Überraschend hohe Kosten So viele Milliarden verschlingen Trumps geplante Abschiebungen

Philipp Dahm

31.1.2025

Trump lässt Gefangenenlager für 30.000 Migranten auf Guantanamo vorbereiten

Trump lässt Gefangenenlager für 30.000 Migranten auf Guantanamo vorbereiten

US-Präsident Donald Trump will auf dem US-Marinestützpunkt Guantanamo auf Kuba ein Gefangenenlager mit Platz für bis zu 30.000 Migranten einrichten. Die Einrichtung solle dazu dienen – so Trump wörtlich – «die schlimmsten kriminellen illegalen Einwanderer, die das amerikanische Volk bedrohen, zu inhaftieren».

30.01.2025

Donald Trump hat versprochen, zunächst vor allem kriminelle Einwanderer abzuschieben, die illegal eingereist sind. Doch auch Schwangere und Kinder werden abgeschoben – und die Kosten dafür sind immens.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Donald Trump will zunächst papierlose Einwanderer abschieben, die kriminell geworden sind, doch bisher macht deren Anteil nur rund 52 Prozent aus.
  • Von 206 Menschen, die nach Kolumbien abgeschoben worden sind, waren 98 Frauen und Kinder.
  • Ryan McBeth hat ausgerechnet, wie die Abschiebungen von 11 Millionen papierlosen Migranten die Staatskasse belastet.
  • In einem überoptimistischen Szenario kostet die Abschiebung von 11 Millionen Menschen 114,6 Milliarden Dollar.
  • Das wahrscheinliche Modell mit 30 Tagen Abschiebehaft kommt auf 185 Milliarden Dollar.

«Weisst du, wer der nächste Präsident ist?», fragt der Beamte an der mexikanisch-amerikanischen Grenze Daniel Oquendo bei dessen Einreise am 20. Januar. «Der Spass ist für dich hier vorbei. Die Musik hat gewechselt. Du musst zurückgehen.»

Sechs Tage später findet sich der 33-Jährige auf einem Flug in seine Heimat Kolumbien wieder, der beinahe einen Handelskrieg zwischen Washington und Bogota auslöst. «Es war sehr verwirrend: Niemand hat mit uns geredet.» Er sei an Bord eines Militärtransporters C-130 in San Diego gestartet, landete aber zehn Stunden später erneut in den USA in Houston.

Ein Transporter der US Air Force, der Migranten an Bord hatte, steht am 27. Januar auf dem Flughafen von Guatemala City.
Ein Transporter der US Air Force, der Migranten an Bord hatte, steht am 27. Januar auf dem Flughafen von Guatemala City.
Bild: Keystone

Grund ist, dass Kolumbien die Immigranten zunächst nicht aufnehmen will, doch später muss die Regierung zurückrudern, nachdem Donald Trump mit hohen Strafzöllen droht. 206 Kolumbianerinnen und Kolumbianer werden in der Folge abgeschoben: Wenn man dem US-Präsidenten Glauben schenkt, handelt es sich dabei um kriminelle Immigranten.

Frauen, Schwangere und Kinder abgeschoben

Denn diese werde die zuständige Behörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) zuerst ins Visier nehmen, hat das Weisse Haus angekündigt. Nun widerspricht jedoch Kolumbiens Aussenminister – und zählt auf, welche Personen in Bogota mit Handschellen gefesselt in US-Militärmaschinen angekommen sind.

Der erste Flug, der im kalifornischen San Diego gestartet ist, hatte laut Luis Gilberto Murillo neben 62 Männern wie Daniel Oquendo auch 16 Kinder und 32 Frauen an Bord, von denen zwei schwanger sind.

In einem anderen Flug vom texanischen El Paso aus seien 46 Männer, 45 Frauen und fünf Kinder abgeschoben worden.

Eine Mitarbeiterin des Roten Kreuzes tröstet am 28. Januar in Bogota eine Mann, der aus den USA abgeschoben worden ist.
Eine Mitarbeiterin des Roten Kreuzes tröstet am 28. Januar in Bogota eine Mann, der aus den USA abgeschoben worden ist.
Bild: Keystone

«Sie sind keine Kriminellen», wird Aussenminister Murillo zitiert. «Diese Informationen wurden überprüft und bestätigt.» Es sei kein Verbrechen, ein Migrant zu sein, sagt der 58-Jährige weiter. Auch Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hatte kritisiert, dass seine Landsleute gefesselt und in Militär-Flugzeugen abgeschoben werden.

Nur 52 Prozent waren Kriminelle

Donald Trump hat noch am 24. Januar unterstrichen, dass diejenigen, die ausgeflogen würden, «Mörder» seien: «Das sind Leute, die so schlimm waren, wie man nur sein kann.» Angesichts der Schwangeren, der Frauen und der Kinder wirkt es aber nicht so, als würde sich ICE tatsächlich auf die Abschiebung von Kriminellen konzentrieren.

