Schutzstatus S aktiviert Keller-Sutter: «Solange Krieg herrscht, brauchen sie unseren Schutz»

phi/uri

11.3.2022

Ukrainische Flüchtlinge erhalten in der Schweiz den Schutzstatus S

Ukrainische Flüchtlinge erhalten in der Schweiz den Schutzstatus S

Menschen, die wegen des Krieges aus der Ukraine geflüchtet sind, erhalten in der Schweiz den Schutzstatus S. Das heisst, dass sie ohne Asylverfahren vorerst ein Jahr in der Schweiz bleiben, arbeiten und zur Schule gehen können. Was der Schutzstatus S für die Betroffenen genau beinhaltet, erklärte Bundesrätin Karin Keller-Sutter am Freitag vor den Medien.

11.03.2022

Der Bundesrat aktiviert für Vertriebene aus der Ukraine den Schutzstatus S. Was das im Detail bedeutet, darüber hat Justizministerin Karin Keller-Sutter in Bern informiert.

phi/uri

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat aktiviert den Schutzstatus S für Menschen aus der Ukraine. Sie dürfen vorerst ein Jahr lang in der Schweiz bleiben.
  • Der Schutzstatus gilt ab Mitternacht, also Samstagmorgen 0 Uhr.
  • Mit dem Schutzstatus S erhalten betroffene Personen rasch und unbürokratisch Schutz in der Schweiz – ohne Durchführung eines ordentlichen Asylverfahrens.
  • Die Betroffenen erhalten ein Aufenthaltsrecht und können ihre Familienangehörigen nachziehen. Sie dürfen auch ohne Bewilligung ins Ausland reisen und in die Schweiz zurückkehren.
  • Die Betroffenen erhalten Sozialhilfe und dürfen ohne Wartefrist eine bewilligungspflichtige Erwerbstätigkeit ausüben. Kinder sollen in die Schule gehen. 
  • Die Kantone, die für die Betreuung und Unterbringung der geflüchteten Personen zuständig sind, erhalten vom Bund eine Globalpauschale. Diese beinhaltet unter anderem einen Anteil für Mietkosten, Sozialhilfe- und Betreuungskosten, Krankenversicherungsprämien.
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  • 15.14 Uhr

    Die Medienkonferenz ist beendet

    Wir danken für das Interesse.

  • 15.13 Uhr

    Wie viele haben sich nicht gemeldet?

    Keller-Sutter ist optimistisch, dass sich die Leute melden, denn erst nach der Registrierung haben sie Anspruch auf Krankenversicherung und andere Hilfen. «Sie müssen ja nichts befürchten, sie werden nicht weggeschickt.»

  • 15.12 Uhr

    Wie will man Frauenhandel und Prostitution verhindern?

    Keller-Sutter sagt, die Gefahr der Ausbeutung von Frauen bestehe natürlich. Man müsse das sicher gut begleiten, gerade mit der Flüchtlingshilfe, die das Mandat hierfür habe. Fässler ergänzt, man könne den Missbrauch am ehesten verhindern, indem man nahe an den Personen bleibe und sie aufkläre, etwa über Flyer, sodass sie nicht auf etwa dubiose Angebote hereinfallen würden.

  • 15.10 Uhr

    Wie werden die Kinder eingeschult?

    Er werden viele Kinder erwartet, sagt Fässler: Die wenigsten Lehrer*innen können hierzulande Ukrainisch sprechen. Das sei eine grosse Herausforderung: Womöglich könnten geflüchtete Lehrer*innen oder auch Mütter aushelfen. Vielleicht könnten auch kleine Spezialklassen gebildet werden. Die Organisation sei nicht einfach, doch man habe in der Sache auch Erfahrung von früheren Krisen. Keller-Sutter ergänzt, 40 Prozent der Geflüchteten seien minderjährig.

  • 15.05 Uhr

    Müssen Geflüchtete ukrainische Papiere vorweisen?

    Wer ohne Papiere kommt, muss überprüft werden, erklärt Schraner Burgener. Dazu würden Befragungen durchgeführt, die belegen sollen, dass die Personen wirklich aus der Ukraine kommen. Solche Abklärungen können bis zu drei Tage dauern.

  • 15.02 Uhr 

    Mit welchen Berufen kommen die Flüchtlinge?

