Drohende Evakuierung in Brienz GR: «Aufgebrachte Stimmung im Dorf – viele offene Fragen»
In Brienz GR droht eine erneute Evakuierung. Denn der oberste Teil der Schutthalde bewegt sich mit zunehmender Geschwindigkeit auf das Dorf zu. Die Stimmung bei den Bürgern ist angespannt, viele sind wütend. Die Ungewissheit zerrt an den Nerven.
11.11.2024
Brienz GR droht eine erneute Evakuierung. Der oberste Teil der Schutthalde bewegt sich mit zunehmender Geschwindigkeit auf das Dorf zu. Die Stimmung im Dorf ist angespannt, viele sind wütend.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- In Brienz GR drohen bis zu 1,2 Millionen Kubikmeter Felsschutt, ins Dorf zu rutschen.
- Die Bewohner*innen müssen sich für eine erneute Evakuierung bereithalten.
- Bereits im Frühling 2023 mussten die Menschen ihr Zuhause verlassen, erst nach rund eineinhalb Monaten konnten die Brienzer*innen in ihre Häuser zurückkehren.
- Die Gemeinde Albula/Alvra hat den Gemeindeführungsstab mobilisiert, um auf einen möglichen Hangrutsch vorbereitet zu sein.
- Die Stimmung im Dorf ist bedrückt. Die Einwohner*innen leiden unter der Ungewissheit und hoffen, trotz drohender Evakuierung langfristig in ihrem Zuhause bleiben zu können.
Die Brienzer*innen können es nicht fassen. Schon wieder droht ihnen eine Evakuierung. Der Felsschutt bewegt sich weiter aufs Dort zu und droht, die Häuser unter sich zu begraben.
Auf X warnt die Gemeinde Albula/Alvra: «Hoch über Brienz/Brinzauls haben sich rund 1,2 Millionen Kubikmeter Felsschutt so stark beschleunigt, dass sie in einem Schuttstrom talabwärts gleiten und das Dorf erreichen könnten.» Es heisst, dass der Gemeindeführungsstab mobilisiert wurde und er eine vorsorgliche Evakuierung von Brienz/Brinzauls vorbereite.
Am Samstagabend meinte Pascal Porchet, Leiter des kantonalen Amts für Militär und Zivilschutz, vor den Betroffenen in Tiefencastel, dass alles mitgenommen werden soll, was mit Geld nicht ersetzt werden könne. Möglicherweise könne es mehrere Monate dauern, bis die Bewohner*innen wieder in ihre Häuser zurückkehren können.
Dass die Stimmung gedrückt ist, spürt man in den Strassen von Brienz. Sie sind leergefegt und die Atmosphäre wirkt gespenstisch. Im Hintergrund ertönt von Zeit zu Zeit ein leises Grollen von herunterrollendem Gestein.
In Gesprächen mit den Einwohner*innen wird schnell klar: Sie sind fix und fertig. Die Nerven liegen blank und die Menschen sind den Tränen nah.
Viele offene Fragen, die unbeantwortet bleiben
«Es ist gerade nicht einfach. Die Stimmung ist aufgebracht. Man hört die Nachbarn reden und diskutieren», fasst eine junge Frau im Gespräch mit blue News zusammen.
Das Bedrückendste seien all die offenen Fragen, die im Moment noch unbeantwortet blieben. Aus den Gesprächen wird klar: Es ist schwierig für die Brienzer*innen, nicht zu wissen, wie die Zukunft ausschaut – ob sie morgen ihre Sachen packen oder ihr Zuhause erst in einer Woche verlassen müssen. Diese Ungewissheit bedrückt.
Laut den Expert*innen könnte alles sehr schnell gehen und die Betroffenen müssen ihre Häuser möglicherweise innert Stunden oder im Notfall sogar sofort verlassen. Man rechne damit, dass das Ereignis schon in den kommenden Tagen eintreten könnte. Doch es bestehe auch die Hoffnung, dass die Gesteinsmassen langsam in flacheres Gelände abrutschen und somit vor dem Dorf liegen bleiben würden.
«Wünschte mir, dass man hier ohne diese Ängste leben könnte»
Vor allem sei es aber gerade ein schwieriger Zeitpunkt für eine Evakuierung, sind sich die Dorfbewohner*innen einig. Weihnachten steht vor der Tür. Die Wintersaison macht es nicht leicht, eine Wohnung zu finden. «Es ist ein grosser Stress momentan», so die junge Frau.
Vor allem wünsche sie sich für die Bewohnenden, die schon seit vielen Jahren in Brienz zu Hause sind, dass sie nach der Evakuierung auch wieder ins Dorf zurückkehren können. «Ich wünschte mir für alle, dass man hier ohne diese Ängste leben könnte.»
Mehr Videos aus dem Ressort
Drohnenvideo zeigt Ausmass des Brienzer Bergrutsches
In der Nacht sind gewaltige Gesteinsmassen in Brienz abgerutscht und haben das Dorf nur knapp verfehlt, wie ein Drohnenvideo zeigt.
16.06.2023