Russland Demonstration in Moskau gegen Wahlausschluss

SDA/dpa

3.8.2019 - 14:31

Die Polizei hat die bekannte Oppositionelle Lyubow Sobol kurz vor einer geplanten Kundgebung in Moskau festgenommen.
Die Polizei hat die bekannte Oppositionelle Lyubow Sobol kurz vor einer geplanten Kundgebung in Moskau festgenommen.
Source: Keystone/AP/Dmitry Serebryakov 

Begleitet von einem großen Aufgebot der Polizei haben in Moskau mehrere Hunderte Menschen für freie und faire Wahlen demonstriert. Sie versammelten sich am Samstag trotz eines Verbots der Behörden zu einem rund sieben Kilometer langen Spaziergang — 90 Personen wurden bislang festgenommen.

Bei nicht genehmigten Protesten von Regierungskritikern sind in Moskau am Samstag mindestens 90 Menschen festgenommen worden. Das teilte die Nichtregierungsorganisation OWD-Info mit.

An verschiedenen Orten im Stadtzentrum versammelten sich jeweils mehrere hundert Menschen zu den Protesten, bevor die Polizei mit den Festnahmen begann, wie Journalisten von AFP beobachteten.

Noch vor der Kundgebung nahm die Polizei die bekannte Oppositionelle Lyubow Sobol fest. Sobol hatte zu der Demonstration aufgerufen.

Sobol arbeitet mit dem Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, einem der prominentesten Kritiker von Präsident Wladimir Putin, zusammen und befindet sich derzeit im Hungerstreik. Sie wurde in einem Taxi festgenommen, mit dem sie zur Kundgebung fahren wollte. Die Polizei brachte sie in einem ihrer Fahrzeuge weg.

Ungeachtet des Demonstrationsverbots hatten tausende Menschen angekündigt, erneut für freie Kommunalwahlen auf die Strasse gehen zu wollen. Mehr als 6000 Menschen kündigten im Online-Dienst Facebook an, dem Aufruf zu Massenprotesten der Opposition folgen zu wollen.

Bereits vor Beginn des Protests sperrte die Polizei den Bereich entlang des Boulevardrings im Moskauer Zentrum ab. Die Sicherheitsbehörden warnten die Bevölkerung vor einer Teilnahme. «Wir wiederholen, dass diese Veranstaltung illegal ist», betonte die Polizei auf ihrer Website. Die Staatsanwaltschaft warnte, die Polizei werde «alle notwendigen Massnahmen» gegen Demonstranten ergreifen.

Viele Kandidaten nicht zugelassen

Bei einem Massenprotest der Opposition am Samstag vergangener Woche hatte die Polizei fast 1400 Demonstranten festgenommen. Vier von ihnen wurden am Freitag offiziell in Untersuchungshaft genommen. Die Protestbewegung wirft den Behörden vor, Oppositionskandidaten aus fadenscheinigen Gründen von den Kommunalwahlen im September auszuschliessen.

Die Behörden hatten zahlreiche Kandidaten wegen angeblicher formaler Mängel nicht zugelassen. So sollen laut den Behörden etwa Unterschriften, die Kandidaten sammeln müssen, gefälscht worden sein. Kandidaten wie Nawalny werfen den Behörden hingegen Willkür im Zulassungsprozess vor.

Proteste gegen Korruption

Die für Samstag angekündigten Proteste sollten sich zudem gegen die grassierende Korruption in Moskau richten. Nawalnys Wahlkampfteam hatte am Donnerstag einen Bericht veröffentlicht, wonach die Stellvertreterin des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin in städtischem Eigentum befindliche Immobilien zu Tiefstpreisen an Familienmitglieder verkauft haben soll.

Der von den Behörden abgelehnte Oppositionskandidat Ilja Jaschin, der sich wegen Regelverstössen während genehmigter Proteste in einem zehntägigen Polizeigewahrsam befindet, warf den Sicherheitsbehörden vor, die Protestbewegung zu lähmen, indem «ihre Wortführer isoliert und Demonstranten eingeschüchtert» würden.

Nach den Protesten am vergangenen Wochenende leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen «Massenunruhen» und «Gewalt gegen Polizisten» ein. Beobachter sehen darin Ähnlichkeiten mit Verfahren nach Demonstrationen gegen Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2012. Damals waren etliche Protestteilnehmer zu Haftstrafen verurteilt worden.

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