    Fässler sagt, man habe dazu keine konkreten Informationen. Man gehe jedoch davon aus, dass die Flüchtenden über gute berufliche Qualifikationen verfügen würden. Man wolle, dass sie ihre Qualifikationen erhalten würden und deshalb möglichst im entsprechenden Bereich arbeiteten. Auch gerade, wenn sie wieder in die Ukraine zurückkehren würden, um das Land wieder aufzubauen. Am wichtigsten sei in diesem Bezug der Spracherwerb, so Fässler.

  • 14.59 Uhr

    Wie viel Geld werden die Kantone brauchen?

    Lienhard antwortet, die Kantone glaubten wie der Bund, dass der Schutz an erster Stelle stehe. Die Geflüchteten sollten nach Möglichkeit schnell arbeiten dürfen. Der Spracherwerb stehe im Zentrum. Sobald die Bedürfnisse bekannt seien, könne sie mehr dazu sagen, wie teuer die Integrationsmassnahmen sein könnten.

  • 14.56 Uhr

    Wie stellt man sicher, dass Private für die Aufnahme von Flüchtlingen geeignet sind?

    «Die Schweizer Flüchtlingshilfe prüft die Angebote ganz genau», sagt Schraner Burgener. Man müsse allerdings sicherstellen, dass die Flüchtenden in der Schweiz in Sicherheit seien. Man erarbeite deshalb bereits einen Flyer, auch bleibe die Flüchtlingshilfe in Kontakt mit den entsprechenden Personen. «Wir müssen sicherstellen, dass wir diese Leute nicht nochmals in Gefahr bringen oder traumatisieren», so Schraner Burgener.

  • 14.55 Uhr

    Was ist mit Wertsachen und der Sicherheit?

    Werden Geflüchteten Wertsachen abgenommen? Das Asylgesetz sehe das vor, so Keller-Sutter. Das geschehe auch zur eigenen Sicherheit der Geflüchteten. Doch diese Bestimmung ist bei jenen, die privat untergebracht sind, sistiert. Deren Sicherheit soll durch die Flüchtlingshilfe garantiert werden, ergänzt sie. Obwohl die Sicherheitsprüfung der Geflüchteten verkürzt wird, macht sich Keller-Sutter keine Sorgen: Frontex überprüfe schon bei der Einreise in die EU die Leute, sodass sie nicht damit rechnet, dass Kriminelle oder Terroristen kommen.

  • 14.52 Uhr

    Was bedeutet der rückkehrorientierte Status?

    Keller-Sutter sagt, auch die vorläufige Aufnahme sei bislang eigentlich rückkehrorientiert. Allerdings würde diese selten umgesetzt. Ebenfalls sei der Status S rückkehrorientiert. Es sei ein kollektiver Schutz für eine bedrohte Gruppe. Momentan sei das natürlich auch etwas widersprüchlich. 70 Prozent der Ankommenden seien derzeit Frauen und Kinder – und diese wollten wieder zurück zu ihren Männern in die Ukraine. Wie es aber laufen werde, könne man derzeit nicht sagen. Der Schutzstatus S wolle hierbei unbürokratisch helfen.

    Der S-Status sei von Vorteil, weil man sich gleich auf die Suche nach Arbeit machen könne, ergänzt Schraner Burgener – und er entlaste das System für andere Flüchtlinge, mit denen man rechnen müsse.

  • 14.49 Uhr

    Wie lange hält die Solidarität an?

    Eine Million Geflüchtete pro Woche, das habe es noch nie gegeben, sagt Karin Keller-Sutter. Es könnte bis zu 15 Millionen Ukrainer geben, die ihr Land verlassen. «Was mir schon durch den Kopf geht: Es gibt grosse Solidarität in der Bevölkerung, aber die müssen wir auch über eine Zeit behalten. Darauf müssen wir uns auch einstellen», gibt sie zu bedenken. Die Migrationsbewegungen sollten Europa womöglich auch destabilisieren, doch es sei wohl nicht mit jener Solidarität gerechnet worden, schliesst Keller-Sutter.

  • 14.43 Uhr

    Die Fragerunde ist eröffnet

    Wie werden die Flüchtlinge auf die Kantone verteilt, will ein Journalist wissen.

    Die Staatssekretärin für Migration Christine Schraner Burgener sagt, man werde erst mit den Flüchtlingen und der Schweizer Flüchtlingshilfe Gespräche führen, etwa, ob sie in die Nähe von Verwandten wollten oder ob sie niemanden in der Schweiz hätten, und auf dieser Basis versuchen, sinnvolle Lösungen zu finden.

