Rätselhafte «Trauerrede» Gerüchte um Putins Tod leben wieder auf

gbi

15.11.2023

Der russische Politiker Nikolai Patruschew sorgt mit einer seltsamen Ansprache auf Wladimir Putin für Spekulationen.
Der russische Politiker Nikolai Patruschew sorgt mit einer seltsamen Ansprache auf Wladimir Putin für Spekulationen.
Bild: Imago

Ein Video des Putin-Vertrauten Nikolai Patruschew gibt Rätsel auf: Wieso spricht der ehemalige Geheimdienstchef in der Vergangenheitsform über den russischen Präsidenten – so, als wäre Putin schon gestorben?

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  • Nikolai Patruschew, Ex-Chef des russischen Geheimdienstes FSB, schürt mit einer Ansprache auf Wladimir Putin Gerüchte.
  • Der Putin-Vertraute spricht in der Vergangenheitsform über den Kreml-Chef – ganz so, als wäre der schon gestorben. 
  • Russland-Kenner sehen zumindest Anzeichen dafür, dass etwas Seltsames im Kreml im Gang sein soll.

Er soll schwer krank sein, lautet ein hartnäckiges Gerücht über Wladimir Putin. Und dann gibt es noch die Steigerungsform davon: Der Kreml-Chef soll schon verstorben sein. In der Öffentlichkeit seien seither nur mehr Doppelgänger zu sehen.

Mutmassungen über das angebliche Ableben des russischen Präsidenten sind – ironischerweise – nicht totzukriegen. Hochkonjunktur hatten sie etwa erst wieder am 26. Oktober, als sie von einem Telegram-Kanal namens General SVR angestossen wurden und sich rasant verbreiteten. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sah sich gezwungen, damals ein Dementi auszusprechen: Putin sei am Leben, es gehe ihm gut.

Doch nun befeuert der ehemalige Leiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, Nikolai Patruschew, die Gerüchte von Neuem. Und zwar mit einer eigenartigen Rede, die im Internet kursiert.

«Hat etwa der Gottesdienst begonnen?»

Laut «Frankfurter Rundschau» etwa erinnert die Ansprache des Politikers und Putin-Vertrauten – der ganz in Schwarz gekleidet ist – an eine «Trauerrede». So spreche er beharrlich in der Vergangenheitsform über den 71-jährigen Kreml-Chef: «Er glaubte an die Menschen und an die Verlässlichkeit ihrer Unterstützung, erkannte und übernahm bewusst alle Verantwortung für die Rettung des Vaterlandes», sagte Patruschew demnach.

Weiter geht er auf die 1990er-Jahre in Russland ein, als Putins Aufstieg an die Macht begann: «Es brauchte einen Anführer, der das Wohlergehen des Volkes in den Mittelpunkt der Tagesordnung stellte. Putin wurde solch ein Anführer.» Alles in Vergangenheitsform – so als weilte Putin nicht mehr unter den Lebenden.

Die spezielle Wortwahl fällt auf. «Hat etwa der Gedenkgottesdienst begonnen?», spottete der russische Oppositionspolitiker Gennady Gudkow auf der Plattform X.

2007 war es wohl noch der Echte: Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) trifft den damaligen Geheimdienstchef Nikolai Patruschew im Kreml in Moskau. (Archivbild)
2007 war es wohl noch der Echte: Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) trifft den damaligen Geheimdienstchef Nikolai Patruschew im Kreml in Moskau. (Archivbild)
Bild: Keystone

Ein neuerliches Dementi aus Moskau steht noch aus. Dass solch wilde Gerüchte über Putin überhaupt entstehen können, hängt mit der Geheimniskrämerei des Kreml zusammen: Der ohnehin sehr auf Diskretion bedachte Putin soll seit der Coronapandemie isoliert leben, heisst es. Auch deshalb würden vermehrt Doppelgänger an Anlässe im In- und Ausland entsandt.

Der Russland-Experte Anders Åslund ist skeptisch: «Etwas sehr Seltsames geht im Kreml vor», wird er in einer Analyse der «Kyiv Post» zitiert. Denn die Gerüchte über Putins Tod gingen dieses Mal mit anderen seltsamen Vorkommnissen einher, findet der einstige Berater des früheren russischen Präsidenten Boris Jelzin. 

So sei vom ansonsten sehr sendebewussten Tschetschenen-Führer Ramsan Kadyrow verdächtig wenig zu vernehmen. Patruschew – der manchen als möglicher Nachfolger Putins gilt – soll den Tschetschenen nicht leiden können. Er könnte diesen nun beseitigt haben, wird ein weiterer Russland-Experte, Mark Katz, Professor an der George-Mason-Universität im US-Bundesstaat Virginia, in der «Kyiv Post» zitiert.

Steckt der Kreml hinter der «Trauerrede»?

Die Ansicht, dass Putin bereits gestorben ist, äussert Russland-Kenner Anders Åslund nicht. Aber womöglich stehe sein Ableben kurz bevor.

Der Kreml sei «sehr isoliert, sodass wir viel weniger wissen als früher», gibt er zu bedenken. Er vermutet gleichwohl, dass Patruschews «Trauerrede» – ganz in Schwarz und in der Vergangenheitsform – vom Kreml selbst gestreut worden sei, als ein «Versuchsballon». «Es sieht so aus, als bereite der Kreml Russland auf Putins Tod vor.»

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