer, die 2019 beim Frauenstreik ihre Wut über die stockende Gleichstellung ausgedrückt haben.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkünden würde, sie gehe in die Politik?

Das ist eine gute Frage. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie hart das sein kann. Aber wenn sich eine unserer beiden Töchter für diesen Weg entscheiden würde, dann würde ich alles tun, um sie zu unterstützen. Auch bei jeder anderen Entscheidung. Sie sind allerdings noch sehr jung, wir haben noch etwas Zeit.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Ich bin leider kein Hellseher. Ich hoffe, dass die rechten Parteien bezüglich Gleichstellung auch bald im 21. Jahrhundert ankommen.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

Hoffentlich so schnell wie möglich. Ich bin dafür, dass auf allen Parteilisten je 50 Prozent Männer und Frauen sein müssen. Wir machen das schon seit Jahren so. Der Erfolg der Frauen stellt sich dann automatisch ein.


Gerhard Pfister, Präsident Die Mitte Schweiz und Nationalrat

Gerhard Pfister, Präsident der Mitte-Partei, warnt angesichts der hart geführten Kontroversen rund um die Corona-Pandemie vor einer wachsenden Unkultur in der Schweiz. (Archivbild)
Bild: Keystone

1. Gerhard Pfister, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Die Erfahrung zeigt leider: Männer sind in der Regel einfacher für eine politische Kandidatur zu begeistern. Bei Frauen braucht es meist mehr Überzeugungsarbeit. Bei vielen Gesprächen mit Kandidierenden erlebe ich oft, dass Männer schneller zusagen, auch wenn sie Zweifel haben, so «sie es können». Frauen sagen öfter erst dann zu, wenn sie sich sehr sicher sind und sich das Amt zutrauen. Sie sind selbstkritischer. Wir müssen stärker Frauen befähigen, vor allem ermutigen. Es lohnt sich: In keinem anderen Land können wir uns auf allen Ebenen politisch so stark einbringen wie in der Schweiz mit ihrer direkten Demokratie.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Sind Frauen einmal in der Politik, haben sie nicht weniger oder andere Herausforderungen als Männer, und sie meistern sie nicht schlechter. Medial haben sie immer noch mit Vorurteilen zu rechnen. Als Christina Bachmann-Roth beispielsweise vor kurzem Präsidentin der Mitte Frauen wurde, fragte die «Südostschweiz» öffentlich, wie sie es wohl schaffe, Beruf, Familie und Amt unter einen Hut zu bringen. Solche Fragen werden uns Männern nicht gestellt. Auch die Kleidung oder die Frisur von Politikerinnen ist viel häufiger Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Uns Politikern passiert das kaum.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Frauen getan?

Meine Partei stellt(e) so viele Bundesrätinnen wie alle anderen Parteien zusammen. Mit Nationalrat Lorenz Hess hat die Mitte Forderungen für mehr Lohngleichheit im Parlament eingebracht. Sie ist wichtig, weil sie eine Grundvoraussetzung ist für eine Gesellschaft, die in Bildung investiert. Wir müssen zudem auch den Wiedereinstieg nach der Kinderbetreuung und Familienarbeit weiter erleichtern und fordern daher flexiblere Arbeitsmodelle – aber auch die Abschaffung der Diskriminierung bei den Steuern und in der Altersvorsorge. Die Mitte engagiert sich gerade in der kommenden Wintersession sehr stark für eine Reform der AHV, die für Frauen faire Ausgleichszahlungen vorsieht.

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Nein.

Vereidigung der ersten Frau zur Bundesrätin: Elisabeth Kopp erhebt am 2. Oktober 1984 in Bern bei ihrer Vereidigung im Nationalratssaal die rechte Hand zum Schwur.
Vereidigung der ersten Frau zur Bundesrätin: Elisabeth Kopp erhebt am 2. Oktober 1984 in Bern bei ihrer Vereidigung im Nationalratssaal die rechte Hand zum Schwur.
Bild: Keystone

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Frauen in Führungspositionen sind jederzeit willkommen in der Partei. Aber gerade ein nationales Parteipräsidium ist zeitlich und beruflich auch für Männer nicht oft machbar. Ebenso das Präsidium der Fraktion.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkünden würde, sie gehe in die Politik?

