Late Night USA Ex-Premier: «Trump bewundert Putin. Es ist wirklich gruselig»

Philipp Dahm

29.2.2024

Malcolm Turnbull (Dritter von links) war von 2015 bis 2018 Australiens Premier. Beim Sender ABC Australia spricht er über Gipfeltreffen mit Donald Trump und Wladimir Putin: Der Amerikaner verehrt demnach den Russen.
Malcolm Turnbull (Dritter von links) war von 2015 bis 2018 Australiens Premier. Beim Sender ABC Australia spricht er über Gipfeltreffen mit Donald Trump und Wladimir Putin: Der Amerikaner verehrt demnach den Russen.
Youtube/The Late Show with Stephen Colbert

Australiens Ex-Premier plaudert darüber, wie die Chemie zwischen Donald Trump und Wladimir Putin ist. Stephen Colbert regt sich fürchterlich über einen Skandal auf, der kaum Beachtung findet – und Seth Meyers wird selbst zum Skandal. Willkommen bei Late Night USA.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • «Wie ein zwölfjähriger Junge»: Der frühere australische Premier Malcolm Turnbull beschreibt die Chemie zwischen Donald Trump und Putin.
  • «Totaler Sieg»: Trump gewinnt zwar die Vorwahlen, schneidet dabei aber zunehmend schlechter ab, als in Umfragen erwartet.
  • 23 EU-Länder fordern Mike Johnson auf, die US-Hilfen für Kiew freizugeben. Was das mit «verrückten Stehtoiletten» zu tun hat, steht weiter unten.
  • Er sollte als Republikaner-Kronzeuge Biden-Bestechungen belegen. Nun ist klar, dass Alexander Smirnow vom Kreml gelenkt wurde. Stephen Colbert regt auf, dass das kaum ein Skandal ist.
  • Es gibt nämlich einen anderen «Skandal». Die Zutaten: Joe Biden, Glacé, Seth Meyers und die Frage «Darf man das?».

Stephen Colbert zerpflückt in seiner Late Show die Ergebnisse der Vorwahlen der Demokraten im US-Bundesstaat Michigan, die Joe Biden mit 81,1 Prozent gewonnen hat.

Dahinter folgt mit 13,3 Prozent «Frei»: Eine Kampagne hat dazu aufgerufen, für diesen imaginären Kandidaten zu stimmen – aus Protest gegen die Israel-Politik des Weissen Hauses. Der Hintergrund: In Michigan leben relativ viele Muslime.

Mit 3 Prozent landet Marianne Williamson auf dem dritten Platz, obwohl sie bereits ihren Rückzug vom Rennen verkündet hatte. Dieser Wert liess sie prompt verkünden, nun doch wieder gegen Joe Biden antreten zu wollen. «Es zeigt, dass sie eine Optimistin ist: Für sie ist das Glas immer 3 Prozent voll», kalauert Colbert.

«Oder wie er es nennt: ‹Totaler Sieg›»

Im Gegensatz zu Williamson hat Dean Phillips die ganze Zeit kandidiert, ist aber trotzdem nur auf 2,7 Prozent gekommen. Immerhin beweist der 55-Jährige Humor, als er postet, dass er damit Biden «relativ stark aussehen» lasse. Colberts Kommentar: «Das ist, als würde man zur Ex sagen: ‹Dank mir muss der Sex mit deinem neuen Freund ziemlich grossartig wirken.›»

Auch Michigans Republikaner haben gewählt, und wie erwartet hat Donald Trump Konkurrentin Nikki Haley geschlagen. Aber: «In jeder bisherigen Vorwahl hat Donald Trump signifikant weniger Stimmen bekommen, als von den Umfragen prognostiziert», erklärt der Gastgeber. 

