Ein Geimpfter erzählt «Ich fühle mich innerlich entspannter»

Von Gil Bieler

22.2.2021

Herr Müller hätte nicht gedacht, dass er so rasch zur Impfung aufgeboten wird (Symbolbild).
Herr Müller hätte nicht gedacht, dass er so rasch zur Impfung aufgeboten wird (Symbolbild).
Bild: Keystone/Gaetan Bally

Die Impfbereitschaft ist gross, doch erst 137'000 Personen in der Schweiz sind doppelt gegen das Coronavirus geimpft. Ein Pensionär erzählt, wie er an die Reihe kam – und vom Alltag nach den beiden Spritzen.

«Ich war überrascht, wie schnell es ging» – so erklärt ein Pensionär*, der nur Herr Müller genannt werden möchte, wie er zur Covid-Impfung kam. Anfang Jahr hatte er sich bei seinem Hausarzt für die Impfung angemeldet, nur eine Woche später erhielt er bereits das Aufgebot für die erste Spritze. Und mittlerweile erhielt der 68-Jährige, der abwechselnd in den Kantonen Zürich und Aargau lebt, bereits die zweite Dosis.

Müller gehört damit zum noch verhältnismässig kleinen Kreis der Durchgeimpften: Bisher haben laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) rund 137'000 Personen in der Schweiz beide Impfdosen erhalten, die für einen optimalen Schutz notwendig sind.

Dabei ist Müller noch ein paar Jahre zu jung, um in der ersten Phase an die Reihe zu kommen, da in dieser vornehmlich über 75-Jährige geimpft werden. Aber das Alter ist nur ein Kriterium: «Personen mit chronischen Krankheiten mit höchstem Risiko» können laut BAG unabhängig vom Alter geimpft werden, wenn der nötige Impfstoff vorhanden ist.

Es ging schnell

Müller ist stark übergewichtig, wird wegen Blutdruck-Problemen behandelt und leidet an Schlafapnoe. Daher informierte er sich auf der Website des Unispitals Zürich, das Personen in seiner Situation empfahl, sich beim Hausarzt zu melden. Was er auch umgehend tat.

«Ich habe geschrieben, dass ich nicht vordrängeln möchte, aber dass mir dieses Vorgehen empfohlen wird», sagt Müller. «Und siehe da: Eine Woche später erhielt ich schon den Anruf, ich könne mich impfen lassen.» Im Impfzentrum des Kantonsspitals Aarau wurde ihm das Vakzin von Pfizer/Biontech gespritzt, rund vier Wochen später erhielt er die zweite Dosis. Bis auf einen Tag Müdigkeit nach der zweiten Dosis habe er keinerlei Nebenwirkungen gespürt.



Im Bekanntenkreis seien die meisten verblüfft, dass er schon durchgeimpft sei, sagt Müller. «Sie sagen oft: ‹Ich komme ja sowieso nicht dran.›» Wenn er dann frage, ob sie sich überhaupt erkundigt hätten, heisse es aber: Nein. Oft stecke da wohl Bequemlichkeit dahinter. Müllers Rat: Aktiv werden und sich informieren. Wie genau sein Hausarzt ihm den Impftermin verschafft habe, wisse er nicht – er sei aber sehr dankbar. Wahrscheinlich habe sein Übergewicht den Ausschlag gegeben, meint Müller.

Ab Mai sollen alle Zugang zum Impfstoff erhalten

Der Bund schätzt, dass rund 621'600 Personen in der Schweiz an einer Vorerkrankung leiden, die sie für eine Impfung in der ersten Phase qualifiziert. Dazu zählt das BAG: Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Adipositas Grad III, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs sowie Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen.

Alle anderen müssen noch etwas Geduld haben, wie Virginie Masserey vom BAG vergangene Woche vor den Medien bestätigte. Das Ziel sei, dass bis Ende April alle Risikopatienten, die dies wollen, mindestens einmal geimpft seien. Ab Mai solle dann auch die übrige Bevölkerung Zugang zu den Impfungen erhalten. Laut einer aktuellen Umfrage der SRG ist die Impfbereitschaft gross: 41 Prozent der Teilnehmer*innen würden sich impfen lassen.

Weitere Informationen

Beim Bundesamts für Gesundheit (BAG) finden sich generelle Informationen zur Coronavirus-Impfung und spezifische Informationen für besonders gefährdete Personen. Hilfreich ist auch diese Übersicht über die Anlaufstellen in den einzelnen Kantonen

Die Hausärzt*innen können seit einigen Wochen auch selber gegen das Coronavirus impfen. Möglich macht dies das Vakzin von Moderna, dessen Lagerung und Transport weniger anspruchsvoll sind als bei jenem von Pfizer/Biontech. Es gibt aber kantonal grosse Unterschiede: Im Aargau etwa können Hausärzt*innen erst im Mai loslegen, in Zürich konnten einige Praxen im Februar beginnen. Von einem Andrang würde Philippe Luchsinger, Präsident des Verbands der Haus- und Kinderärzte, nicht sprechen: Viele impfwillige Personen wüssten, dass sie im Moment noch nicht an der Reihe seien, sagt er auf Anfrage von «blue News». 

«Bei den Risikopatienten ist verständlicherweise eine gewisse Ungeduld da», sagt Luchsinger. Das Problem sei aber nicht, dass die Hausärztinnen und Hausärzte nicht bereit wären, sondern der Mangel an verfügbarem Impfstoff. «Wir sind bereit und können impfen, sobald wir eine Impfung zugeteilt bekommen.» In seiner Praxis in Affoltern am Albis ZH konnte Luchsinger bisher rund hundert Risikopatient*innen impfen.

Das Leben mit Impfung

Und was ändert sich mit der Impfung? Äusserlich wenig, sagt Müller: «Ich trage natürlich noch immer eine Schutzmaske und halte Abstand, weil ich ja nicht weiss, ob ich andere Leute anstecken kann.» Innerlich spüre er aber eine Veränderung: «Ich fühle mich entspannter, habe auch dann ein gutes Gefühl, wenn es einmal mehr enger wird.» Er denkt dabei an Ausflüge mit der Luftseilbahn, wo sich bei schönem Wetter die Menschen drängen.

Das Einzige, was ihn etwas verunsichere, seien die neu aufgetauchten Virusvarianten: Ob die Covid-Impfungen auch gegen diese schützen, ist noch nicht restlos geklärt. «Doch das ist noch lange kein Grund, panisch zu werden.»

*Name der Redaktion bekannt

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