Ich habe keine Kinder. Aber selbstverständlich freue ich mich über jeden jungen Menschen, der sich politisch engagiert. Gerade die Jungen meiner Partei erleben einen Zuwachs an Mitgliedern, darunter viele junge Frauen.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Das entscheidet die Bevölkerung. Wir hatten bereits 2019 einen starken Anstieg des Frauenanteils im Parlament und ich kann mir vorstellen, dass dieser Trend 2023 anhalten wird.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

Für mich wichtiger als eine Quote ist, dass sich Frauen weiterhin engagiert in die Politik einbringen. Denn gute politische Ideen erhalten im Parlament immer eine Mehrheit, unabhängig davon, ob sie von einem Mann oder einer Frau eingebracht werden. Wenn Alliance F dieses Ziel wirklich erreichen will, ist eine stärkere Überparteilichkeit dieser Organisation aus meiner Sicht wohl unabdingbar.


Thierry Burkart, Präsident FDP Schweiz und Ständerat

Thierry Burkart, Parteipraesident der FDP. (Archivbild)
Bild: Keystone

1. Thierry Burkart, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Schon auf Ortsparteiebene ist leider festzustellen, dass Frauen sich noch immer eher für Hintergrundarbeiten zur Verfügung stellen als für ein gewähltes Amt beziehungsweise für das aktive Mitwirken als Kandidatin auf einer Wahlliste. Leider erhält man zu oft dieselben Antworten: «Ich traue mir das nicht zu», «Ich möchte mich nicht exponieren» oder «Neben Beruf und Familie bleibt mir zu wenig Zeit für Politik».

Selbstverständlich hat das einen wesentlichen Einfluss auf die Personalrekrutierung für die kantonale und eidgenössische Politik. Es ist ein Dilemma: Ohne Frauen als Vorbilder gestaltet sich die Suche nach potenziellen Anwärterinnen schwieriger. Diese Situation konnte bei den letzten eidgenössischen Wahlen verbessert werden. Der Frauenanteil im Bundesparlament hat sich erhöht, sodass nun mehr weibliche Aushängeschilder die Frauen für eine mögliche Kandidatur ermutigen können. Ich finde das eine erfreuliche Entwicklung.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Ja, zum Beispiel in meiner Zeit als Vizepräsident (2004 bis 2010) und Präsident der FDP Aargau (2010 bis 2013). Für mich ist Gleichwertigkeit unter Geschlechtern völlig normal, da ich das von klein auf so mitbekam. Meine Mutter war alleinerziehend und seit jeher berufstätig. Sie machte nie einen Unterschied zwischen meiner Schwester und mir. Deshalb führte ich auch immer wieder mit Frauen Gespräche zu dieser Thematik. Mein Ziel war und ist es, auf jeder politischen Ebene möglichst gleichwertige Wahllisten präsentieren zu können, auch was die geschlechtsspezifische Besetzung anbelangt. Neben den oben beschriebenen Antworten hat die eine oder andere auch angegeben, dass sie den Wettbewerb nicht mögen, der manchmal auch parteiintern mit harten Bandagen geführt wird.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Frauen getan?

Wenn ich für ein Amt eine geeignete Frau ausmache, so teile ich ihr dies mit und ermuntere sie, den Schritt zu wagen. Ich habe auch schon andere Frauen gebeten, die mögliche Kandidatin zu motivieren. Für Teams, die ich selber zusammenstelle oder leite, lege ich Wert darauf, dass darin Frauen vertreten sind. Allenfalls gibt es weitere Faktoren zu berücksichtigen, zum Beispiel regionale Herkunft, Sprache, Fachwissen.

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Nein, das wäre mir nicht bekannt.

