PolizeigewaltProteste in den USA gehen weiter – Los Angeles' Bürgermeister kniet
afp/tjb
3.6.2020
In den USA gehen die Proteste nach dem Tod von George Floyd weiter. Zehntausende demonstrierten teils trotz Ausgangssperren und in Los Angeles griff der Bürgermeister zu einer symbolträchtigen Geste.
Die Welle der Wut über Rassismus und Polizeigewalt in den USA flacht nicht ab: Erneut haben am Dienstag landesweit Demonstranten das immer wieder brutale Vorgehen von Polizisten gegen Afroamerikaner angeprangert. Dabei setzten sie sich teilweise über Ausgangssperren hinweg. Zu der wohl grössten Demonstration des Tages strömten schätzungsweise 60'000 Menschen im texanischen Houston zusammen. Die erneuten Proteste blieben zunächst überwiegend friedlich.
Die Demonstranten liessen sich nicht davon abschrecken, dass Präsident Donald Trump am Vortag mit dem Einsatz der Armee gedroht hatte, um Randalierer zu stoppen. Im Zuge der Proteste, die Anfang vergangener Woche nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz begonnen hatten, war es immer wieder zu Angriffen auf Polizisten, Brandstiftungen und Plünderungen gekommen.
Floyd sei «nicht umsonst gestorben», sagte der Bürgermeister von Houston, Sylvester Turner, bei der Kundgebung in der texanischen Millionenmetropole. An der Demonstration nahmen auch Familienangehörige des Verstorbenen teil. Turner sprach damit die Hoffnung aus, dass die Proteste zu Fortschritten im Kampf gegen Diskriminierung führen.
Der in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota zu Tode gekommene Floyd war in Houston aufgewachsen. In der texanischen Stadt soll er auch am kommenden Dienstag beigesetzt werden. Der 46-Jährige war gestorben, nachdem ihm ein weisser Polizist fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gepresst hatte – obwohl Floyd wiederholt klagte, dass er keine Luft bekomme.
Los Angeles' Bürgermeister kniet nieder
Demonstrationen fanden am Dienstag unter anderem auch in Los Angeles, New York und Washington statt. In Los Angeles knieten Bürgermeister Eric Garcetti und Polizeibeamte in einer symbolträchtigen Geste nieder, als sie sich mit Demonstranten trafen. Der Kniefall wird von vielen Protestteilnehmern praktiziert. Die Geste geht auf den Footballstar Colin Kaepernick zurück, der damit 2016 während des Spielens der Nationalhymne gegen Polizeigewalt demonstriert hatte.
In New York wurde die von 20 Uhr bis 05 Uhr geltende Ausgangssperre bis Ende der Woche verlängert, nachdem es am Montag abermals zu Ausschreitungen gekommen war. Dabei waren im Stadtteil Manhattan erneut Geschäfte geplündert worden. Tausende Demonstranten missachteten am Dienstagabend in New York die Ausgangssperre.
Tränengas in Washington
Auch in der Hauptstadt Washington marschierten erneut Tausende Menschen. An den vorherigen Tagen hatte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten nahe des Weissen Hauses eingesetzt. Am Montag war dies geschehen, um Trump den Weg zu einer Kirche freizuräumen, die bei den Protesten beschädigt worden war. Der Präsident liess sich vor der Kirche mit der Bibel in der erhobenen Hand fotografieren.
Für die Aktion handelte sich Trump massive Kritik ein. Für einen «Fototermin» habe der Präsident Tränengas und Gummigeschosse auf Demonstranten feuern lassen, erklärte etwa der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Trump wehrte sich gegen die Kritik an dem Polizeieinsatz. Washington sei am Montagabend «der sicherste Ort der Welt gewesen», twitterte er. Der Präsident bestritt auch, dass die Demonstranten nahe seines Amtssitzes friedlich gewesen seien.
Scharfe Kritik zog Trump auch mit seiner Drohung auf sich, die Streitkräfte zu entsenden, falls Städte und Bundesstaaten nicht für Ordnung sorgen könnten. «Er benutzt das amerikanische Militär gegen das amerikanische Volk», schrieb Biden.
Im texanischen Houston marschierten Zehntausende im Gedenken an den getöteten George Floyd.
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Demonstrationen fanden am Dienstag unter anderem auch in Los Angeles, New York und Washington statt.
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Bei einem Gedenkmarsch in Los Angeles kniete Bürgermeister Eric Garcetti nieder.
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Der gewaltsame Tod von George Floyd bewegt in den USA die Gemüter. Der Afroamerikaner war am 25. Mai bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis brutal getötet worden, obwohl er unbewaffnet war.
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Ein weisser Polizist hatte fast zehn Minuten lang sein Knie in den Nacken des am Boden liegenden Floyd gedrückt, bis dieser das Bewusstsein verlor. Floyd hatte mehrfach gesagt, er bekomme keine Luft.
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Die Polizei hat Floyd angehalten, weil er mit einer gefälschten Banknote bezahlt haben soll. Der Bruder des Opfers (im weissen T-Shirt) trauert an der Todesstelle in Minneapolis.
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Auch in zahlreichen anderen Städten gehen die Menschen auf die Strasse, um gegen Polizeigewalt gegen Schwarze zu demonstrieren. Hier etwa in New York ...
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... und in Charlotte im Bundesstaat North Carolina.
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Wie hier in Seattle verlaufen die Demonstrationen oft friedlich, doch ...
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... kommt es auch zu Gewalt, Sachbeschädigungen und Plünderungen. Hier haben Randalierer in Philadelphia ein Polizeiauto in Brand gesetzt.
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Los Angeles im Jahr 2020: In der Westküstenmetropole wecken solche Bilder Erinnerungen an die schweren Unruhen von 1992. Damals gab es Dutzende von Toten, nachdem Polizisten freigesprochen wurden, die den Afroamerikaner Rodney King bei einer Verhaftung massiv verprügelt hatten.
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Bereits wurden Tausende Festnahmen aus zahlreichen US-Städten gemeldet. Im Bild ein Demonstrant in Washington.
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«Black Lives Matter», auch die Leben von Schwarzen zählen – so lautet das Motto der Protestbewegung ...
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... die auch von vielen Weissen unterstützt wird.
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Am Montagabend, 1. Juni, liess US-Präsident Donald Trump die Polizei mit Tränengas gegen die Demonstranten vor dem Weissen Haus vorgehen.
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Der Grund dafür wurde später klar: Trump lief öffentlichkeitswirksam zu Fuss zum nahegelegenen Lafayette-Park ...
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... wo er sich mit einer Bibel in der Hand vor der historischen St.-John's-Kirche fotografieren liess. Für diese Aktion wurde Trump unter anderem von der für die Kirche zuständigen Bischöfin kritisiert.
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Auch nach einer Woche ist die Protestwelle noch nicht abgeflacht. Trump droht Staaten und Gemeinden, die «zu wenig» gegen die Proteste unternähmen, mit dem Militär.