DauerbrennerStänderat macht Weg frei für «Ehe für alle»
SDA/jka
1.12.2020 - 11:22
Der Ständerat sagt grundsätzlich Ja zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Die Vorlage wird demnach auf Gesetzesstufe geregelt.
Mit 22 zu 20 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat der Ständerat entschieden, die «Ehe für alle» nicht an die Kommission zurückzuweisen und die Vorlage auf Gesetzesstufe zu regeln.
Die bürgerliche Minderheit, die für die Neuerung die Verfassung anpassen wollte, setzte sich nicht durch. Sie hatte verlangt, dass die Kommission eine Vorlage für eine Verfassungsänderung ausarbeiten sollte. Eine solche sei nötig, weil die jetzige Verfassungsbestimmung die Ehe zwischen Mann und Frau meine und zur «Ehe für alle» Volk und Stände Ja sagen müssten.
Namentlich Vertreterinnen und Vertreter von SVP und CVP hatten für eine Anpassung der Verfassung plädiert. «Dass der Gesetzgeber und nicht ein Gericht die Verfassung auslegt, ritzt an der Gewaltentrennung», sagte Stefan Engler (CVP/GR) für die Rechtskommission.
Wichtige Fragen würden in der Schweiz in der Verfassung geregelt, fand auch Heidi Z'graggen (CVP/UR). Das gelte auch für die Ehe für alle. «Mein subjektiver Wunsch nach schneller Öffnung hat deshalb zurückzustehen.» Beat Rieder (CVP/VS) gab zu bedenken, dass eine Gesetzesänderung die Legitimität der Vorlage schwäche. Der fragliche Artikel 14 in der Bundesverfassung lautet: «Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet.»
Lisa Mazzone: «Begriff der Ehe hat sich geändert»
«Was wollen Sie neu in die Verfassung schreiben?», wandte sich Lisa Mazzone (Grüne/GE) an die Minderheit. Der Begriff der Ehe habe sich im Wandel der Zeit geändert, und auf Gesetzesstufe habe es immer wieder Änderungen gegeben, auch tiefgreifende, fanden mehrere Ratsmitglieder.
Im Sinne der Gleichberechtigung stehe das Eherecht allen zu, fand auch Matthias Michel (FDP/ZG). Seine Kinder im heiratsfähigen Alter interpretierten die Verfassungsbestimmung auf diese Weise. Der Rückweisungsantrag scheiterte schliesslich nur knapp mit 22 zu 20 Stimmen, bei zwei Enthaltungen.
Weiterhin offene Fragen: Vorlage noch nicht bereinigt
Bereinigt ist die Vorlage allerdings noch nicht. Denn der Ständerat ist zwar einverstanden damit, dass lesbische Paare Zugang zur Samenspende haben sollen. Einen Antrag von Benedikt Würth (CVP/SG), diese Frage auf später zu vertagen und erst rechtliche Klärungen dazu vorzunehmen, lehnte er mit 20 zu 15 Stimmen ab.
Der Ständerat wählte aber für die Samenspende für Frauenpaare eine differenziertere Formulierung als der Nationalrat. Er will die Vorgaben im Fortpflanzungsmedizin-Gesetz aufnehmen, aber auch dem Recht des Kindes Rechnung tragen, seine Abstammung zu kennen.
Dass die Ehefrau als Mutter des Kindes eingetragen wird, soll nach dem Willen des Ständerates nur bei der Samenspende der Fall sein. Die Ehefrau der Mutter des Kindes – soll nach einer Samenspende an ihre Partnerin ausserdem die Mutterschaft nicht anfechten können. Aufgrund der Differenzen geht das Geschäft zurück in den Nationalrat.
Unterschiede bei der Einbürgerung und der Adoption
Heute können gleichgeschlechtliche Paare zwar in vielen europäischen Ländern heiraten, aber nicht in der Schweiz. Gleichgeschlechtliche Paare haben hierzulande lediglich die Möglichkeit, ihre Partnerschaft eintragen zu lassen. Den Zivilstand «in eingetragener Partnerschaft» gibt es nur für gleichgeschlechtliche Paare.
Die eingetragene Partnerschaft ist aber nicht mit denselben Rechten und Pflichten verbunden wie die Ehe. Unterschiede gibt es beispielsweise bei der Einbürgerung, aber auch die gemeinschaftliche Adoption von Kindern ist nicht erlaubt.