Kinder sind ehrlich. Kinder fragen direkt. Auch zu Themen, die nicht einfach zu beantworten sind – so wie Krieg. Ein Experte erklärt, worauf Eltern bei diesem heiklen Thema achten sollten.
Von Andrea Moser
26.02.2022, 08:16
26.02.2022, 10:57
Andrea Moser
Familie Meier sitzt beim Abendessen. Tochter Emma erzählt gerade von ihrem Schultag, als ihr kleiner Bruder Leon sie unterbricht: «Mama, was ist eigentlich Krieg?» Plötzlich wird es still am Tisch.
Die Mutter ist unsicher, wie sie mit dem sensiblen Thema umgehen soll. Hätte sie den Krieg von sich aus ansprechen sollen? Nein, sagt Rolf Gollob, Dozent und Experte für Demokratiebildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Sein Rat: Eltern sollten mit ihren Kindern nur dann über Krieg sprechen, wenn die Kinder danach fragen.
Krieg sei eines jener Themen, das Schweizer Kinder zwar beschäftige, obwohl es nicht im unmittelbaren Umfeld stattfinde. «Wenn das Kind mit Fragen zu den Erwachsenen kommt, soll man reagieren, denn es ist viel beängstigender, wenn Fragen unbeantwortet bleiben», sagt Gollob. Wobei gelte: Zuerst zuhören, dann nachfragen.
In unserem Beispiel fragt Mutter Meier ihre Kinder deshalb, was sie sich unter Krieg genau vorstellen und welche Bilder sie gesehen hätten. «So können Eltern gezielt darauf eingehen. Das Beantworten der Fragen ist der erste Schritt.»
Besser nicht die Fantasie anregen
Allzu sehr in die Tiefe sollte man jedoch nicht gehen. «Kinder haben ihre eigene Fantasie. Es braucht Klarheit, aber keine schlimmen Details.» Darum empfiehlt Rolf Gollob: Sachlich bleiben. Das Kind dürfe zwar spüren, dass das Thema Krieg auch die Eltern beschäftige. Aber: Eltern sollen unbedingt vermeiden, dass ihre Ängste auf das Kind übertragen würden.
Mutter Meier hört deshalb zuerst zu, fragt nach und beantwortet anschliessend ehrlich die Fragen ihrer Kinder. Danach steht sie auf und holt eine Kerze. Diese zündet sie mit ihren Kindern an. Eine solidarische Geste wie diese könne gerade für kleine Kinder hilfreich sein, sagt Rolf Gollob. Älteren Kindern und Jugendlichen kann es dagegen helfen, wenn sie selbst aktiv werden – indem sie beispielsweise Spenden für Kinder in Kriegsgebieten sammeln.
Bei Familie Meier ist Schlafenszeit angesagt. Die Eltern nehmen sich besonders viel Zeit. Ihnen ist es wichtig, dass die Kinder nicht mit dem Gedanken an Krieg einschlafen. Als Bettmümpfeli gibt es darum die Lieblingsgeschichte. Ausnahmsweise liest Mama ein paar Seiten mehr vor.