Seit Jahren suche ich bewusst die stillsten Winkel der Welt auf. Denn ich mag sie, die Stille. Doch jetzt, wo es in der Schweiz mit einem Mal still ist wie nie zuvor, möchte ich nur eines: mehr Lärm!
Es war jener Tag, als in der Schweiz erstmals im Radio offizielle Ansagen des Bundesrats ertönten. Meine Freundin Katrin und ich standen bei der Talstation Tannenboden im geschlossenen Skigebiet Flumserberg und klebten die Steigfelle auf unsere Tourenski – wir planten eine letzte kleine Flucht vor dem Alltag mit Corona.
Auf menschenleeren Skipisten stiegen wir bergwärts, vorbei an Tannen und Masten, an still hängenden Sesseln und geschlossenen Bergrestaurants.
Die Sonne schien, als käme bald der Sommer, und Vögel zwitscherten, als gäbe es keine Sorgen auf der Welt. Zwei Stunden lang waren wir unterwegs, dann standen wir auf dem Maschgenkamm, der zweithöchsten Bergstation des Gebiets.
Mit uns rastete dort ein halbes Dutzend anderer Skitourengeher, verstreut auf einer Schneefläche vor der Seilbahn. Die meisten waren still oder grüssten aus der Distanz, ein Hund apportierte Stöcklein, und mich beschlich das Gefühl, dass dies die letzte Bergtour für eine lange Zeit sein würde.
Es war still. Seltsam still.
Um den Moment zu geniessen, ging ich allein zu Fuss ein Stück weiter bis zum einsamen Aussichtspunkt des 2’073 Meter hohen Ziger. Wo ich dann stand und um mich blickte. Auf den Spitzmeilen, den Wissmeilen, den Ringelspitz in der Ferne.
Sie alle ragten auf wie eh und je und leuchteten fahl im Mittagslicht. Doch etwas war anders: Es war still. Seltsam still.
Und mit einem Mal wurde mir klar, weshalb: Die Flugzeuge standen am Boden. Überall in Europa und auch in Zürich-Kloten, wo mein Bruder sich im Lotsenturm gerade fragte, wo er bloss die ganzen Flieger parken sollte.
Der Himmel über mir war hellblau mit ein paar Wolkebauschen. Sonst nichts. Ich lauschte abermals. Was ich mir immer gewünscht hatte, war wahr geworden: Die Alpen wie die grossen Wildnis – still, archaisch, schön.
Bloss ein Problem gab es: mich selbst.
Mein Kopf fühlte sich an, als steckte er in einem Nebel. Ich war so verwirrt ob allem, was gerade geschah, dass ich mich nicht einmal hinsetzte. Stattdessen blieb ich stehen, blickte um mich und merkte: Das akustische Vakuum machte mir Angst.
Klingt, tönt und lärmt!
Mir, die seit Jahren die Stille immer wieder aufgesucht hatte – in Yukon, in Finnland, in Island und den hintersten Winkeln der Alpen. Mir, die jüngst den Bildband Silence publiziert und Fine-Art-Projekte zum Thema Stille organisiert hatte.
Und mit einem Mal wusste ich: Die Stille schätze ich nur, solange noch irgendwo Lärm ist auf der Welt. So wie ich den Sommer nur mag, weil es auch einen Winter gibt. Oder Zweisamkeit geniesse, weil ich auch allein sein darf.
Deshalb danke ich an dieser Stelle euch allen für den alltäglichen Lärm. Ich danke euch Bergbahnen, dass ihr am Skilift Hudigäggeler laufen lässt, wenn ich in Ruhe Skifahren will. Ich danke euch Mitreisenden, dass ihr auf der Zugfahrt plaudert, wenn ich im selben Abteil am Arbeiten bin.
Ich danke euch Nachbarn, dass ihr abends im Innenhof Feste feiert, wenn ich schlafen möchte. Ja, selbst dem Kirchturm danke ich heute, der mich mit seinem Geläut seit Jahr und Tag aus dem Schlaf reisst. Denn jüngst ist es seine Glocke, die jeden Morgen für fünf Minuten in die gespenstische Stille Zürichs läutet. Und mir den Start in den Tag etwas leichter macht.
In dem Sinn: danke für alles, was aktuell noch klingt, tönt und lärmt!
Zur Autorin:Caroline Fink ist Fotografin, Autorin und Filmemacherin. Selbst Bergsteigerin mit einem Flair für Reisen abseits üblicher Pfade, greift sie in ihren Arbeiten Themen auf, die ihr während Streifzügen in den Alpen, den Bergen der Welt und auf Reisen begegnen. Denn von einem ist sie überzeugt: Nur was einen selbst bewegt, hat die Kraft, andere zu inspirieren.
