USA Impeachment sichert Trump einen Platz in den Geschichtsbüchern

AP

20.12.2019

Vor Trump mussten sich bislang nur Bill Clinton und Andrew Johnson einem Amtsenthebungsverfahren stellen
Vor Trump mussten sich bislang nur Bill Clinton und Andrew Johnson einem Amtsenthebungsverfahren stellen
Bild: Evan Vucci/AP/dpa

Vor Donald Trump sahen sich erst zwei US-Präsidenten mit einem Amtsenthebungsverfahren konfrontiert: Bill Clinton vor 21 Jahren und Andrew Johnson vor 151 Jahren. Trump stellt das Impeachment vor allem als persönlichen Angriff dar. Eigenes Fehlverhalten sieht er nicht.

Die ersten Zeilen für einen Nachruf auf Donald Trump sind bereits geschrieben. Ganz gleich, ob er das Amtsenthebungsverfahren übersteht oder nicht: Seit Mittwoch ist er der dritte amtierende Präsident in der Geschichte der USA, der sich auf Betreiben des Repräsentantenhauses wegen Amtsvergehen verantworten muss.

«Es wird unmöglich sein, auf seine Amtszeit zurückzublicken und nicht über das Impeachment zu sprechen», sagt Julian Zelizer, Historiker an der Universität Princeton. «Trump wird nun immer ein Thema werden, wenn es um den Missbrauch der Macht des Präsidenten geht. Die Ukraine wird sein Watergate. Die Ukraine wird seine Lewinsky.»

Vor Trump mussten sich bislang nur Bill Clinton und Andrew Johnson einem Amtsenthebungsverfahren stellen: Clinton vor 21 Jahren, weil er unter Eid gelogen hatte über seine sexuelle Beziehung mit der Praktikantin im Weissen Haus, Monica Lewinsky; Johnson vor 151 Jahren, weil er sich dem Kongress mehrfach bei den Reconstruction Acts zur Wiedereingliederung der Südstaaten nach dem Bürgerkrieg widersetzt hatte. Ex-Präsident Richard Nixon umging ein sicheres Impeachment wegen des Watergate-Skandals, indem er vorher zurücktrat.

Trump ist sich des möglichen Einflusses, den das Impeachment auf sein politisches Erbe haben kann, deutlich bewusst. Vertraute des Präsidenten sagen, er empfinde das Verfahren mehr als persönlichen Angriff, denn als Urteil über sein Verhalten.

«Wenige Menschen in hohen Positionen haben einen solchen Test ertragen oder überstanden», schrieb Trump am Dienstag in einem hitzigen Brief an Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses. «Sie haben weder eine Ahnung, noch scheren Sie sich darum, welch grossen Schaden und Schmerz Sie den wunderbaren und liebevollen Mitgliedern meiner Familie zugefügt haben.»

Der Brief, gespickt mit Ausrufezeichen, willkürlichen Grossschreibungen und einer Unmenge von Klagen, stellt den Präsidenten als Opfer eines unfairen und politisch motivierten Angriffs dar. «Wenn die Menschen in 100 Jahren auf diese Angelegenheit blicken, wünsche ich mir, dass sie verstehen und ihre Lehren daraus ziehen, damit so etwas nie wieder einem US-Präsidenten widerfahren kann», schrieb er.

Weil die Republikaner die Mehrheit im Senat haben, scheint Trumps Freispruch bei der für Januar angesetzten Verhandlung dort ohnehin sicher. Der Präsidenten-Historiker Jon Meacham sagt, das Impeachment werde Trump «zum ersten rebellischen, amtierenden Präsidenten in der amerikanischen Geschichte» machen.

Die reflexartige Parteinahme von Republikanern und Demokraten vergleicht Meacham mit der gespaltenen Nation im 19. Jahrhundert in der Zeit Johnsons und der Reconstruction, als es nicht darum gegangen sei, was jemand gesagt habe, sondern wo man einfach einer Person die Treue halte.

Das gleiche Drehbuch wie bei der Russland-Affäre

Während Trump die Untersuchung des Sonderermittlers Robert Mueller zu einer möglichen Einflussnahme Russlands bei seiner Wahl nahezu unbeschadet überstand, hat zumindest die Geschwindigkeit der Ukraine-Affäre das Weisse Haus überrascht. Trump griff auf das gleiche Drehbuch wie bei den Russland-Vorwürfen zurück: abstreiten, verzögern, beschuldigen. Aber er konnte diesmal das Amtsenthebungsverfahren im demokratisch beherrschten Repräsentantenhaus nicht verhindern.

Kellyanne Conway, eine wichtige Beraterin des Präsidenten, wies am Mittwoch die Einschätzung zurück, wonach Trump glaubt, dass sein politisches Erbe durch das Impeachment beschädigt werde. «Er sieht es als ein Schandfleck auf dem Erbe jener Menschen, die so fokussiert und wild entschlossen sind, ihn aus dem Amt zu drängen», sagte sie.

Während Clinton sich entschuldigte und Nixon zurücktrat, zeigt sich Trump unbeugsam. Er hält an seiner Darstellung fest, wonach er mit dem ukrainischen Präsidenten «ein perfektes Telefongespräch» gehabt habe. Die Aussagen mehrerer Zeugen aus Regierungskreisen, wonach Trump versucht habe, Kiew zur Überwachung seines potenziellen Herausforderers Joe Biden zu drängen, weisen er und seine Anhänger zurück.

Aussergewöhnliche Polarisierung

Die Zustimmungswerte des Präsidenten in den Umfragen zeigen sich vor dem Hintergrund des Impeachments weitgehend unverändert. Seine streitbare Persönlichkeit und sein Populismus tragen dazu bei, seinen Rückhalt bei seinen Anhängern zu festigen.

Eine aussergewöhnliche Polarisierung in Zeiten von Amtsenthebungsverfahren ist in der US-Geschichte nicht neu. Allerdings gibt es einen grossen Unterschied: Trump strebt eine Wiederwahl an, während Clinton und Nixon bereits mitten in ihrer zweiten Amtszeit waren, als sie mit den Vorwürfen konfrontiert wurden.

Somit könnte das Wahlergebnis einen grossen Einfluss darauf haben, wie das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump letztlich in die Geschichtsbücher eingeht.

«Donald Trump wird gerade zum Synonym für Impeachment. Es gibt keinen Weg, das als etwas wie ein Ehrenabzeichen zu verkaufen. Das ist eine Medaille der Schande», sagt Douglas Brinkley, Präsidenten-Historiker an der Rice University in Houston im US-Staat Texas.

«Doch wenn er (die Wahl) gewinnt, wird das Impeachment kleiner aussehen», fügt Brinkley an. «Das würde bedeuten, dass er ihm getrotzt hat, dass er die Republikaner nach seinem eigenen Bild neu geschaffen und sie ihm gegenüber loyal gehalten hat.»


Bilder des Tages

Zurück zur Startseite