Donald Trump fiel im Frühjahr oft mit optimistischen Äusserungen zur Gefahr durch das Coronavirus auf. Aus Interview-Mitschnitten geht nun hervor, dass er durchaus ein Bild von den gravierenden Risiken hatte. Eine Sprecherin sagt, er habe Ruhe ausstrahlen wollen.
US-Präsident Donald Trump hat nach eigenen Worten die Coronavirus-Gefahr absichtlich heruntergespielt, um keine Panik auszulösen. Zugleich geht aus am Mittwoch veröffentlichten Auszügen aus Interviews mit dem Journalisten Bob Woodward hervor, dass Trump bereits Anfang Februar informiert war, dass das Virus sich über Luft überträgt und eine höhere Sterberate als eine Grippe aufweist. Öffentlich verwies er in dieser Zeit dagegen auf niedrige Fallzahlen in den USA und behauptete mehrfach, das Virus werde mit der Zeit einfach verschwinden.
In den USA starben rund 190'000 Menschen nach einer Ansteckung mit dem Coronavirus – zum Teil auch weil sie Warnungen von Experten und Vorsichtsmassnahmen wie Masken nicht ernst nahmen.
Trump verteidigte seine Vorgehensweise. «Das Letzte, was man will, ist, Panik im Land auszulösen», sagte er. «Wir wollen Zuversicht zeigen, wir wollen Stärke zeigen.» Zugleich verwies er darauf, Massnahmen wie eine Einschränkung des Reiseverkehrs mit China ergriffen zu haben.
Woodward geniesst im US-Journalismus den Status einer Legende, seit er und sein Kollege Carl Bernstein eine entscheidende Rolle im Watergate-Skandal spielten, der Präsident Richard Nixon 1974 den Job kostete. Sein neues Buch «Rage» (etwa: Wut) erscheint erst kommende Woche. Der Sender CNN berichtete aber über das Buch vorab und veröffentlichte auch kurze Audio-Mitschnitte aus den Interviews.
«Ich spiele es auch immer noch gern herunter»
Darauf ist unter anderem zu hören, wie Trump am 19. März nach der Einleitung «Um ehrlich mit Ihnen zu sein, Bob» sagt: «Ich wollte es immer herunterspielen. Ich spiele es auch immer noch gern herunter, weil ich keine Panik erzeugen will.»
In einem Gespräch am 7. Februar sagte Trump den Aufnahmen zufolge: «Das ist tödliches Zeug.» Menschen müssten nicht erst Kontaktflächen anfassen, um sich anzustecken: «Man atmet einfach Luft ein, und das ist, wie es sich überträgt.» Die Krankheit sei auch «tödlicher» als die Grippe, die pro Jahr 25'000 bis 30'000 Amerikaner das Leben koste. «Wer hätte das jemals gedacht, richtig?», bemerkte der Präsident dazu. Ende Februar sprach Trump unterdessen bei einer Pressekonferenz im Weissen Haus davon, wie wichtig es sei, sich oft die Hände zu waschen und nicht jeden Griff anzufassen – und dass man sich der Krankheit gegenüber genauso wie bei einer Grippe verhalten sollte.
Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany bestritt nicht die Echtheit der Aufnahmen. Sie sagte aber zugleich: «Der Präsident hat die amerikanische Öffentlichkeit nie über Covid belogen.» Es gehöre aber zu seinen Aufgaben, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung die Ruhe behalte. «Der Präsident hat das Virus nie heruntergespielt. Der Präsident hat Ruhe ausgestrahlt. Er war hoffnungsvoll», sagte McEnany. Zugleich habe er frühzeitig Massnahmen wie eine Einschränkung der Einreise aus China ergriffen.
Trumps Herausforderer im Rennen ums Weisse Haus, Joe Biden, griff den Präsidenten unterdessen scharf an. «Er wusste, wie tödlich es ist und hat es gezielt heruntergespielt. Schlimmer noch, er hat das amerikanische Volk angelogen.» Zehntausende Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn Trump schneller gehandelt hätte, sagte Biden.
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