Die Zahl der Immigranten, die täglich verhaftet werden, steigt an, weiss «NBC News». Am 26. Januar habe es landesweit 1179 Festnahmen. Von diesen Personen seien aber nur 613 Kriminelle gewesen, heisst es weiter – also nur knapp 52 Prozent. Das liegt auch an den «kollateralen Abschiebungen»: Werden bei einer kriminellen Zielperson andere papierlose Migranten angetroffen, werden diese gleich mit abgeschoben.

Doch was kosten Uncle Sam diese Aktionen eigentlich? Tatsächlich muss Donald Trump für seine geplanten Abschiebungen tief in die Staatstasche greifen, rechnet Ryan McBeth vor. Der US-Veteran und YouTuber ist Spezialist für das Militär, Softwareentwicklung, Cybersicherheit und Desinformationen. «Die Zahlen sind ziemlich schockierend», fasst es McBeth zusammen.

Verhaftung kostet 6737 Dollar pro Person

Es sei ein «unglaublich kompliziertes Thema», sagt der Nachfahre irischer Einwanderer: Grundlage seiner Berechnungen ist die Annahme, dass sich in den USA 11 bis 13 Millionen illegal Eingereiste aufhalten. Vor allem die wirtschaftsstarken Bundesstaaten Kalifornien, Texas und Florida seien bei ihnen beliebt.

Grenzwächter befüllen am 23. Januar in Tucson, Arizona, eine C-17 Globemaster III mit Menschen, die abgeschoben werden sollen.
Grenzwächter befüllen am 23. Januar in Tucson, Arizona, eine C-17 Globemaster III mit Menschen, die abgeschoben werden sollen.
IMAGO/ZUMA Press Wire

McBeth trägt verschiedene Zahlen zusammen: Die Festnahme eines papierlosen Einwanderers kostet demnach durchschnittlich 6736,87 Dollar. Das heisst, dass alleine die Verhaftung von 11 Millionen Menschen mehr also 74 Milliarden Dollar verschlingt, rechnet der Amerikaner vor. Dabei geht er davon aus, dass alle diese Einsätze auch erfolgreich sind.

Die Ausgaben werden zum «absoluten Alptraum», wenn man die folgende Unterbringung mit einberechnet. «Wie lange sind diese Leute eingesperrt? Sind es drei Tage? 15 Tage? Ein Monat? Ein halbes Jahr? Ein Jahr?», fragt McBeth. Er weiss dank ICE: Pro Tag kostet die Unterbringung den Staat 236 Dollar. «Familien kosten mehr. Kranke kosten mehr. Und ich bin mir sicher, dass gewalttätige Straftäter mehr kosten.»

Realistisches Modell kommt auf 185 Milliarden Dollar Kosten

Sobald diese Menschen inhaftiert seien, laufe die Uhr: Es bräuchte jede Menge Richter und Juristen, um die Abschiebung abzuwickeln. Hinzu kämen Kosten für medizinische Versorgung, psychologische Betreuung, die Bewachung, aber auch den Hausmeister oder auch das Waschen der Kleidung und die Versorgung mit Nahrung.

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Die legale Abwicklung der Abschiebung veranschlagt McBeth mit 2000 Dollar pro Person. Die Verbringung der Menschen in ihre ursprüngliche Heimat koste durchschnittlich 1500 Dollar pro Person. Und nun folgt die erste Gesamtrechnung, wobei McBeth davon ausgeht, dass die entsprechende Person am ersten Tag festgenommen, am zweiten Tag verurteilt und am dritten Tag abgeschoben oder freigelassen wird.

In diesem überoptimistischen Fall kommt der US-Army-Veteran auf eine Summe von 114,6 Milliarden Dollar. Ein wahrscheinlicheres Szenario seien aber 30 Tage, was die Unterbringungskosten von 7,8 Milliarden auf 78,2 Milliarden Dollar anschwellen lässt. In diesem Modell kostet die Abschiebung von 11 Millionen Menschen 185 Milliarden Dollar.

Fehlende Arbeitskräfte

In einem Worst-Case-Szenario mit einem Jahr Abschiebehaft explodieren die Kosten auf eine Billion Dollar. Realistischer sei aber, dass Kriminelle wohl tatsächlich innert drei Tagen abgefertigt werden könnten, während bei Familien eher von 30 Tagen ausgegangen werden müsste, so McBeth. Und dann könnte es eben auch noch Fälle ergeben, in denen der Vorgang tatsächlich ein Jahr dauert.

Fehlt es den USA bald an Arbeitskraft? Im Bild: Landarbeiter in Homestead, Florida.
Fehlt es den USA bald an Arbeitskraft? Im Bild: Landarbeiter in Homestead, Florida.
Bild: Keystone

Nicht eingepreist ist dabei, dass jene illegal Eingereisten indirekte Steuern zahlen, etwa wenn sie einkaufen oder tanken. Diese Menschen fehlen zudem als Arbeitskraft, wenn sie abgeschoben werden: Das könnte zu einem Problem für Bauern werden, denen Erntehelfer fehlen, oder für Baufirmen, die keine Mitarbeitenden finden.

Gibt es eine Alternative zu diesen Kosten? Was Donald Trump tun könnte, ist eine Amnestie für jene papierlosen Migranten erlassen, die nicht kriminell geworden sind.