Von wegen stille Nacht Der beste Weihnachtssong aller Zeiten war gar nie die Nummer eins

Seit zwei Wochen laufen sie im Radio wieder rauf und runter: die Weihnachtssongs. Eine persönliche Top-Flop-Liste.

Es ist schon fast so sicher wie das Amen in der Kirche: Auch in diesem Advent wird Mariah Carey mit «All I Want For Christmas Is You» wieder den weihnachtlichen Streaming-Rekord brechen. 

Aber ehrlich gesagt: Mehr als zwei-, dreimal pro Adventszeit kann ich diesen Song nicht mehr hören. Dann habe ich die Schnauze bereits wieder gestrichen voll.

Ich war deshalb nicht unglücklich, als ich hörte, dass diverse Stars heuer mit neuen weihnachtlichen Tönen an den Start gehen wollen. Was wohl nicht zuletzt auch damit zu tun hat, dass man mit Weihnachtssongs viel Geld verdienen kann.

Mariah Carey selber schickte bereits im November einen neuen Gospel-Soul-Song ins Rennen: «Fall In Love At Christmas» nahm die US-Sängerin zusammen mit Khalid und Kirk Franklin auf. Weder Glöckchen und Winterwind-Geräusche noch Careys Power-Gesang dürfen fehlen. Wer dachte, damit sei der nächste Welterfolg gezimmert, dem sei gesagt: So einfach ist es – zum Glück – doch nicht.

Fast 40 Jahre lang Pause – und dann kam doch nochmals neue Musik vom schwedischen Erfolgsquartett Abba. Björn Ulvaeus und Benny Andersson machten zudem wahr, was sie vor einigen Monaten vollmundig angekündigt hatten: ein neues Weihnachtslied.

Was ich davon halte, kommentierte ich kürzlich auf blue News. Deshalb an dieser Stelle nur dies: Das Liedchen «Little Things», liebe Eltern, funktioniert auch als Einschlafhilfe für euren Nachwuchs. George Michael, Gott hab ihn selig, und Andrew Ridgeley alias Wham! müssen sich jedoch nicht fürchten, dass ihr Longseller «Last Christmas», meiner Ansicht nach das Weihnachtslied überhaupt, entthront wird.

Egal, ob einem «Last Christmas» schon lange zum Hals raushängt oder nicht: Den Erfolg kann Wham! niemand absprechen. Dabei ist das Lied durch Zufall entstanden. Die Plattenfirma wünschte sich 1984 einen Weihnachtshit, doch George Michael hatte Gerüchten zufolge nur den Song «Last Easter» bereit. In der Folge schrieb er den Song um.

Und obwohl «Last Christmas» nicht nur für mich der Weihnachtssong überhaupt ist, hat es das Lied in den britischen Charts bis heute noch nie ganz an die Spitze geschafft. Kleines Trostpflaster: Dafür belegte es zwischen 1985 und 2017 jeweils den zweiten Platz in den Charts. In der Schweizer Hitparade steht der Song aktuell auf Rang sechs.

Dass es Wham! in diesem Jahr bisher nicht ganz nach vorn geschafft haben in den Schweizer Charts, daran sind unter anderem Ed Sheeran und Elton John schuld. Das Duo ist heuer mit einem Popsong voller Klischees ins Rennen um den Weihnachtshit des Jahres gegangen.

Im witzigen Video zu «Merry Christmas» trällern die beiden Sänger in grünen Trainingsanzügen in einem festlich dekorierten Wohnzimmer und fahren auf einer Kutsche durch eine verschneite Landschaft. Das Lied kommt beim Schweizer Publikum an und steht aktuell, wie gesagt, ganz, ganz vorne in der Hitparade.

Ein weiterer weihnachtlicher Lieblingssong von mir: «Do They Know It’s Christmas?» von der Band Aid. Die Geschichte dahinter: 1984 entdeckten die britischen Musiker Bob Geldof und Midge Ure das Prinzip Charity und stimmten ein Lied gegen die Hungersnot in Äthiopien an.

Mit dabei waren damals Sting, Boy George, Phil Collins, George Michael, Duran Duran und viele andere englische Popgrössen. Tue Gutes und rede darüber: An dieses Motto hat sich Geldof auch später gehalten und den Song mit den Jahren immer wieder mit anderen Musiker*innen neu aufgenommen. An das Original kam aber keine der späteren Versionen heran.

Ja, ich gebe es zu: Lief früher ein Song von Shakin' Stevens, wechselte ich sofort den Radiosender. Ich erwähne das Weihnachtslied des walisischen Sängers an dieser Stelle trotzdem, denn er ist auch ein weihnachtlicher Longseller. Und er hat eine spannende Geschichte: Das Lied erblickte erst mit Verspätung das Licht der Welt.

Die ursprünglich ein Jahr früher geplante Veröffentlichung wurde verschoben, um nicht mit dem Erfolg von Band Aids Charity-Single «Do They Know It's Christmas?» (siehe oben) zu konkurrenzieren. Die Marketingstrategie zahlte sich aus: Stevens erreichte mit seiner Nummer Spitzenpositionen in Grossbritannien und vielen weiteren europäischen Ländern – und aktuell auch wieder in den Schweizer Charts.

«Santa Tell Me» ist ein eher seichtes R&B-Weihnachtslied von Ariana Grande. Die Single wurde Ende November 2014 veröffentlicht. Und schafft es seither leider auch regelmässig kurz vor Weihnachten in die helvetischen Charts, so auch in diesem Jahr.

Der Text handelt davon, dass die Sängerin vom Weihnachtsmann wissen will, ob ihr neuer Freund sich wirklich für sie interessiert oder sie, wie andere Typen in ihrer Vergangenheit, verlassen wird. Ich wusste gar nicht, dass der Weihnachtsmann auch als Psychologe tätig ist. Ich dachte immer, der bringt nur Geschenke vorbei.

Die tragischste Erfolgsgeschichte aller Weihnachtslieder hat mit grosser Wahrscheinlichkeit «Wonderful Dream (Holidays Are Coming)» von Melanie Thornton. Die US-amerikanische Sängerin konnte den Erfolg des Liedes selber nicht mehr erleben.

Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung der Single kam sie am 24. November 2001 beim Absturz einer Crossair-Maschine bei Bassersdorf ZH ums Leben. Als Weihnachtswerbesong des Softgetränke-Herstellers Coca-Cola wurde das Lied nach dem tragischen Tod der Sängerin zu einem All-Time-Weihnachtshit.

«Love Actually» ist die Wohlfühl-Episoden-Komödie mit Hugh Grant, Keira Knightley, Heike Makatsch und anderen mehr. Eine der vielen Geschichten im Film karikiert den alljährlichen Angriff im Advent auf unsere Ohren. Als Sänger amtet Billy Mack.

Der alternde Rockstar macht es sich dabei ziemlich einfach. Er nimmt den alten Hit «Love is all around», den bereits die Troggs und Wet Wet Wet gesungen haben, tauscht nur das Wort «Love» durch «Christmas» aus. Der Song landet in der Folge auf Platz 1, obwohl Mack allen erzählt, er werde in diesem Fall nackt im Fernsehen auftreten – ein Weihnachtswunder der zynisch-witzigen Art.

«Was brauche ich zum Popstar?» – «Ein, zwei Stunden»

Als Kind träumte er davon Popstar zu werden. Jetzt hat er sich den Traum erfüllt: blue News Redaktor Bruno Bötschi ging ins Tonstudio, um einen Song aufzunehmen.

16.11.2021