«Ohne Frauen als Vorbilder gestaltet sich die Suche nach potentiellen Anwärterinnen schwieriger.»

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Ich bin der festen Überzeugung, dass ausgewogene Gremien ausgewogene Lösungen hervorbringen. Es gibt genauso viele fähige Frauen wie Männer, deshalb vergibt man sich viel Potenzial, wenn man die Frauen keine Führungsrollen übernehmen lässt. Allerdings müssen es die Frauen auch wollen. Es schadet jeder Organisation, wenn statt einer fähigen Frau ein unfähiger Mann die Führung übernimmt. Das gilt selbstverständlich auch umgekehrt. Was ich damit sagen will: Für mich gehört die fähigste Person in die Führungsrolle. Frauen müssen manchmal etwas mehr motiviert, ermächtigt und ermuntert sein, damit sie sich für eine Kandidatur entscheiden. Meine Erfahrung ist, dass es sich durchaus lohnt, den Frauen diesen Boden zu bereiten.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkünden würde, sie gehe in die Politik?

Ich habe keine eigenen Kinder, würde mich jedoch sehr darüber freuen. Selbstverständlich hätte ich auch Gefallen daran, wenn sich dereinst die Jungs meiner Partnerin für Politik interessierten.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Das kann durchaus sein. Die Anzahl Kandidatinnen mit dem Prädikat «bisher» ist bereits markant höher. Wenn die Parteien es überdies schaffen, weitere starke Wahlkämpferinnen zu rekrutieren, so steht einer weiteren Erhöhung des Frauenanteils nichts im Weg.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

Das ist Kaffeesatzlesen, darin bin ich nicht so gut. Fest steht, dass die FDP im ganzen Land viele starke und geeignete weibliche Mitglieder hat, die jeden Tag konstruktive und umsetzbare Lösungen für die Herausforderungen ihres Dorfs, ihrer Stadt oder ihres Kantons finden und ebenso ihr Bestes für ihre Orts- beziehungsweise Kantonalpartei geben. Wenn dies bei allen Parteien so ist, so steuern wir erfreulichen Zeiten entgegen!


Erich Hess, Nationalrat SVP

Bild: Keystone

1. Erich Hess, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Den Frauen steht es frei, zu wählen, wen sie wollen. Ich kenne zahlreiche Frauen, die explizit nur Männer wählen.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Nein.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Frauen getan?

In der SVP werden alle gleich behandelt – egal, welchen Alters oder Geschlechts. Die Frauen fühlen sich nicht diskriminiert, sondern wissen sich zu durchzusetzen.

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Diese Situation hat sich bislang nie ergeben.

Die frisch gewählte SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss am Tag ihrer Wahl vom 10. März 1993 zusammen mit der ersten weiblichen und nicht gewählten SP-Bundesratskandidatin von 1983 Lilian Uchtenhagen im Bundeshaus zu Bern.
Die frisch gewählte SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss am Tag ihrer Wahl vom 10. März 1993 zusammen mit der ersten weiblichen und nicht gewählten SP-Bundesratskandidatin von 1983 Lilian Uchtenhagen im Bundeshaus zu Bern.
Bild: Keystone

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Nein. Bei Führungspositionen sind andere Qualitäten gefragt. Ich finde es diskriminierend, Frauen auf ihr Geschlecht zu reduzieren.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkünden würde, sie gehe in die Politik?

Ja. Unser Land benötigt politisch aktive Bürgerinnen.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Prognosen zu Wahlen mache ich generell nicht. Das entscheiden letztendlich die Wähler*innen.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

Sobald die Frauensolidarität Wirklichkeit wird und bei einer Wahl eine rechtsbürgerliche Kandidatin aufgrund ihres Geschlechts einem linken Mann vorgezogen wird.


