Ukraine-ÜberblickUkrainische Armee verkündet Rückzug aus Lyssytschansk
Agenturen/Red.
3.7.2022
Lukaschenko wirft Ukraine Raketenangriffe auf Belarus vor
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat der Ukraine einen versuchten Raketenbeschuss seines Landes vorgeworfen und eine indirekte Warnung an Kiew und den Westen ausgesprochen.
03.07.2022
Der Krieg in der Ukraine hält an. Während die russischen Truppen weiter vorrücken, konkretisieren sich die Pläne für die Wiederaufbau-Konferenz von Lugano. Diese startet morgen. Die Entwicklungen im Tages-Überblick.
Agenturen/Red.
03.07.2022, 22:00
04.07.2022, 07:12
Agenturen/Red.
Das Wichtigste in Kürze
Nach wochenlangen Kämpfen hat die ukrainische Armee ihren Rückzug aus der Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes verkündet.
Bei einem russischen Angriff auf Slowjansk im Osten der Ukraine sind nach Behördenangaben mindestens sechs Menschen getötet worden.
In einer russischen Grenzstadt sollen nach einer Explosion drei Menschen ums Leben gekommen sein.
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal ist im Tessin eingetroffen. Er nimmt am Montag und Dienstag in Lugano an der Konferenz über den Wiederaufbau der Ukraine teil.
In der Schweiz meldeten sich jüngst weniger Asylsuchende aus der Ukraine an. Momentan seien es rund 100 Gesuche pro Tag, zuvor waren es zweitweise bis zu 1800 täglich.
Alle Ereignisse von Samstag kannst du hier nachlesen.
Ukraine macht Teilnahme am G20-Gipfel von Kriegsverlauf abhängig
Die Ukraine macht ihre Teilnahme am G20-Gipfel im November in Indonesien von der Situation im Land und von Kriegsgegner Russland abhängig. «Unsere Teilnahme hängt von der Russischen Föderation ab, ob sie dort anwesend sein wird», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag der Agentur Interfax-Ukraine zufolge in Kiew. «Ich habe dem indonesischen Präsidenten (Joko Widodo) gesagt, dass wir für die Einladung dankbar sind, aber wir haben eine Sicherheitslage.»
Er habe Zweifel, ob viele Staaten am Gipfel teilnehmen werden, falls Vertreter Russlands dort hinfahren, sagte Selenskyj. Falls es gar zu weiterer Gewalt russischer Soldaten gegen ukrainische Zivilisten komme, wie die Ermordung von Einwohnern im Kiewer Vorort Butscha, müsse Russland mit einer «vollständigen Isolation» rechnen.
19.17 Uhr
Tschechien schützt Luftraum der Slowakei für Ukraine-Hilfe
Tschechien hilft ab September den Luftraum der Slowakei zu schützen, damit diese ihre Kampfflugzeuge an die von Russland angegriffene Ukraine übergeben kann. Das kündigte der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala am Sonntag im TV-Sender CT an. Dem im Juni von der Slowakei gestellten Antrag werde die Regierung in Prag natürlich entsprechen. «Ich denke, das ist ein schönes Beispiel nicht nur für Verteidigungs-Zusammenarbeit, sondern auch gegenseitiges Vertrauen», sagte Fiala.
Der mit ihm gemeinsam in die Sendung eingeladene slowakische Ministerpräsident Eduard Heger dankte ihm dafür und erinnerte daran, dass auch bereits tschechische Nato-Soldaten in der Slowakei stationiert seien. Die seit 2004 der Nato angehörende Slowakei grenzt direkt an die Ukraine. Bereits Ende April hatten der slowakische und polnische Verteidigungsminister gemeinsam bekannt gegeben, dass auch Polen mithelfe, den slowakischen Luftraum zu schützen, bis die Slowakei wieder eigene Kampfflugzeuge habe.
Ziel der Vereinbarungen mit Tschechien und Polen ist vor allem, der Slowakei zu ermöglichen, dass sie ihre eigenen Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 an die Ukraine übergeben kann. Wann dies geschehen wird, wollte Heger nicht konkretisieren.