In Iowa waren es zunächst nur 2 Prozentpunkte, in New Hampshire dann schon 7, in South Carolina 8 – und in Michigan 15 Punkte, fährt Colbert fort. «Wenn das so weitergeht, bekommt er im November minus 23 Prozent – oder wie er es nennt: ‹Totaler Sieg.›» Insbesondere mit Wählenden mit College-Abschluss habe sich Trump erneut schwergetan.

«Verrückte Stehtoiletten» – typisch Europa

Während es in Washington gelungen ist, einen Shutdown der Regierung abzuwenden, ist die Ukraine-Unterstützung nach wie vor blockiert. Joe Biden hat deshalb Mike Johnson ins Weisse Haus geladen, der als Sprecher des Repräsentantenhauses für den Stillstand verantwortlich ist. Mitch McConnell, republikanischer Mehrheitsführer, ist ebenfalls dabei – und argumentiert gegen seinen Parteikollegen.

US-Politiker Mike Johnson – laut Colbert die böse Variante von Simon aus «Alvin und die Chipmunks».
US-Politiker Mike Johnson – laut Colbert die böse Variante von Simon aus «Alvin und die Chipmunks».
Youtube/The Late Show with Stephen Colbert

Auch aus dem Ausland bekommt Johnson Gegenwind, berichtet Colbert: Polens Aussenminister wollte ihn wissen lassen, dass «die ganze Welt zusieht» und Johnson für etwaige ukrainische Verluste auf dem Schlachtfeld verantwortlich sei, wenn weiter keine US-Hilfe fliesst.

Der 59-jährige Late-Night-Host ergänzt, dass 23 europäische Parlamente Johnson in einem offenen Brief auffordern, die Mittel für Kiew dringend freizugeben. «23 Länder?», fragt Colbert. «Die einzigen Dinge, die Europäer mehr als Mike Johnson vereinen, sind verrückte Stehtoiletten und Hosen, die so eng sind, dass sie deinen Mike Johnson abzeichnen.»

Das Wort Pissoir kennen sie da drüben wohl nicht.

Trump und Putin: «Wie ein zwölfjähriger Junge, der den Captain des Football-Teams trifft»

Johnsons Weigerung liegt natürlich an Donald Trump: «Er liebt Putin», weiss Colbert. «Und wir haben jetzt durch den früheren australischen Premierminister Malcolm Turnbull herausgefunden, wie sehr er ihn liebt. Turnbull war in einer australischen TV-Show und hat seine Erfahrungen bei internationalen Treffen beschrieben, bei denen er gesehen hat, wie Trump auf Putin trifft.»

Malcolm Turnbull, der hier – laut Colbert – «diskret prüft, ob sein Finger nach Po riecht». Das Bild sorgt dann auch für einige Lacher. 
Malcolm Turnbull, der hier – laut Colbert – «diskret prüft, ob sein Finger nach Po riecht». Das Bild sorgt dann auch für einige Lacher. 
Youtube/The Late Show with Stephen Colbert

Der entsprechende Clip beginnt nach 8:03 Minuten: «Ich war mit Trump und Putin zusammen», sagt Turnbull. «Trump bewundert Putin. Wenn du Trump mit Putin siehst, wie ich es bei einigen Gelegenheiten getan habe, ist er wie ein zwölfjähriger Junge, der zur Highschool geht und den Captain des Football-Teams trifft: mein Held! Es ist wirklich gruselig.»

Wie weit Russlands Einfluss in den USA gehe, zeige sich aktuell im Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden, so Colbert. Die Republikaner greifen den Präsidenten dabei über dessen Sohn Hunter an, fährt der gebürtige Washingtoner fort. Hunter hat nun vor dem Komitee ausgesagt: Biden Jr. wollte das öffentlich machen, die Politiker jedoch nicht.

Hunter Biden? Colbert kommt in Fahrt

«Wir wissen, dass die [Republikaner-Anklage] wegen ihres Kronzeugen Alexander Smirnow in sich zusammenfällt», erläutert der Moderator. Smirnow habe dem FBI 2020 gesagt, er könne bezeugen, dass der ukrainische Energiekonzern Burisma Joe und Hunter Biden jeweils 5 Millionen Dollar Bestechungsgeld gezahlt habe.

