Republikaner Bolton warnt Wenn Trump gewinnt, «ist die Nato am Ende»

phi

12.1.2024

New Yorker Betrugsprozess vor Abschluss: Trump teilt erneut aus

New Yorker Betrugsprozess vor Abschluss: Trump teilt erneut aus

New York, 12.01.2024: Er kann es nicht lassen: Zum Abschluss des New Yorker Betrugsprozesses gegen ihn hat der ehemalige US-Präsident Donald Trump den Richter und die Generalstaatsanwältin noch einmal verbal attackiert. Richter Arthur Engoron habe «seine eigene Agenda» und Generalstaatsanwältin Letitia James «hasst Trump und benutzt Trump, um gewählt zu werden», wetterte Trump.

12.01.2024

John Bolton glaubt, dass in seiner Republikanischen Partei nur jeder Dritte Donald Trump unterstützt. Eine zweite Amtszeit würde «enormen Schaden» anrichten – aber übertreiben solle man die Gefahr auch nicht.

P. Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Republikaner John Bolton sieht Donald Trumps Basis in seiner Partei bei 30 bis 35 Prozent.
  • Bolton beschreibt, dass Trump bereits 2018 kurz davor war, die USA aus der Nato zurückzuziehen.
  • Für Bolton gibt es «keinen Zweifel», dass Trump bei einer zweiten Amtszeit das Vorhaben durchzieht: Dann «ist die Nato am Ende».
  • Ein solcher Schachzug würde Länder wie Japan, Südkorea oder Australien negativ beeinflussen. Der Schaden wäre kaum reparabel.
  • Ein Trump-Sieg würde auch das Ende des ukrainischen Widerstands gegen die russische Invasion bedeuten, fürchtet Bolton.
  • Mit Blick auf die US-Demokratie sagt Bolton, man dürfe die Gefahr nicht unterschätzen – aber auch nicht übertreiben.

John Bolton ist eine schillernde Figur der amerikanischen Konservativen. Seine Karriere begann der Jurist als Staatsanwalt im Justizministerium unter dem republikanischen Präsidenten Ronald Reagan, der ihn prägte. Nach Stationen im Aussenministerium wird er unter George W. Bush US-Botschafter bei den UN. Der Neukonservative gilt als Falke innerhalb seiner Partei.

Von 2018 bis 2019 ist Bolton Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater, doch die beiden überwerfen sich: So rückt Donald Trump von seinem Vorhaben ab, einen Regimewechsel im Iran zu erzwingen und geht auf Kuschelkurs mit Nordkorea. 2020 bringt Bolton das Enthüllungsbuch «The Room Where It Happened» über seine Erlebnisse im Weissen Haus heraus.

Donald Trump (links) und John Bolton im September 2018 in New York.
Donald Trump (links) und John Bolton im September 2018 in New York.
EPA

Nun hat Bolton dem Times Radio ein Interview gegeben: Er warnt vor einem «enormen Schaden», den eine zweite Amtszeit Trumps anrichten würde, das potenzielle Ende der Nato und alternative Kandidaten.

Wird Trump sicher der Kandidat der Republikaner?

John Bolton: «Wenn man heute wetten müssten, ob er der Kandidat wird, wäre das eine ziemlich sichere Wette. Aber es ist nicht sicher. Und der Rückzug von Chris Christie schafft die Möglichkeit, dass entweder Nikki Haley oder Ron DeSantis eine Chance bekommen, ihn zu schlagen. Meiner Meinung nach unterstützen nur 30 oder 35 Prozent in der Republikanischen Partei Trump. Sein Rückhalt ist wegen dieser Gerichtsverhandlungen jedoch gewachsen: Die Leute glauben, dass die Prozesse unfair angestossen worden sind. Darüber kann man streiten.»

Die Republikaner Ron DeSantis (von links), Nikki Haley und Chris Christie am 8. November in Miami FL.
Die Republikaner Ron DeSantis (von links), Nikki Haley und Chris Christie am 8. November in Miami FL.
AP

Gibt es bei den Republikanern das Bedürfnis nach einer Alternative?

«Ich denke, ich kann sagen, dass ich für viele Leute spreche, die Trump nicht als Kandidat sehen wollen: Wir würden eher eine Pappfigur unterstützen als Donald Trump. Ich denke, für das Wohl der Nation und der Republikanischen Partei wäre es das beste Ergebnis, wenn Trump durch Unfähigkeit, die republikanische Nominierung zu bekommen, aus der US-Politik eliminiert wird. Das ist sehr schwer, aber das wäre die Art, es zu beenden, die ich bevorzugen würde.»

Hat Trump seine Bemerkung über die Nato im Jahr 2020 ernst gemeint?