19.05 Uhr
Ukrainische Armee verkündet Rückzug aus Lyssytschansk
Nach wochenlangen Kämpfen hat die ukrainische Armee ihren Rückzug aus der Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes verkündet. «Um das Leben der ukrainischen Verteidiger zu schützen, wurde die Entscheidung getroffen, sich zurückzuziehen», teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte am Sonntagabend in einer Erklärung mit. Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj die Angaben Russlands zur vollständigen Einnahme der Stadt noch zurückgewiesen.
Der Generalstab verwies in seiner Erklärung auf die zahlenmässige und materielle Überlegenheit der russischen Armee.
Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, mit der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt sei die gesamte Donbass-Region Luhansk «befreit» worden. Die ukrainische Armee hatte dies zunächst dementiert.
17.03 Uhr
Ukrainischer Ministerpräsident im Tessin eingetroffen
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal ist im Tessin eingetroffen. Er landete am Sonntagmittag in Agno, bevor er am Montag und Dienstag in Lugano an der Konferenz über den Wiederaufbau der Ukraine teilnimmt.
Bundespräsident Ignazio Cassis empfing Schmyhal am Flughafen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete. Cassis wurde vom Tessiner Regierungspräsidenten Norman Gobbi und dem Stadtpräsidenten von Lugano, Michele Foletti, begleitet.
Schmyhal leitet eine offizielle Delegation von über 60 Personen, darunter sieben Minister. Hinzu kommen rund 15 Parlamentarier, die mit einer Delegation ihrer Schweizer Amtskolleginnen und -kollegen zusammentreffen werden, sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und des Privatsektors.
15.40 Uhr
Mindestens sechs Tote bei russischem Angriff auf Slowjansk
Bei einem russischen Angriff auf Slowjansk im Osten der Ukraine sind nach Behördenangaben mindestens sechs Menschen getötet worden. Zudem seien 15 Menschen verletzt worden, teilte am Sonntag eine Sprecherin der Regionalverwaltung von Donezk mit, zu der Slowjansk gehört. Bürgermeister Wadym Liach sprach seinerseits von «vielen Toten und Verletzten».
Die Stadt in der Donbass-Teilregion Donezk sei am Sonntag mit Mehrfachraketenwerfern beschossen worden, sagte der Bürgermeister in einem bei Facebook veröffentlichten Video. Es seien die heftigsten Angriffe «seit langem» gewesen. Es gebe 15 Brände. Ukrainischen Medienberichten zufolge stand unter anderem ein Markt in Flammen. Die Sprecherin der Regionalverwaltung erneuerte den Aufruf an die Menschen in Slowjansk, die Stadt möglichst zu verlassen.
Bürgermeister Liach hatte Russland zuvor bereits vorgeworfen, bei den Angriffen auf die Stadt Streumunition eingesetzt zu haben. Streumunition ist durch internationale Verträge geächtet, welche Moskau allerdings nicht unterzeichnet hat.
14.57 Uhr
Kreml wirft Westen Kriegstreiberei vor
Russland hat dem Westen vorgeworfen, Friedensverhandlungen mit der Ukraine zu verhindern und den Krieg damit in die Länge zu ziehen. «Jetzt ist der Moment, wo die westlichen Länder alles auf eine Fortsetzung des Kriegs setzen», sagte Kremlsprecher Dmitry Peskov am Sonntag im Staatsfernsehen. Unter Führung der USA erlaube der Westen den Ukrainern «weder an Frieden zu denken noch darüber zu reden oder ihn zu besprechen». Damit reagierte Peskov auf Äusserungen westlicher Politiker, die Ukraine nicht zu Verhandlungen drängen zu wollen.
Derzeit gebe es offenbar keinen Bedarf an einer Befriedung der Lage, mutmasste der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Trotzdem werde der Moment für Verhandlungen kommen. Für einen Frieden müsse die Ukraine aber die russischen Forderungen annehmen, sagte Peskov. Als Kriegsziele hat Putin die Anerkennung der völkerrechtswidrig annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Territorium sowie die Abtretung der Gebiete Donezk und Luhansk benannt. Zudem gehe es um «Entnazifizierung» und «Entmilitarisierung» der Ukraine sowie deren Verzicht auf einen Nato-Beitritt.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak reagierte mit den Worten, Russland kenne die Bedingungen für Verhandlungen: Waffenstillstand, Truppenabzug, die Rückkehr entführter Bürger, die Auslieferung von Kriegsverbrechern sowie ein Reparationsmechanismus und die Anerkennung der souveränen Rechte der Ukraine. «Die Zeit wird kommen, und wir werden sie auf Papier festhalten», teilte Podoljak per Twitter mit.