In Fahrt: Stephen Colbert.
In Fahrt: Stephen Colbert.
Youtube/The Late Show with Stephen Colbert

Das FBI habe die Republikaner zwar gewarnt, dass die Informationen nicht geprüft worden seien, aber «das hat sie nicht aufgehalten», sagt Colbert. Und nun ist Smirnow angeklagt worden, weil er die Bundespolizei belogen und falsch ausgesagt haben soll. Der Pseudozeuge hat bereits zugegeben, vom russischen Geheimdienst instruiert worden zu sein.

Colbert fasst zusammen: «Die Republikaner im Repräsentantenhaus versuchen, den Präsidenten der Vereinigten Staaten aus dem Amt zu jagen – basierend auf falschen Informationen, die direkt vom Kreml zum Capitol Hill gepumpt worden sind.»

«Wenn auf deinem Hotdog auch nur ein Mikroteil Scheisse ist, ist es ein beschissener Hotdog»

Und weiter: «Zu jedem anderen Zeitpunkt in der Geschichte der Menschheit wäre das ein Skandal von Grösse und Schwere, dass es die Welt aus ihrer Umlaufbahn um die Sonne geworfen hätte, aber man hört nicht viel darüber, weil sich die Hälfte der US-Medien auf den Skandal ‹Alter Mann ist alt und mag Glacé› konzentriert.»

Warum Late-Night-Gastgeber Seth Meyers oben links mit Joe Biden ein Glacé nimmt, warum Jeanine Pirro den Präsidenten als «Forrest Gump» bezeichnet und was der «Skandal» ist, erfährst du unter dem Folbert-Video.
Warum Late-Night-Gastgeber Seth Meyers oben links mit Joe Biden ein Glacé nimmt, warum Jeanine Pirro den Präsidenten als «Forrest Gump» bezeichnet und was der «Skandal» ist, erfährst du unter dem Folbert-Video.
Youtube/Late Night with Seth Meyers

Colbert ist erregt: «Bis letzte Woche bezeichneten [Republikaner] diesen Mann als vertrauenswürdigen, hochgradig glaubhaften Informanten, der in ihrer Untersuchung ein sehr einschneidendes Teil ist. Und nun sagen sie das.»

Im Clip ab 11:03 Minute berichten Fox-News-Kommentatoren dann, dass Smirnow nicht nur unwichtig für das Verfahren ist, sondern sogar nur das «Mikroteil» in einem viel grösseren Puzzle. Colbert trocken: «Es gibt kein Mikroteil. Wenn auf deinem Hotdog auch nur ein Mikroteil Scheisse ist, ist es ein beschissener Hotdog.»

Und hier noch der versprochene Nachtrag zum «Glacé-Gate»: «Late Night with Seth Meyers» hat am 26. Februar zehnjähriges Jubiläum gefeiert.

Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Zu Gast waren die beiden Promis, die auch bei der ersten Show dabei waren: Amy Poehler – und Joe Biden, damals Vizepräsident unter Barack Obama. Während die Plauderei mit Poehler unterhält, ist das Gespräch mit Biden weniger sehenswert.

Der «Skandal»: Biden und Meyers besorgen sich nach der Aufzeichnung in New York noch ein Glacé. Der Präsident wird von Reportern nach dem Gaza-Krieg gefragt, der mit dem Eis in der Hand antwortet, er erwarte einen Waffenstillstand innert einer Woche.

Prompt treten einige Medien eine Diskussion los, ob es denn sittsam sei, bei so einem Statement mit Süssigkeiten herumzuwedeln. Meyers hat den Affentanz dazu mit einem äusserst kurzweiligen «Closer Look» verarbeitet, der auch spiegelt, wie etwa Fox News tönt, wenn Trump sich ein Glacé gönnt.