Vor allem ältere Zuschauer der «NDR Talk Show» dürften den früheren Moderator Hermann Schreiber noch kennen. «Klug und zugewandt» heisst es in den Nachrufen auf einen Publizisten, der im Alter von 90 Jahren gestorben ist.
Reportagen, Bücher und vor allem die «NDR Talk Show» bleiben von ihm in Erinnerung: Der frühere «Geo»-Chefredakteur und langjährige Moderator der «NDR Talk Show», Hermann Schreiber, ist tot.
Er sei im Alter von 90 Jahren in der Nacht zu Ostersonntag gestorben, bestätigte ein Sprecher des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr am Dienstag unter Berufung auf die Angehörigen.
Für NDR-Intendant Joachim Knuth hat Schreiber als Moderator Massstäbe gesetzt: «Mit seiner zugewandten und verbindlichen Art hatte er einen erheblichen Anteil daran, dass die «NDR Talk Show» zu einer der grossen Gesprächssendungen im deutschen Fernsehen geworden ist.» Den «herausragenden Journalisten» zeichneten vor allem seine «unbändige Neugierde» auf Menschen und Themen aus, resümierte Knuth.
«Hermann Schreiber gehört zu den grossen Journalisten der Bundesrepublik», teilte G+J-Verlagschefin Julia Jäkel mit. «Klug, feingeistig, abwägend und humorvoll» habe er das Magazin «Geo» in den 80er Jahren in Hamburg entscheidend mitgeprägt. «Gruner + Jahr verneigt sich in Respekt vor diesem Menschenfreund.»
Der aus Ludwigshafen stammende Schreiber war ein Journalist mit Herzblut, der seine Karriere mit dem klassischen Einstieg über ein Volontariat beim «Staatsanzeiger für Württemberg-Baden» begann. Von der anschliessenden «Stuttgarter Zeitung» wechselte er 1964 zum Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Für eine Reportage über den Vietnamkrieg wurde Schreiber 1966 mit dem renommierten Theodor-Wolff-Preis bedacht.
Eine «Spiegel»-Titelgeschichte ging Schreibers vielbeachtetem Buch über die «Midlife Crisis» (1976) voraus, in der er die Krise in der Mitte des Lebens als «Phase der Selbstprüfung und der Neubewertung» ansah. Von 1979 an stieg er vom «Geo»-Chefreporter bis zum Chefredakteur auf und gab diese Funktion im November 1992 auf.
In dieser Zeit – 1979 bis 1993 – brachte Schreiber parallel zu seinen publizistischen Aufgaben mit hartnäckigen und einfühlsamen Fragen die prominenten Gäste der «NDR Talk Show» dem Publikum näher. Live aus der legendären Hamburger Musikkneipe «Onkel Pö», die es längst nicht mehr gibt, begrüsste er am 9. Februar 1979 erstmals gemeinsam mit den Journalisten-Kollegen Dagobert Lindlau und Wolf Schneider die Gäste im Studio und die Zuschauer vor den Bildschirmen.
«Ein Mann sorgfältiger Sprache, der diese Kunst mit zielgenauer Fragestellung an die Interviewpartner verband und damit zeigte, wie Inhalt und Sprachkunst zu ambitionierter Unterhaltung wurden», hielt Peter Schmidt als Vorstandsmitglied der Hamburger Autorenvereinigung fest.
Nach seinem Ausscheiden aus der Talkrunde publizierte Schreiber weiter, darunter ein weiteres Werk über den früheren Bundeskanzler Willy Brandt und dessen Rücktritt. Zuvor hatte er sich ausführlich mit dem Sterben auseinandergesetzt und mit «Das gute Ende. Wider die Abschaffung des Todes» (1996) ein Tabu-Thema aufgegriffen.
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