    Pro Jahr stehen pro Person 18'000 Franken für die medizinische Versorgung oder Bildung zur Verfügung, erklärt Christine Schraner Burgener vom SEM.

  • 14.42 Uhr

    Sprachkenntnisse werden gefördert

    Auch Fässler betont die Bedeutung von Sprachkenntnissen und begrüsst, dass Bund und Kantone hier tätig werden wollen. Die therapeutische Betreuung erachtet er ebenfalls als wichtig. Fässler endet mit einem Appell: «Wir wissen, dass wir grosse Herausforderungen haben. Es wird nicht alles von der ersten Stunde an perfekt funktionieren.» Er plädiert deshalb für Nachsicht und Geduld: Der Fokus liege auf den Betroffenen.

  • 14.39 Uhr

    Versuch einer Normalisierung

    «Gestern sind in Buchs 750 Geflüchtete angekommen», so Fässler. Er begrüsse «ausserordentlich», dass nun der Schutzstatus S aktiviert sei.  Nun sei es wichtig, den Menschen «einen normalisierten Alltag zu ermöglichen.» Er rechne nicht mit einem baldigen Ende der Kämpfe. Zu einer Normalisierung gehöre der Besuch der Schule, der «nicht ganz einfach zu organisieren» sei. Den Leuten müsse eine «Tagesstruktur» gegeben werden und sie müssten ihren Fähigkeiten entsprechend arbeiten, um nicht im Tieflohn-Sektor zu landen.

  • 14.37 Uhr

    Private sollen unterstütz werden

    Regierungsrat Fredy Fässler will «möglichst unbürokratisch Leid lindern»: Auch er zeigt sich erfreut über die Reaktion der Schweizer*innen. Aber: «Die privaten Initiativen werden wohl nicht ohne Unterstützung durch staatliche Organe auskommen.»

  • 14.34 Uhr

    «Mein grösster Dank aber gilt der Bevölkerung»

    Wie das finanziert werde, stehe noch aus, sagt Lienhard. Doch sie zeigt sich zuversichtlich und lobt die «gute Zusammenarbeit» auch mit den Sozialpartnern. «Mein grösster Dank aber gilt der Bevölkerung: Wir erleben eine beispiellose Welle der Solidarität.»

  • 14.33 Uhr

    Sprachkenntnisse fördern

    Die Registrierung, Überprüfung und der Sicherheitscheck seien unkompliziert und konstruktiv geregelt worden: Es sei nicht die erste Herausforderung im Asylbereich, die Bund und Kantone meistern müssten, so Lienhard: «Die Behörden sind insgesamt gut aufgestellt.» Das Personal werde nun aufgestockt und Unterkünfte gesucht, um die Menschen «würdig aufzunehmen». Eine Unterstützung werde nötig sein – etwa beim Erwerb der Sprache. Auch psychologische Betreuung könnte nötig werden: Hilfe sei hier bereits angedacht.

  • 14.30 Uhr

    Familiennachzug gewährleistet

    Landammann Marianne Lienhard ergänzt, der Schutzstatus S biete «einige Vorteile»: Betroffene hätten schnell Gewissheit, weil das Verfahren wegfalle und weil es keine Wartefristen gebe. Was die Fähigkeit zu arbeiten angeht, sei man allerdings noch skeptisch. Die Existenzsicherung und Krankenversicherung sei nun aber durch die Kantone möglich und der Familiennachzug sei gewährleistet.

    Bundesrätin Karin Keller-Sutter (zweite-rechts) spricht an der Seite von Regierungsrat Fredy Fässler, Landammann Marianne Lienhard (von links) und Vizekanzler Andre Simonazzi (rechts) auf der Medienkonferenz.
    Bundesrätin Karin Keller-Sutter (zweite-rechts) spricht an der Seite von Regierungsrat Fredy Fässler, Landammann Marianne Lienhard (von links) und Vizekanzler Andre Simonazzi (rechts) auf der Medienkonferenz.
    Bild: Keystone
  • 14.28 Uhr

    Noch keine Erfahrungen mit Schutzstatus S

    «Rasche und unkomplizierte Hilfe» sei nun möglich, doch es gebe noch keine Erfahrungen mit dem Status S, gibt Keller-Sutter zu bedenken. Es werde auch Pannen geben, doch «entscheidend ist das Ergebnis, dass die Leute bei uns Schutz finden.»