Russland hatte das Nachbarland Ende Februar überfallen. Der russische Angriffskrieg dauert inzwischen mehr als vier Monate.
13:30 Uhr
Ukraine bestreitet russische Berichte über Lyssytschansk
Die Ukraine hat russischen Angaben widersprochen, wonach die Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes von Russland erobert worden sei. Die Stadt stehe nicht unter vollständiger russischer Kontrolle, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kiew am Sonntag dem britischen Sender BBC. Die Situation sei seit einiger Zeit jedoch «sehr intensiv», russische Truppen griffen die Stadt permanent an.
«Für Ukrainer hat der Wert menschlichen Lebens oberste Priorität», sagte der Sprecher weiter. «Deshalb könnten wir uns manchmal aus gewissen Gebieten zurückziehen, um sie in der Zukunft zurückzuerobern.» Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte zuvor gesagt, Russland habe die völlige Kontrolle über Lyssytschansk und das gesamte Gebiet Luhansk.
Der ukrainische Ministeriumssprecher sagte dazu, der Donbass sei nicht verloren, selbst wenn Russland ganz Luhansk erobere. Es gebe dort weitere grosse Städte, vor allem im Gebiet Donezk, die unter ukrainischer Kontrolle seien. «Diese Städte waren in den vergangenen Tagen Ziel schwerer Raketenangriffe und von Artilleriebeschuss. Aber der Kampf um den Donbass ist noch nicht vorbei.»
In Lyssytschansk lebten vor Beginn des Kriegs mehr als 100'000 Menschen. Die Nachbarstadt Sjewjerodonezk hatte Russland zuvor schon erobert. Der Krieg dauert inzwischen schon mehr als vier Monate.
12:01
Russland meldet Einnahme von Lyssytschansk
Russland hat nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu die einstige Grossstadt Lyssytschansk im Osten der Ukraine eingenommen. Damit habe man auch die völlige Kontrolle über das Gebiet Luhansk, meldete Schoigu nach einem Bericht der Agentur Interfax an Präsident Wladimir Putin. Von ukrainischer Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Von unabhängiger Seite lassen sich Berichte aus den Kampfgebieten kaum überprüfen.
9:00 Uhr
Explosionen in besetzter Grossstadt Melitopol im Süden der Ukraine
Die von russischen Truppen besetzte Grossstadt Melitopol im Süden der Ukraine ist in der Nacht zum Sonntag von Dutzenden Explosionen erschüttert worden. Mehr als 30 Geschosse seien auf einen der vier russischen Militärstützpunkte in der Stadt abgefeuert worden, teilte der ukrainische Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fjodorow, am Sonntag in einer auf seinem Telegram-Kanal verbreiteten Videoansprache mit. Der Stützpunkt sei damit ausser Gefecht gesetzt worden. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen.
Laut Fjodorow wurden Militärgerät und mehrere Treibstofflager getroffen. Daher hielten die Explosionen auch Stunden nach den Angriffen noch an. Tatsächlich sind in den sozialen Netzwerken Bilder und Videos aufgetaucht, die Rauchwolken über der Stadt zeigen. Zugleich wurde bekannt, dass Ein- und Ausfahrt aus der Stadt gesperrt wurden. Nach Aussagen Fjodorows wurde zudem ein russischer Zug zum Entgleisen gebracht. Dieser habe Nachschub für die russischen Besatzer in die Stadt bringen sollen.
Während die russischen Truppen nach Beginn ihrer Invasion Melitopol relativ schnell erobern konnten, gibt es in der zweitgrössten Stadt des Gebiets Saporischschja nach wie vor Widerstand gegen die russische Besetzung. So wurden zuletzt vermehrt Partisanenaktivitäten und Anschläge auf prorussische Beamte in der Region gemeldet. Die Front zwischen russischen und ukrainischen Truppen verläuft derweil rund 60 Kilometer nördlich der Grossstadt.