Jürg Grossen, Präsident GLP Schweiz und Nationalrat

Bild: Keystone

1. Jürg Grossen, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Leider hat die Schweiz das Ziel einer möglichst ausgewogenen Vertretung der Geschlechter in der Politik noch nicht erreicht. Hoffnung macht mir die Entwicklung im Nationalrat, wo wir seit den letzten Wahlen bei etwas über 40 Prozent Frauenanteil stehen, ebenso im Bundesrat. Das genügt natürlich nicht, ist aber besser als der deutlich zu tiefe Anteil im Ständerat (26 Prozent). Auch in den Kantonen und Gemeinden, wo der Frauenanteil im Durchschnitt etwa 30 Prozent beträgt, bleibt viel zu tun. Umso mehr freut es mich, dass die grünliberale Fraktion im Nationalrat mit 50 Prozent Frauen vertreten ist und dass vor einem Jahr mit Esther Keller in Basel unsere erste Regierungsrätin gewählt wurde.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Die Gründe, wieso jemand in die Politik geht oder nicht, sind sehr unterschiedlich. Zwei Punkte werden aber häufig erwähnt, die abschreckend wirken: Zum einen werden Politikerinnen in der Öffentlichkeit oft heftiger angegriffen als Männer, gerade in den sozialen Medien. Dem wollen sich verständlicherweise nicht alle aussetzen. Und zum anderen ist es eine Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Politik bedeutet oft Sitzungen am Abend und am Wochenende. Das können nicht alle organisieren. Das gilt natürlich auch für Männer, welche mehr Pflichten zu Hause übernehmen.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Frauen getan?

Bei den Grünliberalen achten wir auf möglichst ausgewogen zusammengesetzte Gremien, namentlich in den verschiedenen Vorständen. Eine zentrale Massnahme sind auch ausgewogene Wahllisten in den Gemeinden, Kantonen und für den Nationalrat. Wenn immer möglich streben wir «Zebra-Listen» an, also Listenplätze mit abwechselnd Frauen und Männern. Das funktioniert in der Praxis sehr gut und ist erfolgreich. Politisch setzen wir uns für verschiedene gleichstellungspolitische Anliegen ein. Zentral ist dabei die Einführung der Individualbesteuerung und einer Elternzeit (gleich lang für beide erwerbstätigen Eltern).

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Nein.

«Wenn immer möglich streben wir ‹Zebra-Listen› an, also Listenplätze mit abwechselnd Frauen und Männern.»

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Es ist vor allem eine verpasste Chance, wenn Frauen zu selten Führungsrollen übernehmen. Wir wissen, dass divers zusammengesetzte Gremien bessere Resultate erbringen. Wir müssen weg von einseitig zusammengesetzten Gremien und brauchen gerade auch in der Politik einen möglichst getreuen Spiegel unserer immer diverser werdenden Gesellschaft.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkünden würde, sie gehe in die Politik?

Wenn sich meine Kinder in der Politik dafür einsetzen wollen, die Zukunft der Schweiz mitzugestalten, werde ich sie gern dabei unterstützen. Es gibt aber auch noch andere Wege, sich fürs Gemeinwohl einzusetzen, beispielsweise in der Freiwilligenarbeit. Mir liegt das Milizsystem am Herzen. Es lebt davon, dass sich auch junge Leute engagieren und mithelfen, die Schweiz voranzubringen.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Wir Grünliberale setzen uns weiterhin für einen höheren Frauenanteil ein und sorgen bei uns für möglichst ausgewogene Wahllisten. Ich hoffe sehr, dass am Ende tatsächlich über alle Parteien eine bessere Vertretung der Frauen im Bundesparlament erreicht werden kann, besonders endlich auch im Ständerat.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

Ich hoffe, dass wir dieses Ziel bald erreichen werden. Wenn ich an den Ständerat denke, sind die Wahlen 2023 vielleicht noch etwas optimistisch, aber bis spätestens zu den Wahlen 2027 muss es gelingen.