  • 14.26 Uhr

    Auch Nicht-Ukrainer werden geschützt

    Personen, die sich regulär in der Ukraine aufgehalten haben und nicht zurückkönnen, sollen ebenfalls den Status S bekommen – sowohl in der EU als auch in die Schweiz. Voraussetzung sei eine gültige Aufenthaltsberechtigung in der Ukraine. Ausserdem dürfen Betroffene nicht bereits in anderen Ländern als Geflüchtete anerkannt sein. Die Beschlüsse seien einstimmig gefallen, unterstreicht Keller-Sutter.

  • 14.24 Uhr

    Erleichterungen bei Arbeit und Reisen

    Die Wartefrist von 90 Tagen, die eingehalten werden muss, um zu arbeiten, entfällt nach einem entsprechendem Beschluss des Bundesrats. Kinder sollen in die Schule gehen und ihre Eltern sich ebenfalls beschäftigen dürfen. Nächste Woche wird sich Keller-Sutter deshalb mit den Sozialpartnern treffen. Die Bewilligungspflicht für Reisen, die beim Status S gilt, soll ebenfalls entfallen, wie der Bundesrat entschieden hat.

  • 14.23 Uhr

    «Kollektiver Schutz»

    Bund und Kantone stünden nun gemeinsam vor dieser Herausforderung: «Wir müssen flexibel sein», sagt Keller-Sutter. Der Status S sei ein «kollektiver Schutz». Betroffene könnten auch nach 90 Tagen in der Schweiz bleiben, ohne Asyl beantragen zu müssen. Es sei eine «mit der EU koordinierte Lösung»: «Wir dürften sehr zeitgerecht sein und vielleicht sogar Vorlauf haben», so Keller-Sutter.

  • 14.20 Uhr

    Geflüchtete erhalten Schutzstatus S

    «Seit Beginn des Krieges sind 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen», beginnt Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Die meisten seien in Polen – und «zunehmend» kommen auch mehr in die Schweiz: 2111 Geflüchtete sind offiziell in der Schweiz angekommen, wobei sich nicht alle von ihnen bei den Behörden gemeldet hätten. «Diese Menschen würden wohl lieber heute als morgen nach Hause.» Weil das nicht realistisch sei, werde ihnen erstmals in der Geschichte der Schweiz der Schutzstatus S ausgestellt. Er gilt ab Mitternacht.

    Bundesrätin Karin Keller-Sutter spricht an einer Medienkonferenz über die Ukraine-Krise und die Aufnahme von geflüchteten Personen. 
    Bundesrätin Karin Keller-Sutter spricht an einer Medienkonferenz über die Ukraine-Krise und die Aufnahme von geflüchteten Personen. 
    Bild: Keystone
  • 14.16 Uhr

    Beginn der Medienkonferenz

    Jetzt geht's los.

Die Ausgangslage

Bis Donnerstag wurden in der Schweiz 1'624 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Laut Bundesrätin Karin Keller-Sutter wird im Zuge des Krieges aber mit bis zu 60'000 Schutzsuchenden hierzulande gerechnet.

Die Aufnahme der Flüchtlinge werde sicher nicht reibungslos ablaufen, sagte Keller-Sutter im Gespräch mit «Blick TV» und bat um Verständnis: «Es kann zu Fehlern und Pannen kommen.»

Um das Prozedere für die Flüchtlinge einfacher zu machen und um das Asylsystem zu entlasten, will der Bundesrat erstmals den nach den Jugoslawien-Kriegen geschaffenen Schutzstatus S aktivieren. Auch die Kantone stellen sich hinter diesen Schritt, fordern aber Geld für Integrationsmassnahmen.

Mit dem Schutzsstaus S würden Geflüchtete rasch ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz erlangen und müssten dafür kein ordentliches Asylverfahren durchlaufen. Es wird erwartet, dass der Bundesrat den Schutzstatus S heute aktiviert.

Ab 14.15 informiert Bundesrätin Keller-Sutter in einer Medienkonferenz zu den Entscheiden des Bundesrats hinsichtlich der Aufnahme von Flüchtlingen.

Vor die Presse treten

  • Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Vorsteherin Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)
  • Landammann Marianne Lienhard, Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK)
  • Regierungsrat Fredy Fässler, Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD)