Mord im Konsulat Website veröffentlicht angebliche Zitate zu Khashoggi-Tötung

dpa/uri

21.11.2018

Der getötete saudische Journalist Jamal Khashoggi. (Archiv)
Der getötete saudische Journalist Jamal Khashoggi. (Archiv)
Bild: dpa

«Lassen Sie meinen Arm los», soll Khashoggi gerufen haben. «Verräter», sagte ein Angreifer angeblich. Erstmals zitieren türkische Medien aus Tonaufnahmen zum Mord im saudischen Konsulat in Istanbul.

Sieben Wochen nach dem Mord am Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul hat eine türkische Webseite erstmals angebliche Zitate aus den Tonaufnahmen von der Tat veröffentlicht. Auf den Bändern sei zu hören, wie der Regierungskritiker ruft: «Lassen Sie meinen Arm los, was denken Sie, was Sie da tun», heisst es in dem Bericht des Mediums «Habertürk», den die grosse Zeitung «Hürriyet» am Dienstag aufgriff. «Habertürk» berief sich auf Quellen aus Sicherheitskreisen.

Die türkische Regierung lanciert über Medien seit Wochen Details zum Mord im Konsulat, die Saudi-Arabien schwer belasten. Der Öffentlichkeit hat sie bisher keinen Zugang zu den Tonaufnahmen gewährt.

Khashoggi war am 2. Oktober in das saudische Konsulat im Istanbuler Stadtviertel Besiktas gegangen, um Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen, aber nicht mehr herausgekommen. Saudi-Arabien hatte erst nach massivem internationalem Druck eingeräumt, dass der Regierungskritiker dort getötet wurde.

Geräusche von Schlägen und Folter

Dem «Habertürk»-Bericht zufolge dokumentieren die Tonaufnahmen zunächst eine sieben Minuten lange Auseinandersetzung zwischen Khashoggi und vier Angreifern. Danach sei zu hören, wie Khashoggi in einen anderen Bereich des Hauses gebracht wurde – eine Version, die einer früheren Darstellung widerspricht, wonach er schon kurz nach Betreten des Gebäudes tot gewesen sein soll. Eine zweite Aufnahme aus diesem Teil des Hauses sei vier Minuten lang, berichten «Habertürk» und «Hürriyet» weiter. Zu hören seien nun auch die Geräusche von Schlägen und Folter.

Die Aufnahmen seien aber auch fast zwei Stunden lang unterbrochen worden, vermutlich von Störgeräten der Saudis, hiess es weiter. Aufnahmen vom Todeszeitpunkt selbst scheint es also zumindest dieser Darstellung nach nicht zu geben.

Allerdings soll später einer der mutmasslichen Täter mit den Worten zu hören sein: «Es ist unheimlich, die Kleider eines Mannes zu tragen, den wir vor 20 Minuten getötet haben.» Der Sprecher dieses Satzes sei kurz darauf als Doppelgänger von Khashoggi aufgetreten. Türkische Medien hatten vor einigen Wochen Bilder von einem angeblichen Doppelgänger Khashoggis auf einer Istanbuler Strasse gezeigt.

Insgesamt seien die Stimmen von sieben Männern zu hören, hiess es weiter. Türkische Sicherheitsquellen hätten einen der Sprecher als Mahir Mutrib identifiziert. Er soll gesagt haben: «Verräter. Du wirst zur Rechenschaft gezogen werden.» US-amerikanische Medien hatten Mutrib als regelmässigen Begleiter des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman identifiziert. Seitens des US-Finanzministeriums hiess es vergangene Woche, die Mord-Operation sei von Mutrib koordiniert worden.

Hinweise auf Beteiligung des Thronfolgers

Mutribs Stimme sei auch in 19 Telefongesprächen mit Saudi-Arabien zu hören, berichten die beiden türkischen Medien weiter. Vier dieser Gespräche seien mit dem persönlichen Berater des Kronprinzen, Saud al-Kahtani, geführt worden. Sollte das zutreffen, würde sich der Verdacht auf eine Beteiligung höchster saudischer Regierungkreise bis hin zum Thronfolger erhärten. Die «New York Times» hatte jüngst von einem Telefonanruf aus dem Konsulat berichtet, bei dem Mutrib dem Gesprächspartner nach der Tat gesagt haben soll, er solle «seinem Chef» Bescheid geben.

Riad hatte Berichte zur Verstrickung Mohammed bin Salmans erst am Montag erneut vehement zurückgewiesen. «Wir im Königreich wissen, dass solche Behauptungen gegen den Kronprinzen völlig falsch sind», sagte der saudische Aussenminister Adel al-Dschubair der von Saudi-Arabien finanzierten Tageszeitung «Al-Sharq al-Awsat». König Salman und der Thronfolger seien eine «rote Linie», warnte Al-Dschubair. «Wir werden keine Versuche zulassen, sie anzutasten, von wem auch immer und unter welchem Vorwand auch immer.» Bei den Vorwürfen handele es sich um Medienberichte, Offizielles aus den USA gebe es dazu nicht.

Die «Washington Post» hatte unter Berufung auf mehrere Quellen berichtet, die CIA sehe Mohammed bin Salman als Drahtzieher hinter dem gewaltsamen Tod Khashoggis. Das Aussenministerium in Washington stellte aber klar, es sei noch keine abschliessende Bewertung getroffen worden. Präsident Donald Trump hatte einen «umfassenden Bericht» zu der Ermordung angekündigt.

Ende der Woche soll der Kronprinz dann erstmals seit Beginn der Khashoggi-Affäre ins Ausland reisen. Von Freitag an besuche er die engen Verbündeten der Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten, bevor er zum G20-Gipfel nach Argentinien fliegen werde, hiess es am Dienstag aus diplomatischen Kreisen in Riad. Auf der Agenda stünden Gespräche über den Krieg im Jemen, den Kampf gegen den Terror und die Stärkung der bilateralen Beziehungen mit den Verbündeten.

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