PolarforschungArktis-Expedition mit Schweizer Projekten
SDA
18.9.2019 - 12:18
Am Freitag sticht das Forschungsschiff «Polarstern» zu einer aussergewöhnlichen Expedition in die zentrale Arktis auf. Rund ein Jahr lang werden sich Forschende mit dem Meereis treiben lassen und dabei Daten sammeln. Auch Schweizer Forschungsprojekte sind dabei.
Es ist die grösste Arktis-Expedition aller Zeiten: Ein Budget von über 140 Millionen Euro, rund 600 Fachleute und 300 Helferinnen und Helfer aus 19 Nationen, die auf dem Forschungsschiff oder im Hintergrund daran beteiligt sind. Rund ein Jahr lang soll die «Mosaic»-Expedition dauern, dabei wird das Schiff zwei bis drei Monate lang auf einer Distanz von nur rund 200 Kilometer am geografischen Nordpol vorbei driften.
Damit dringt die Expedition unter Leitung des Bremerhavener Alfred Wegener Instituts (AWI) in ein Gebiet vor, in das von Februar bis Juni nicht einmal Eisbrecher ihren Weg bahnen können, weil das Eis zu dick ist. Die «Polarstern» soll einen Grossteil der Expedition ohne eigenen Antrieb mit dem Meereis driften, im Mittel sieben Kilometer pro Tag. Inspiriert ist die Expedition von der Reise des Norwegers Fridtjof Nansen mit dem Segelschiff «Fram» vor 126 Jahren. Die Natur bestimmt den Kurs.
Drift mit dem Packeis
Nachdem die «Polarstern» am Freitagabend vom norwegischen Tromsø aufbricht, geht die Reise zunächst dorthin, wo das arktische Meereis entsteht – vor die sibirische Küste. Dort soll sich das Schiff von Eis umschliessen lassen. An eine mindestens 1,5 Meter dicke und weitläufige Eisscholle angedockt wird die «Polarstern» mit dem sogenannten Transpolardrift reisen – auch durch die 150 Tage dauernde Polarnacht bei Temperaturen bis zu minus 45 Grad Celsius.
Auf dem umgebenden Packeis sollen ein Basiscamp, ein Netz von Messstationen und eine Landebahn für Versorgungsflugzeuge entstehen. Während der Arbeit auf dem Eis werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von mehreren «Eisbär-Wächtern» beschützt.
Während mehrerer Phasen der Expedition werden insgesamt 300 Forschende an Bord und auf der Eisscholle arbeiten, um Daten zu sammeln. Darunter auch Forschende des Paul Scherrer Instituts (PSI) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Ebenfalls beteiligt sind das Swiss Polar Institut (SPI) und die Schweizerische Kommission für Polar- und Höhenforschung (SKPH).
Klimasystem der Arktis
Ziel der Expeditionsbeteiligten ist, das arktische Klimasystem besser zu verstehen und damit Klimamodelle zu verbessern. So steht «Mosaic» für «Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate». Klimaprojektionen für die Arktis sind aufgrund von Wissenslücken mit besonders grossen Unsicherheiten verbunden, die die Mosaic-Expedition zu verkleinern versucht. Dies ermöglicht genauere Vorhersagen über die Klimaerwärmung und ihre Folgen.
Die Arktis erwärmt sich im Zuge des Klimawandels besonders stark – mit globalen Auswirkungen. Spürbar wird diese Erwärmung der fernen Polarregion beispielsweise durch Stockungen des Jetstream, einer wellenförmigen Luftströmung, die die Nordhalbkugel umspannt und die Wetterlage beeinflusst. Mit abnehmender Temperaturdifferenz zwischen der Arktis und den Tropen verharrt der Jetstream immer häufiger in grossen Schleifen. Wetterlagen wie Trockenheit, Regen oder Kältewellen bleiben deshalb länger bestehen.
Schweizer Projekte dabei
Die Mosaic-Forschenden wollen die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Ozean, Meereis, Biogeochemie und Ökosystem im Verlauf eines vollen Jahreszyklus' untersuchen. Wie schon bei der Antarktis-Expedition unter Leitung des Schweizer Polar Instituts ist Julia Schmale vom PSI mit einem Team und einem Forschungscontainer voller Messinstrumente dabei, um Atmosphärenprozesse zu erforschen. Im Fokus stehen dabei sogenannte Aerosole, kleine Schwebepartikel, die für die Wolkenbildung eine wichtige Rolle spielen.
Forschende um Martin Schneebeli vom des WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) und Mike Schwank vom WSL fokussieren auf die Wechselwirkung zwischen Atmosphäre und Ozean und die Rolle, die Meereis und Schnee dabei spielen. Unter anderem unterstützt das Swiss Polar Institute (SPI) die Forschungsprojekte aus der Schweiz.
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