Sprachpfleger Gender-Fairplay – es lebe die Frauschaft!

Von Mark Salvisberg

26.6.2019

Ist eine Ausgewogenheit nach Geschlecht auch in der Sprache die Lösung?
Ist eine Ausgewogenheit nach Geschlecht auch in der Sprache die Lösung?
Bild: iStock

Die Fussball-WM der Frauen ist in vollem Gang – nach Ansicht des Sprachpflegers sollten sich die Teams Frauschaften nennen. So würde die Präsenz des Weiblichen in Wort und Schrift verstärkt. Und was ist mit: Liebe alle?

Um Geschäfte hätten sich Frauen nicht zu kümmern, dachte man früher, warum diese dann in der Schriftsprache überhaupt erwähnen? Das ist Geschichte. Man verwendet heute je nachdem die maskuline oder die feminine Form und löst damit das Problem der einseitig männlich geprägten Sprache im Nu. Schön wär's!

Vielen Sprachwissenschaftlern geht das gegen den Strich. Dies erst recht, wenn es um die spezifische Nennung der zahlreichen zwischengeschlechtlichen oder als sexuell unbestimmt gelten wollenden Mitbürgerinnen und Mitbürger geht.

Bei Facebook sind um die sechzig Geschlechter verzeichnet, also nicht nur LGBTQIA (lesbische, schwule, Transgender-, Queer-, inter- und asexuelle Menschen). Zwei Alphabete von Abkürzungen würden nicht ausreichen. Auch an pseudofeministischen Exzessen wie Anrufbeantworterin hätten Bastian Sick, Wolf Schneider und Co. gar keine Freude.

Protest vonseiten der sprachlichen Elite

Der Verein Deutsche Sprache hat diesen Frühling zum Widerstand aufgerufen. Er ortet Verwüstungen wie das Christinnen- und Christentum sowie den Gender-Stern und appelliert an Politik und Behörden, dem «Gender-Unfug» ein Ende zu setzen. In ihrem Aufruf weisen zahlreiche mitunter prominente Sprachgelehrte darauf hin, dass man das grammatische nicht mit dem biologischen Geschlecht verwechseln dürfe.

Es stimmt: Bei der Löwe, die Giraffe, das Pferd bestehen jeweils zwei Geschlechter, und das Wort die Koryphäe meint schliesslich auch den Mann, der Gast ebenso die Frau und das Genie gleichermassen beide.

Weil das Lesen dadurch gehemmt würde, können weibliche und männliche Formen in der Tat nicht konsequent kombiniert, abwechselnd verwendet oder durch neutrale Wendungen ersetzt werden. Das Resultat wären Ungetüme wie Stadt sucht: Bürgerinnen- und Bürgermeisterin oder -meister.

Was soll man tun? Die Kapazitäten der Germanistik widersprechen einander. Ich kann nur an den gesunden Menschenverstand appellieren. Anreden wie Liebe alle helfen auch nicht aus der Patsche. Von jener falschen neutralen Pseudoanrede rate ich ab. Schreiben Sie stattdessen einfach Liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wenn es aber schon präzise weibliche Wörter wie Frauschaft gibt – notabene ein Duden-Wort –, sollten diese auch gebraucht werden. Ich bin überzeugt, dass der Fussball als beliebtester Sport seinen Teil dazu beitragen kann, um das Bewusstsein für die Frau in der deutschen Sprache weiterzuentwickeln. Mannschaft für ein Team von Frauen, das ist sprachlich betrachtet ein Eigentor.

Zur Person: Mark Salvisberg war unter anderem als Werbetexter unterwegs. Der Absolvent der Korrektorenschmiede PBS überarbeitet heute
täglich journalistische Texte bei einer grösseren Tageszeitung.

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