China Erdrutschsieg für Demokraten in Hongkong-Wahlen

sda

25.11.2019

Jubel der pro-demokratischen Menschen in den Strassen von Hongkong.
Jubel der pro-demokratischen Menschen in den Strassen von Hongkong.
Keystrone

Ein politischer Tsunami ist durch Hongkong gefegt. Die Demokraten feiern einen Erdrutschsieg und werden in der chinesischen Sonderverwaltungszone künftig das Sagen haben.

Das pro-demokratische Lager hat bei den Bezirkswahlen in Hongkong breite Rückendeckung der Bevölkerung erhalten und einen klaren Sieg errungen. Sie werden damit die Kontrolle der Mehrheit der Bezirksräte der chinesischen Sonderverwaltungszone übernehmen.

Wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" berichtete, entfielen schon während der noch laufenden Auszählung am Montagmorgen mindestens 278 der 452 Bezirksratsposten auf demokratische Kandidaten. Das regierungstreue Lager, das bei den vorangegangenen Wahlen 2015 noch etwa drei Viertel der Mandate gewonnen hatte, brach massiv ein und kam zunächst nur noch auf 42 Posten.

Wie aus Hochrechnungen lokaler Medien hervorgeht, könnten sich die pro-demokratischen Kandidaten gar mit mehr als 300 von 452 Sitzen eine klare Mehrheit sichern.

Laut "South China Morning Post" werden demokratische Kandidaten damit die Kontrolle in mindestens 12 der 18 Bezirksräte der chinesischen Sonderverwaltungszone übernehmen. Bislang hatte das zur kommunistischen Führung in Peking haltende Lager alle 18 Räte kontrolliert.

Jubel auf den Strassen

Als nach Mitternacht die ersten amtlichen Ergebnisse bekannt gegeben wurden, brach in einigen Wahllokalen Jubel aus: Sprechchöre mit "Befreie Hong Kong - Revolution jetzt" waren zu hören - ein Slogan vieler Demonstranten auf den Strassen im letzten halben Jahr während der immer gewalttätigeren Proteste in der Sonderverwaltungszone. "Dies ist die Macht der Demokratie. Das ist ein demokratischer Tsunami", sagte Tommy Cheung, ein ehemaliger Studentenprotestführer, der einen Sitz im Bezirk Yuen Long nahe der chinesischen Grenze für sich entscheiden konnte.

Gewählt wurden 452 Stadträte in 18 Bezirken. Entsprechend des verworrenen, von Peking vorgegebenen Wahlsystems können Sitze im Stadtrat zu insgesamt 117 Stimmen im Wahlkomitee führen. Dieses wiederum bestimmt den Hongkonger Regierungschef. Der Bezirksrat verwaltet einen Teil der öffentlichen Gelder und ist unter anderem für Recycling, Transport und die Gesundheitsversorgung zuständig.

Rekordbeteiligung

Mit einer Rekordwahlbeteiligung von mehr als 71 Prozent unterstrichen die Hongkonger ihren Wunsch nach echter Demokratie und politischen Veränderungen. Wie die Wahlkommission mitteilte, gaben 2,94 Millionen der 4,1 Millionen wahlberechtigten Hongkonger ihre Stimmen ab. Bei den Kommunalwahlen vor vier Jahren hatte die Beteiligung nur bei gut 47 Prozent gelegen.

Das Stimmenergebnis bedeutet eine klare Botschaft an Peking und eine Schlappe für die von der Kommunistischen Partei protegierte Regierungschefin Carrie Lam. Denn die Wahl war schon im Vorfeld als Referendum darüber angesehen worden, ob die schweigende Mehrheit in der Millionenmetropole nach fast sechs Monaten des Protests noch hinter der Anti-Regierungs-Bewegung steht.

Ruhiges Wochenende

Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" unter chinesischer Souveränität autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger geniessen - anders als die Menschen in der Volksrepublik - viele Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit, um die sie jetzt aber fürchten.

Erstmals seit Monaten erlebte die chinesische Sonderverwaltungsregion ein Wochenende ohne grosse Demonstrationen und Ausschreitungen. Stattdessen bildeten sich am Sonntag lange Warteschlangen vor den Wahllokalen.

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