Penisbilder Wieso Männer sie schicken – und was Frauen dagegen tun können

Von Ann-Kristin Wenzel, dpa

8.1.2022 - 17:55

Das Versenden von Penisbildern ist strafbar, aber oft kommt es nicht zur Anzeige.
Das Versenden von Penisbildern ist strafbar, aber oft kommt es nicht zur Anzeige.
dpa

Das Versenden von sogenannten Dickpics ist eine besonders perfide Form der sexuellen Belästigung. Viele Opfer fühlen sich beschämt und scheuen eine Anzeige. Dabei wäre es wichtig, die Täter mit ihrem Tun zu konfrontieren.

Nein, es ist keine Gurke, keine Banane und auch keine Aubergine – plötzlich ist in den Direktnachrichten oder im Messenger-Chatverlauf etwas zu sehen, was gern mit solchen Emojis jugendfrei umschrieben wird, aber besser in der Hose geblieben wäre.

Wie viele Fotos männlicher Genitalien ohne Bitte versendet werden, ist nicht bekannt, aber viele Frauen kennen das Problem aus dem Internet. «Die wenigsten Frauen berührt das gar nicht, so was ist ja schon ein sehr, sehr übergriffiges Verhalten», sagt die deutsche Psychologin und Kriminologin Sandra Schwark, Expertin für sexualisierte Gewalt.

Viele fühlten sich belästigt, seien angeekelt oder beschämt. Wie belastend die Situation sei, habe unter anderem damit zu tun, ob man schon schlimme Vorerfahrungen mit sexualisierter Gewalt hatte. Dann könne der Empfang eines Penis-Bildes auch retraumatisierend sein.

Es geht um Machtausübung

«In vielen Fällen geht es nicht um die Anbahnung von sexuellen Kontakten, sondern ist wie sexuelle Belästigung auf der Strasse ein Zeichen von Machtausübung. So: ‹Guck mal, ich kann das gerade hier machen, ich kann dich in eine Situation bringen, die für dich unangenehm ist, und es hat für mich im Zweifelsfall überhaupt keine Konsequenzen›», sagt Schwark.

Penisbilder versenden als Machtdemonstration – worauf frau verzichten kann.
Penisbilder versenden als Machtdemonstration – worauf frau verzichten kann.
Symbolbild: KEYSTONE

Studien zu sexueller Gewalt und Belästigung seien «alle ziemlich deutlich zu dem Ergebnis gekommen, es geht um diesen Machtfaktor, um Machtausübung über eine andere Person». Die Autorinnen einer bekannten Studie zu Dickpics – also Penisbildern – gehen davon aus, dass viele Männer, die diese versenden, zwar nicht bewusst von Feindseligkeit oder Sexismus motiviert sind, aber diesen mit dem Versenden trotzdem verstärken.

82 Prozent der befragten Männer, die Genital-Bilder unverlangt versendet haben, hofften bei der Untersuchung des Teams um Flora Oswald (2019), die Empfängerin oder den Empfänger damit sexuell zu erregen.

Was denken sich diese Männer?

Jeder Zweite gab an, der Empfänger oder die Empfängerin sollte sich durch das Bild selbst attraktiv fühlen. Und etwa gleich viele erhofften sich als Antwort «sexy Bilder» (51 Prozent), wollten den anderen anturnen (53 Prozent) oder so das eigene sexuelle Interesse signalisieren (49 Prozent).

Ein Problem: «Je eher man das Gefühl hat, dass das Verhalten keine negativen Konsequenzen hat, desto eher wird es wiederholt», erklärt Psychotherapeut Jonas Kneer. «Deshalb ist es gut, so etwas strafrechtlich zu verfolgen und deutlich zu machen, dass es übergriffig ist. Klar ist aber: Die Verantwortung liegt immer beim Täter, niemals beim Opfer.»

Kneer arbeitet im Präventionsprojekt «I Can Change» (englisch: Ich kann mich ändern) an der Medizinischen Hochschule Hannover mit Menschen, die fürchten, ihre sexuellen Impulse nicht mehr kontrollieren zu können. So sollen Übergriffe im Voraus verhindert werden.

So wehrt man sich gegen die Bilder

Recht einfach können Betroffene eine Anzeige über ein Online-Tool des Vereins #Netzcourage vorbereiten. Dort bekommen sie Tipps, wie man den Vorfall am besten dokumentiert, und werden mit Fragen zum Vorfall durch die Anzeige-Erstellung geführt. Die fertige Anzeige kann online erstellt und abgegeben werden.

Das Versenden von Dickpics ist kein Kavaliersdelikt: «Wer einen pornografischen Inhalt an einen anderen gelangen lässt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft», besagt Artikel 197 Absatz 2 des Schweizer Strafgesetzbuchs

Bei der Entscheidung, ob man Anzeige erstatten möchte oder nicht und wie man die Situation sonst bewältigen kann, können auch die Frauen-Notrufe und -Beratungsstellen helfen. Eine Übersicht findest du unter anderem beim Frauenhaus Zürich.

Von Ann-Kristin Wenzel, dpa