Drei Mitglieder verurteilt Berner gibt sich als Hells Angel aus – echte Rocker verprügeln ihn

Lea Oetiker

20.1.2025

Letzte Woche mussten sich drei Hells Angels in Bern vor Gericht verantworten. (Archivbild)
Letzte Woche mussten sich drei Hells Angels in Bern vor Gericht verantworten. (Archivbild)
Keystone

Ein 27-jähriger Berner gab sich als Hells-Angels-Mitglied aus, um bei einem Schuldner Druck zu machen. Der Bluff flog auf und die Situation eskalierte. Letzte Woche standen nun drei Mitglieder des Motorradclubs vor Gericht.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein 27-Jähriger gab sich als Hells Angel aus und lernte danach die echten Hells Angels kennen.
  • Das Gericht verurteilte drei Mitglieder des Motorradclubs wegen der Strafaktion zu Freiheitsstrafen.
  • Das Opfer steht ebenfalls vor Gericht.

Ein 27-jähriger Berner wollte bei einem Schuldner Druck machen, also gab er sich als Mitglied der Hells Angels aus. Die Strategie funktionierte so gut, dass sich die Mutter des Schuldners grosse Sorgen machte. Via Kontaktformular meldete sie sich bei dem Berner Motorradclub. Da flog der Fake-Angel auf.

Daraufhin zitierten die Hells Angels Bern den falschen Engel in ihr Clublokal im Westen der Stadt, um «das Problem zu regeln», schreibt die «Berner Zeitung». Dort verprügelten sie ihn im Juni 2022 und wollten von ihm 15'000 Franken als Wiedergutmachung, dass er ihren Namen durch den Dreck gezogen hatte. Sollte er nicht zahlen, drohten sie ihm, mit einem Seitenschneider die Finger abzuschneiden.

Als der 27-jährige das Clublokal verlassen durfte, ging er direkt ins Spital. Dort wurden verschiedene Verletzungen diagnostiziert: Rissquetschwunde am Hinterkopf, ein Schädel-Hirn-Trauma, Schürfwunden und Blutergüsse. Seine Verlobte zeigte die Hells Angels schliesslich an.

Gericht glaubt dem Opfer

Vergangene Woche standen drei der Prügler (28, 38 und 47) wegen versuchter qualifizierter Erpressung vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland. Laut der «Berner Zeitung» hat das Gericht in einer ersten Verhandlung bereits den Schilderungen des Opfers Glauben geschenkt, es ging also nur noch um die Sanktionen.

Die Beschuldigten schwiegen sowohl während der Strafuntersuchung als auch während der Gerichtsverhandlung konsequent.

Zwei der Hells Angels, darunter auch der mutmassliche Präsident des Charters Bern, erhielten Freiheitsstrafen von 28 beziehungsweise 29 Monaten, wovon sie neun beziehungsweise zehn Monate absitzen müssen. Der dritte erhielt eine unbedingte Freiheitsstrafe von 26 Monaten. Vor gut einem Jahr habe er bereits eine bedingte Freiheitsstrafe von 16 Monaten wegen Betrugsdelikten erhalten. Deshalb fiel seine Strafe härter aus.

Von einer Landesverweisung wurde in allen drei Fällen aufgrund der Härtefallklausel abgesehen. Das Gericht blieb beim Strafmass leicht unter den Anträgen der Staatsanwältin. Die zwei Verteidigerinnen und der Verteidiger hatten durchwegs auf bedingte Freiheitsstrafen plädiert.

«Die Reaktion war jenseits und unverhältnismässig»

Gerichtspräsident Peter Müller begründet das Strafmass damit, dass die Hells Angels die Tat im Vorfeld abgesprochen hätten. Das Opfer habe mit seinem Verhalten das Ganze zwar ausgelöst. Aber: «Die Reaktion war jenseits und unverhältnismässig.» Das Opfer leide vor allem psychisch bis heute an den Folgen des Vorfalls.

Das Urteil des Regionalgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hatte während des ersten Teils des Prozesses im vergangenen Frühjahr die Glaubwürdigkeit des Opfers und damit die Schilderung zum Ablauf des Vorfalls stark angezweifelt. Ein Weiterzug ans Obergericht ist wahrscheinlich.

Das 27-jährige Opfer der Hells Angels musste unter anderem wegen Erpressung und versuchten Wuchers selber vor Gericht erscheinen. In diesem separaten Verfahren liegt noch kein rechtskräftiges Urteil vor.