Matthias Aebischer, Nationalrat SP

Member of the Swiss National Council Matthias Aebischer in the foyer of the federal parliament building, in Berne, Switzerland, on July 7, 2015. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Matthias Aebischer, Nationalrat SP-BE, in der Wandelhalle des Bundeshauses, am 7. Juli 2015, in Bern. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Bild: Keystone

1. Matthias Aebischer, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Bei der SP haben wir im Nationalrat 24 Frauen und 15 Männer. Das entspricht einem Prozentverhältnis von 60 zu 40 Prozent. Das ist gut so. Sie müssen also eher mit den anderen Parteien reden.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Dass die Frauen generell immer noch gegen Widerstände kämpfen müssen, ist offensichtlich. Es gibt immer noch Patriarchen im Parlament, die E-Mails beantworten, wenn eine Frau spricht. Unglaublich.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Frauen getan?

Die SP führt in mehreren Kantonen Frauenlisten. Das heisst, wer nur Frauen möchte, kann die Frauenliste einwerfen. Klar wird noch panaschiert. Aber der Hauptharst der Stimmen geht zu den Frauen.

Ich verfolge in allen Verbänden oder Gremien einige Grundsätze: Auf Podien, in Vorständen, auf Geschäftsleitungsebene müssen Frauen und Männer gleichwertig vertreten sein. Das ist ein Kampf, aber er lohnt sich.

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Nein.

Mit der Wahl von Simonetta Sommaruga 2010 sind erstmals vier Frauen im Bundesrat vertreten. Von links: Bundespräsidentin Doris Leuthard, Micheline Calmy-Rey, Eveline Widmer-Schlumpf, Ueli Maurer, Didier Burkhalter, Sommaruga, Johann Schneider-Ammann und Bundeskanzlerin Corina Casanova.
Mit der Wahl von Simonetta Sommaruga 2010 sind erstmals vier Frauen im Bundesrat vertreten. Von links: Bundespräsidentin Doris Leuthard, Micheline Calmy-Rey, Eveline Widmer-Schlumpf, Ueli Maurer, Didier Burkhalter, Sommaruga, Johann Schneider-Ammann und Bundeskanzlerin Corina Casanova.
Bild: Keystone

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Meine Erfahrung zeigt, dass Frauen weitsichtiger und mit mehr Sozialkompetenz führen. Gerade für die Unternehmenskultur kann das entscheidend sein.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkünden würde, sie gehe in die Politik?

Ich denke von mir immer, dass ich punkto Gleichberechtigung sehr fortschrittlich bin. Meine ältesten drei Töchter zeigen mir jedoch fast tagtäglich Defizite bei der Gleichstellung von Mann und Frau auf. Oft staune ich und muss zugeben, ich habe noch viel zu tun.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Es wäre zu begrüssen, wenn auch die bürgerlichen Parteien mit der Frauenförderung endlich vorwärtsmachen würden. Wir, die SP, haben schon heute einen Frauenanteil von 60 Prozent. Und das ist gut so.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

50 Prozent ist eine schöne Zielsetzung. Damit das erreicht werden kann, müssen die bürgerlichen Parteien aber punkto Frauen mächtig zulegen.


Martin Candinas, Nationalrat Die Mitte

Soll 2023 «höchster Schweizer» werden: der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas. (Archivbild)
Bild: Keystone

1. Martin Candinas, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Die Laufbahn der Politiker*innen beginnt in der Regel auf Stufe Gemeinde, Region und Kanton. Wollen wir etwas ändern, müssen wir kommunal und kantonal ansetzen. Die Parteien sind gefordert, mehr Frauen für die Politik zu gewinnen. Frauen dürfen und können mehr Mut haben, politische Verantwortung zu übernehmen. Solange wir nicht mehr Frauen auf diesen Ebenen für ein politisches Amt überzeugen können, wird sich die Situation auf Bundesebene nicht nachhaltig ändern. In den meisten Kantonsparlamenten zeigt sich ein ähnliches Bild wie im Bundesparlament. Bei den letzten nationalen Wahlen hat der Frauenanteil markant zugenommen. Aus meiner Wahrnehmung darf die Situation deshalb nicht dramatisiert werden. Taten statt Worte sollte die Devise sein und dies vor allem in den Kommunen, Städten und Kantonen.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Für mich spielt es absolut keine Rolle, ob Männer oder Frauen Politik machen. Bei den Jungen sind diese Zeiten übrigens längst passé. Natürlich tausche ich mich aber mit Kolleginnen über den politischen Alltag und seine Herausforderungen aus. Frauen mit jüngeren Kindern stehen sicher vor grösseren Herausforderungen hinsichtlich Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Politik. Erschwerend dazu kommt, wenn der Wohnort weit weg von Bern ist. Die Vereinbarkeit ist aber längst nicht nur mehr ein Thema der Frauen, auch für uns Männer wird diese immer mehr zur Herausforderung.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Frauen getan?

Meines Erachtens ist das Wort Diskriminierung hier fehl am Platz. Es geht um die Förderung von Frauen in der Politik. Als ich das Präsidium der Jungen CVP Surselva abgegeben habe, war es mir wichtig, dass eine junge Frau meine Nachfolge übernimmt. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es auch uns Männern gelingt, Frauen für eine Kandidatur für den Grossen Rat und den Nationalrat zu gewinnen. Auch meiner Mutterpartei war es immer schon ein sehr grosses Anliegen, Frauen für die nationale Politik zu gewinnen. Bei den Nationalratswahlen 2019 waren auf der Hauptliste der damaligen CVP Graubünden drei von fünf Plätzen von Frauen besetzt. Meine Erfahrung: Um Frauen für die Politik zu gewinnen, braucht es sehr oft viel mehr Überzeugungsarbeit und -kraft.

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Nein und ich bin froh darüber.

«Wenn ich die Hartnäckigkeit und das harte Verhandeln meiner Tochter anschaue, könnte sie wirklich Politikerin werden.»

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Jede Partei muss seine Personalpolitik selbst gestalten. Für eine glaubhafte, gute und erfolgreiche Personalpolitik spielen Frauen und Männer eine zentrale Rolle. Reine Frauenförderung ist kein Programm oder Marketinginstrument einer Partei. Wir müssen wegkommen von reinen Geschlechter- und Quotendiskussionen! Qualifikationen, Engagement und der Inhalt sind entscheidend. Alles andere bringt unser Land nicht weiter. Taten statt Worte zählen. Nur so hat eine Partei langfristig Erfolg.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkündete, sie gehe in die Politik?

Natürlich, das würde mich sehr freuen. Aber nicht nur, wenn die Tochter mir dies verkünden würde, sondern auch, wenn es meine Söhne wären. Da ich nicht aus einer Politdynastie komme, sind meine Kinder völlig frei in ihrer Entscheidung. Sollten meine Kinder in die Politik wollen, hätten sie natürlich meine volle Unterstützung. Und nochmals zu Ihrer Frage: Wenn ich die Hartnäckigkeit und das harte Verhandeln meiner Tochter anschaue, könnte sie wirklich Politikerin werden. Mit ihr zu verhandeln, fällt mir zumindest aktuell am schwersten😊.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Im Nationalrat wurden nach den letzten Wahlen 84 Frauen und 116 Männer vereidigt. Gegenüber 2015 hat der Anteil der Frauen um 10 Prozent auf 42 Prozent zugenommen. Ich gehe davon aus, dass der Frauenanteil nach den nächsten Wahlen weiter zunehmen wird, wenn auch weniger stark als bei den letzten Nationalratswahlen.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

Es ist richtig, dass der grösste schweizerische Frauendachverband sich ein solches Ziel gesetzt hat. Wann und ob das Ziel im nationalen Parlament erreicht wird, entscheiden die Stimmbürger*innen. Auf kantonaler Ebene gibt es schon heute Parlamente mit einer Frauenmehrheit. Wichtig ist, dass die Parteien Kandidatinnen nominieren. Nur so besteht die Möglichkeit, Frauenkandidaturen zu unterstützen. Haben wir das Ziel von Alliance F irgendwann erreicht, so werde ich ganz sicher nicht nach einer Männervertretung von 50 Prozent rufen. Ich bin in dieser Frage sehr pragmatisch.


