Klimakonferenz COP27 UNO-Chef Guterres: «Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle»

dpa

7.11.2022 - 14:17

Guterres: Klima-Solidarität oder kollektiver Selbstmord

Guterres: Klima-Solidarität oder kollektiver Selbstmord

UN-Generalsekretär António Guterres hat die zahlreichen Staats- und Regierungschefs bei der Weltklimakonferenz in Scharm el-Scheich gewarnt, dass sie ohne verstärkte Zusammenarbeit im Klimaschutz das Überleben der Menschheit aufs Spiel setzen. Die

07.11.2022

Am Klimagipfel in Ägypten herrscht Alarmstimmung. Die vergangenen acht Jahre waren laut Weltwetterorganisation die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen. UNO-Generalsekretär António Guterres warnt mit deutlichen Worten.

Auf der Weltklimakonferenz in Ägypten hat UN-Generalsekretär António Guterres in düsteren Worten vor den katastrophalen Folgen der Erderhitzung gewarnt. «Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuss auf dem Gaspedal», sagte Guterres am Montag in einer Rede vor Dutzenden Staats- und Regierungschefs in Scharm el Scheich. «Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren», warnte er mit Blick auf von der Klimakrise ausgelöste Dürren, Überschwemmungen, Unwetter und steigende Meeresspiegel.

Guterres warnte, das 2015 auf der Weltklimakonferenz in Paris vereinbarte Ziel sei akut gefährdet, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Der Portugiese rief zu einem «Klima-Solidarpakt» auf, den wohlhabende Staaten jetzt mit Schwellen- und Entwicklungsländern schliessen müssten. Dabei stünden die USA und China besonders in der Verantwortung. Wörtlich sagte er: «Die Menschheit hat eine Wahl: zusammenzuarbeiten oder unterzugehen!»

«Es gibt grosse Erwartungen für gute Ergebnisse»

Am Montag trafen bei der diesjährigen Weltklimakonferenz, genannt COP27, unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro und der emiratische Präsident Mohammed bin Sajid ein. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi eröffnete das Gipfel-Segment der zweiwöchigen Konferenz.

«Es gibt grosse Erwartungen für gute Ergebnisse», sagte Al-Sisi. «Millionen Menschen rund um den Planeten haben ihre Blicke auf uns gerichtet.» Die Konsequenzen durch klimabedingte Wetterereignisse seien nie so verheerend gewesen wie heute. «Wir haben eine Katastrophe nach der anderen erlebt. Sobald wir eine Katastrophe bewältigen, entsteht eine andere – Welle für Welle.» Die Erde habe sich in eine «Welt des Leids» verwandelt, sagte Al-Sisi.

Die weltweite Durchschnittstemperatur lag zuletzt schätzungsweise rund 1,15 Grad über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit. Jenseits der Grenze von 1,5 Grad droht die Überschreitung gefährlicher Kipppunkte, mit potenziell katastrophalsten Folgen.

Ende des Kriegs in der Ukraine gefordert

Der ägyptische Präsident, der unter anderem bei Militär und Energie eng mit Russland zusammenarbeitet, forderte ein Ende des «Kriegs zwischen Russland und der Ukraine». Der Krieg müsse aufhören, sagte Al-Sisi – ohne Russland für den Angriff direkt verantwortlich zu machen. Russlands Präsident Wladimir Putin wird nicht bei der Konferenz erwartet. In Scharm el Scheich herrschen seit Tagen sehr hohe Sicherheitsvorkehrungen.

«Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren», warnt UN-Generalsekretär Guterres in seiner Eröffnungsrede zum Weltklimagipfel in Ägypten.
«Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren», warnt UN-Generalsekretär Guterres in seiner Eröffnungsrede zum Weltklimagipfel in Ägypten.
Bild: Gehad Hamdy/dpa

Am Montag und Dienstag wurden unter anderem Reden von Bundeskanzler Olaf Scholz, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dem neuen britischen Premierminister Rishi Sunak und dem pakistanischen Regierungschef Shehbaz Sharif erwartet. US-Präsident Joe Biden will am Freitag an der UN-Konferenz teilnehmen. Der Präsident der Afrikanischen Union, Macky Sall, bezeichnete das Treffen als Chance, «Geschichte zu schreiben oder ein Opfer der Geschichte zu werden».

Von der Leyen: Klimawandel ist grösste Herausforderung

Zur Weltklimakonferenz sind etwa 45'000 Teilnehmer vor Ort registriert, die meisten davon als Delegierte von Staaten. In Scharm el Scheich am Roten Meer beraten die Vertreter aus knapp 200 Ländern zwei Wochen lang darüber, wie der Kampf gegen die Erderwärmung noch verstärkt werden kann. Der neue COP27-Präsident Samih Schukri mahnte an, dass alle Massnahmen beim Klimaschutz auf gemeinsamer Grundlage geschehen müssten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter: «Wir stehen vor vielen Herausforderungen, aber der Klimawandel ist die grösste.» Bei der COP27 gehe es darum, gegebene Versprechen umzusetzen. «Wir müssen alles tun, was wir können, um 1,5 Grad in Reichweite zu halten.»

Die Welthandelsorganisation (WTO) schlug vor, den CO2-Fussabdruck des globalen Handels durch niedrigere Zöllen und klimafreundlicheren Warentransport zu reduzieren. Die Liberalisierung des Handels mit nachhaltiger Energietechnologie und umweltfreundlichen Produkten könne den weltweiten Ausstoss des Treibhausgases CO2 um rund 0,6 Prozent verringern, errechnete die WTO in ihrem diesjährigen Welthandelsbericht, der am Montag bei der COP27 vorgestellt wurde.

«Handel ist einer der fehlenden Puzzlesteine für ehrgeizigere und wirksamere Klimaschutzmassnahmen», sagte WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala in Sharm el Scheich. Der Bericht hob hervor, dass die Produktion und der Transport von Exportgütern für knapp 30 Prozent des weltweiten Ausstosses an CO2 verantwortlich sei.

dpa