8:16 Uhr
Russische Truppen fassen in Lyssytschansk Fuss
Die russischen Truppen sind nach ukrainischen Angaben in Lyssytschansk eingerückt. «Im Raum Donezk konzentrieren sich die Okkupanten darauf, ihre Positionen in den Städten Lyssytschansk und Werchnjokamjanka zu festigen», teilte der ukrainische Generalstab am Sonntag mit. Auch der ukrainische Militärgouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, bestätigte auf seinem Telegram-Kanal, dass die Russen weiter vorgerückt «und im Bezirk Lyssytschansk Fuss gefasst» hätten. Unklar ist noch, ob ukrainische Einheiten in der Stadt sind.
Am Samstag hatten die prorussischen Separatisten bereits die Einnahme von Lyssytschansk verkündet, Kiew entgegnete darauf, die strategisch wichtige Stadt sei noch unter eigener Kontrolle. Lyssytschansk war nach dem Fall von Sjewjerodonezk der letzte grosse ukrainischkontrollierte Ort im Gebiet Luhansk.
Laut dem Generalstabsbericht gab es zudem russische Angriffe in Richtung Charkiw und Slowjansk. In beide Richtungen seien die russischen Attacken zurückgeschlagen worden.
8:00 Uhr
Drei Tote bei Explosion in russischer Grenzstadt
Bei Explosionen in der russischen Stadt Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine sind nach Angaben des Gouverneurs der Region drei Menschen ums Leben gekommen. Das schrieb Wjatscheslaw Gladkow am Sonntag laut Agentur Tass im Nachrichtendienst Telegram. Vier weitere Menschen seien verletzt worden, darunter ein zehnjähriges Kind. Darüber hinaus seien 50 Häuser beschädigt worden. Die Ursachen des Vorfalls würden untersucht, das Luftabwehrsystem werde voraussichtlich aktiviert. Die Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar.
Russland hat am 24. Februar einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen und beklagte seitdem wiederholt auch Angriffe auf sein eigenes Staatsgebiet. Neben Belgorod werfen auch andere russische Regionen - darunter Kursk und Brjansk - der ukrainischen Seite immer wieder Beschuss vor. Kiew äussert sich zu den Vorwürfen in der Regel nicht.
7:00 Uhr
Ukraine soll bei Wiederaufbau den Lead haben
In Lugano beginnt am Montag die Ukraine-Konferenz. Ob das von der Schweiz organisierte Treffen von Unterhändlern aus 40 Ländern und 18 Organisationen ein Erfolg wird, hängt wesentlich vom Wortlaut des Abschlussdokuments ab. In der «Lugano Declaration» verpflichten sich die Akteure auf konkrete Prinzipien für den Wiederaufbau.
Wie gut informierte Quellen der «NZZ am Sonntag» berichteten, haben sich die Unterhändler von rund 40 Ländern und 18 Organisationen auf folgende Prinzipien geeinigt: Die Ukraine soll beim Wiederaufbau den Lead haben. Zudem verpflichtet sich die Ukraine zur demokratischen Teilhabe, gegen Korruption vorzugehen, die Geschlechtergleichheit zu respektieren und den Reformprozess weiter voranzutreiben.
5:00 Uhr
Asyl-Gesuche aus der Ukraine gehen zurück
In der Schweiz gehen die Asylgesuche aus der Ukraine zurück. Momentan würden noch rund 100 Gesuche pro Tag bearbeitet. Zuvor waren es zeitweise täglich 1800 Gesuche, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter, in einem Interview mit dem «SonntagsBlick» sagte. Bisher hätten in der Schweiz 58'391 Flüchtende den Schutzstatus S beantragt.
Die Bundesrätin rechnet nicht mit einem schnellen Ende des Ukraine-Krieges. Die Fronten in der Ukraine dürften sich weiter verhärteten, sodass es zu einem langwierigen Abnützungskrieg im Osten und Süden des osteuropäischen Landes kommen dürfte. Doch die russische Invasion sei nicht die einzige Herausforderung. Die globale Wirtschaftslage sei so fragil wie schon lange nicht mehr.