Martin Landolt, Nationalrat Die Mitte

Bild: Keystone

1. Martin Landolt, woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Frauen in der Spitzenpolitik nach wie vor deutlich weniger stark vertreten sind als Männer?

Nach wie vor sind offenbar die gesellschaftlichen und beruflichen Rollenmodelle zu unterschiedlich. Das macht es schwierig, nur schon weibliche Kandidaturen zu finden. Zudem werde ich den Eindruck nicht los, dass – insbesondere in bürgerlichen Kreisen – die Frauen selbst zu wenig konsequent Frauen wählen, wobei natürlich unbedingt auch Männer Frauen wählen sollen.

2. Haben Sie Frauen schon persönlich gefragt, ob ihnen je Schwierigkeiten in der Spitzenpolitik begegnet sind? Wenn ja, wie lauteten die Antworten?

Frauen, die bereits in der Spitzenpolitik angekommen sind, haben nach meiner Einschätzung keine Schwierigkeiten – im Gegenteil: Es liegt im Interesse der Parteien, die (wenigen) Frauen in der Spitzenpolitik zu fördern und ihnen optimale Sichtbarkeit zu ermöglichen. Was diese Frauen – wie ich übrigens auch – sich vor allem wünschen, sind mehr Frauen in der Spitzenpolitik.

3. Was haben Sie konkret in Ihrer Partei oder in Ihrer sonstigen politischen Arbeit zur Beseitigung von Diskriminierung von Frauen getan?

In der Partei hat die schwierige und leider wenig erfolgreiche Suche nach Frauenkandidaturen stets zu den Daueraufgaben gehört. Gleichzeitig engagieren wir uns für verbesserte Rahmenbedingungen (Kinderbetreuung, Individualbesteuerung und so weiter), insbesondere im beruflichen Umfeld. Letzteres betrachte ich als wichtige Grundlage auch für die Förderung von Frauen in der Politik.

4. Haben Sie schon einmal eine Frau in einer Stichwahl geschlagen?

Nie in einer internen Stichwahl. Aber an den Nationalratswahlen 2019 habe ich eine Gegenkandidatin der SP schlagen können.

Mit Viola Amherd, Simonetta Sommaruga und Karin Keller-Sutter (von links nach rechts) sind die Frauen im Bundesrat aktuell zu dritt vertreten.
Mit Viola Amherd, Simonetta Sommaruga und Karin Keller-Sutter (von links nach rechts) sind die Frauen im Bundesrat aktuell zu dritt vertreten.
Bild: Keystone

5. Schadet es Parteien, wenn nur wenige Frauen Führungsrollen übernehmen?

Es ist definitiv ein Wettbewerbsnachteil gegenüber Parteien, die diesbezüglich besser aufgestellt sind. Noch wertvoller ist es aber, in der parteiinternen Arbeit in gemischten Teams agieren zu können.

6. Würden Sie sich freuen, wenn Ihre Tochter Ihnen verkünden würde, sie gehe in die Politik?

Unbedingt! Bisher darf ich mich immerhin darüber freuen, drei politisch interessierte und engagierte Töchter mit eigenständigen Meinungen zu geniessen.

7. Wird sich im Herbst 2023, wenn die nächsten National- und Ständeratswahlen anstehen, der Frauenanteil im Bundesparlament weiter erhöhen?

Ich gehe davon aus und hoffe es auch, dass die Entwicklung der letzten Wahlen ihre Fortsetzung finden wird.

8. Das Ziel von Alliance F, dem grössten schweizerischen Frauendachverband, ist eine Frauenvertretung von 50 Prozent im Parlament. Wann, glauben Sie, wird dieses Ziel erreicht sein?

Ich gehe davon aus, dass dies noch eine Generation braucht, wobei ich eine Generation in der politischen Zeitrechnung mit zwölf Jahren veranlage.