Abu Omar geht von einem Raum zum anderen und macht Fotos, um den historischen Moment festzuhalten: Der 44-Jährige durchstreift am Sonntag die Luxusresidenz des gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad in Damaskus.
Keystone-SDA
09.12.2024, 06:30
SDA
«Ich mache Fotos, weil ich so glücklich bin, hier mitten in seinem Haus zu sein», sagt er der Nachrichtenagentur AFP. «Ich bin gekommen, um mich zu rächen, denn sie haben uns auf unglaubliche Weise unterdrückt.» Dutzende Männer, Frauen und Kinder besichtigen an diesem Tag Assads Residenz im wohlhabenden Malki-Viertel, nachdem der Machthaber aus dem Land geflohen war, um Zuflucht in Moskau zu suchen.
Sie laufen durch den grossen Garten und durch die zahlreichen Zimmer des weitläufigen Gebäudekomplexes. Bis auf einige Möbel und ein auf dem Boden liegendes Assad-Porträt sind die Räume leer. Dokumente liegen verstreut auf den Treppen. Die Residenz war zuvor geplündert worden, nachdem islamistische Kämpfer Damaskus im Zuge ihrer überraschenden Offensive erobert und Assad gestürzt hatten.
Ein im Internet verbreitetes Video zeigt, wie Schaulustige in die Schlafzimmer der Assad-Residenz eindringen und Kleidung, Teller und weitere Besitztümer des entmachteten Präsidenten mitnehmen, darunter eine Einkaufstasche der Luxusmarke Louis Vuitton.
Er sei überglücklich, sagt Abu Omar, als er die Residenz besichtigt. «Ich habe keine Angst mehr», sagt er mit bewegter Stimme. «Meine einzige Sorge ist, dass wir vereint sind und dieses Land gemeinsam aufbauen».
Stundenlange Stromausfälle sind Alltag
Die 35-jährige Umm Nader ist zusammen mit ihrem Mann aus einem benachbarten Stadtteil gekommen, um Assads Wohnhaus in Augenschein zu nehmen. Sie sei hier, «um zu sehen, was wir nicht sehen durften, während wir in Armut und Entbehrungen lebten». In der nun verwaisten Residenz seien die Heizung und der Strom nicht abgestellt worden, «während unsere Kinder von der Kälte krank werden».
Stundenlange Stromausfälle gehören nach Jahren des Bürgerkriegs zum Alltag der Menschen in Syrien. Ein Grossteil der Bevölkerung lebt nach Angaben der Vereinten Nationen in Armut. «Er lebte im Luxus, während wir litten», sagt ein weiterer Besucher der Residenz, der 25-jährige Omar.
Der Assad-Clan hatte Syrien seit über 50 Jahren mit eiserner Hand regiert. Baschar al-Assad hatte die Macht im Land im Jahr 2000 von seinem verstorbenen Vater Hafis al-Assad übernommen. In mehr als einem Jahrzehnt Bürgerkrieg hielt er sich eisern an der Macht. Die Offensive islamistischer Kämpfer bereitete seiner Herrschaft aber nun binnen weniger Tage ein Ende. Plünderer und Schaulustige drangen am Sonntag auch in den Präsidentenpalast in Damaskus ein. Dort wurde die Empfangshalle in Brand gesetzt.
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