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In der Rubrik «Kolumne» schreiben Redaktorinnen und Redaktoren, freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von «Bluewin» regelmässig über Themen, die sie bewegen. Leserinnen und Leser, die Inputs haben oder Themenvorschläge einreichen möchten, schreiben bitte eine E-Mail an: redaktion2@swisscom.com
Das sind die zwölf verrücktesten Pflanzen der Welt
Tödliches Gift: Der Wunderbaum (Ricinus communis) gilt mit seinen Früchten als giftigste Pflanze auf der Erde. Das Endosperm der Samen ist stark giftig, da es das toxische Eiweiss Rizin enthält. Rizin ist eines der potentesten natürlich vorkommenden Gifte überhaupt. Der Tod tritt unbehandelt durch Kreislaufversagen etwa 48 Stunden nach der Vergiftung ein. Der Wunderbaum ist in Ost- und Westafrika beheimatet, wird
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Gross, grösser, am grössten: Der Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) im Westen der USA ist das massivste beziehungsweise voluminöseste bekannte Lebewesen der Welt. Der immergrüne Baum kann bis zu 95 Meter hoch und einen Stammdurchmesser von 17 Meter haben.
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Kletternder Parasit: Mit einem Durchmesser von über einem Meter bildet die Riesenrafflesie (Rafflesia amoldi) die grösste Einzelblüte. Allerdings existiert die gigantische Blüte der Kletterpflanze nur wenige Tage, dann zerfällt das rote, nach Aas riechende Organ. Zurück bleibt ein Haufen schwarzen Schleims.
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Blüte mit Heizung: Naht die Blütezeit, macht die Titanwurz eine erstaunliche Verwandlung durch: Bis zu zehn Zentimeter am Tag schiesst ihr gigantischer Blütenstand nach oben. Und um Insekten für die Befruchtung anzulocken, verströmt das Fortpflanzungsorgan einen Aasgeruch und heizt sich auf 36 Grad Celsius auf.
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Königin der Anden: Die Riesenbromelie (Puya raimondii) ist die weltweit grösste Bromelie, mit mehr als zehn Metern Höhe. Sie hat auch eine der grössten Blütenstände aller Pflanzen und ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die in den Anden in Peru und Bolivien beheimatet ist.
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Ganz schön alt: Der Riesen-Eukalyptus (Eucalyptus regnans) wächst als immergrüner Baum, der ein Alter von etwa 400 Jahren erreichen kann. An bevorzugten Standorten kann er Wuchshöhen von 65 Metern in 50 Jahren erreichen. Er gilt als der höchste Laubbaum der Welt, möglicherweise sogar als der höchste Baum überhaupt. Bei einem 1872 gefällten Exemplar wurden 132 Meter an Höhe gemessen.
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Königlich stark: De Riesenseerose Victoria ist wohl eine der eindrucksvollsten Pflanzen auf dem blauen Planeten überhaupt. Mit bis zu drei Metern hat sie den grössten Blattdurchmesser. 1840 entdeckt vom Botaniker Richard Schomburgh, wurde sie benannt nach Queen Victoria. Viele Botanische Gärten bauten in der Folge eigene Victoria Häuser.
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Gefiederte Blätter: Die Raphia-Palme ist vorwiegend im tropischen Afrika beheimatet. Ihre Blätter gelten mit bis zu 25 Meter Länge als die grössten im Pflanzenreich. Sie sind nicht nur sehr gross, sondern auch gefiedert und bleiben nach dem Absterben an der Pflanze.
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Schweres Früchten: Der Jackfruchtbaum (Artocarpus heterophyllus) ist in Indien beheimatet. Er bekommt, wenn man von Zuchterfolgen wie Riesenkürbisse und dergleichen einmal absieht, die schwersten Früchte. Sie können mehr als 30 Kilogramm wiegen.
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Über 4000 Jahre alt: Im Patriarch Grove in den White Mountains in Kalifornien stehen 17 Exemplare der Langlebigen Kiefer (Pinus longaeva), die über 4000 Jahre alt sind. Ein Baum, dessen Alter von 4700 Jahren durch Auszählung der Jahresringe in einem kleinen Bohrkern bestimmt wurde, trägt den Namen «Methuselah». (Archivbild)
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Fast 10'000 Jahre alt: Über die älteste individuellen Lebewesen wird, je nach Definition, gestritten. Aber eine Pflanze ist es auf jeden Fall: Eine Gemeine Fichte (Picea abies) in Schweden, deren Stamm viel jünger ist, konkurriert mit den Langlebigen Kiefern. Sie geht aus Wurzelwerk hervor, das seit etwa 9600 Jahren existieren soll.
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Affen-Gesicht: Wer die Dracula simia ansieht, wundert sich wahrscheinlich nicht, warum sie den Beinamen Affen-Orchidee trägt. Viel Fantasie um das Gesicht eines Primaten zu erkennen, braucht es nicht. Die Pflanze wächst in 300 bis 600 Meter Höhe in Peru und Ecuador und duftet nach Orange.
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Klein, aber hübsch: Die Wurzellose Zwergwasserlinse (Wolffia arrhiza) gilt als kleinste Blütenpflanze über- überhaupt. Ihre Blüten sind für das menschliche Auge unsichtbar. Der Pflanzenkörper selbst ist maximal 1,5 Millimeter lang. Und übrigens: Sie ist als Aronstabgewächs mit der Titanwurz recht eng verwandt.
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