«Ich war offensichtlich nicht dabei: Ich hatte die Administration bis dato verlassen. Aber ich glaube diese Geschichte. Ich bin mir sicher, dass sie wahr es. Sie spiegelt wieder, was Trump gesagt hat, als ich noch Nationaler Sicherheitsberater war. Ich schreibe darüber in meinem Buch. Es war 2018 beim Nato-Treffen in Brüssel, als er kurz davor war, zu verkünden, die USA zögen sich aus der Nato zurück. Und auch wenn er in der aktuellen Kampagne so tut, als wolle er eine ausgiebige Prüfung des Wertes der Nato, gibt es für mich keinen Zweifel, dass er sich zurückziehen wird, falls er gewählt wird. Es ist eine sehr, sehr ernste Angelegenheit. Wenn ein Präsident diesen Prozess eines Rückzugs beginnt, sind die Folgen enorm.»

Beinahe-Rückzug: Donald Trump und John Bolton am 12. Juli 2018 beim Nato-Treffen in Brüssel.
Beinahe-Rückzug: Donald Trump und John Bolton am 12. Juli 2018 beim Nato-Treffen in Brüssel.
AP

Was können Nato und Europa tun?

Ich denke ehrlich gesagt, man kann nicht viel tun. Das Repräsentantenhaus hat ein Statut genehmigt, nach dem sich kein Präsident sich aus der Nato zurückziehen kann, ohne dass das Repräsentantenhaus und der Senat zustimmen. Dieses Statut ist fast sicherlich verfassungswidrig. Ich war daran beteiligt, die Vereinigten Staaten aus einer Reihe von Verträgen zu holen, die nicht in unserem Interesse waren. Der Präsident entscheidet selbst [über die Frage eines Rückzugs]: Wenn das passieren sollte, ist die Nato am Ende. Ich weiss nicht, was die Europäer dann tun, aber sie tun es ohne US-Beteiligung. Es würde die Vereinigten Staaten weltweit schwächen, denn unsere bilateralen Alliierten – Japan, Südkorea, Australien und andere – sagen würden: Wenn sich die USA aus der Allianz zurückziehen, die sie vor mehr als 75 Jahren geschaffen und geführt haben, die die erfolgreichste politische Militärallianz der Geschichte ist, werden sie sich sicher nicht um uns kümmern›, und ich befürchte, sie haben Recht.

Wäre Trumps Wahlsieg das Ende des militärischen Widerstandes der Ukraine?

Ich denke, das wäre es. Im Kreml, in Peking und einigen anderen Orten würden die Champagnerkorken knallen. Was Trump gesagt hat – er würde das innert 24 Stunden lösen, indem er Selenskyj und Putin an einen Tisch bringt – ist natürlich kompletter Unsinn. Das würde scheitern. Wir wissen, dass dieses Scheitern nicht Trumps Sache sein würde. Er würde uns sofort erzählen, dass er nicht verantwortlich ist. Die Frage ist, wem er die Schuld geben würde. Und weil Putin Trump während seiner ersten Amtszeit unterstützt hat, bin ich mir sicher, dass Trump Selenskyj die Schuld geben würde.

Schuldfrage klar? Donald Trump trifft am 25. September 2019 den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in New York.
Schuldfrage klar? Donald Trump trifft am 25. September 2019 den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in New York.
AP

Trump sagt, er habe einen Vize im Kopf: Wen?

«Diese Aussage könnte in dem Moment, in dem Trump sie gemacht hat, wahr sein, und die könnte jetzt gerade immer noch wahr sein. Aber es gibt keine Garantie dafür, dass sie morgen wahr sein wird. Es wird über viele Leute spekuliert. Es wäre für jeden Republikaner, der hofft, zukünftig eine verantwortungsvolle Partei zu führen, ein Fehler, die Vize-Präsidentschaft anzunehmen. Es ist einer der Punkte, die Chris Christie bei Nikki Haley angesprochen hat: Christie und Ron DeSantis haben gesagt, sie würden auf keinen Fall Trumps Vize-Präsident sein. Aber Nikki Haley ist dieser Frage ausgewichen. Sie sagt einfach, sie erwarte, dass sie gewinne. Aber in diesem Falle wäre es nicht schlimm, die hypothetische Frage zu beantworten und zu sagen, sie werde nicht die Vizepräsidentin. Mir macht das Sorgen, weil es Trump Legitimität verleihen würde. Alle rechnen mit einer engen Wahl im November. Das wäre eine Hilfe, die er nicht braucht.»

Ist die US-Demokratie in Gefahr, wenn Trump gewinnt?

«Das glaube ich nicht, und ich halte es für einen Fehler, die Bedrohung durch Trump zu übertreiben. Ich denke, eine zweite Amtszeit würde enormen Schaden anrichten. Allein der Rückzug aus der Nato wäre eine Katastrophe, die nicht zu reparieren wäre. Aber die Idee, dass eine Person – Donald Trump oder sonstwer – die Verfassung, unsere Institutionen, die Ansichten des amerikanischen Volkes kippen kann, überspitzt die Natur der Bedrohung. Ich versuche nicht, sie runterzuspielen. Ich sage bloss: Man muss versuchen, sie akkurat zu analysieren und nicht zu übertreiben oder zu untertreiben. Das Römische Reich ist auch nicht nur wegen Julius Caesar untergegangen. Und nebenbei: Donald Trump ist kein Julius Caesar.»