Das «Lehmitz» auf der Hamburger Reeperbahn ist legendär: In dieser Stehbierhalle sassen Ende der 1960er Jahre Hafenarbeiter, Prostituierte und Kleinkriminelle beim Bier zusammen.
Der schwedische Fotograf Anders Petersen begann 1968, die Menschen in seiner Stammkneipe zu fotografieren.
Auch Jahrzehnte später sind die Bilder nah und persönlich und doch frei von Voyeurismus oder Mitleid.
Im Verlag Schirmer/Mosel ist eine Neuauflage von Petersens Bildbands «Café Lehmitz» erschienen.
Café Lehmitz in Hamburg – legendär und ziemlich verrucht
Das «Lehmitz» auf der Hamburger Reeperbahn ist legendär: In dieser Stehbierhalle sassen Ende der 1960er Jahre Hafenarbeiter, Prostituierte und Kleinkriminelle beim Bier zusammen.
Der schwedische Fotograf Anders Petersen begann 1968, die Menschen in seiner Stammkneipe zu fotografieren.
Auch Jahrzehnte später sind die Bilder nah und persönlich und doch frei von Voyeurismus oder Mitleid.
Im Verlag Schirmer/Mosel ist eine Neuauflage von Petersens Bildbands «Café Lehmitz» erschienen.
Alkoholiker und Transvestiten, Prostituierte und Drogensüchtige, Diebe und Rocker: Der schwedische Fotograf Anders Petersen hat vor 50 Jahren in der legendären Reeperbahn-Kneipe Lehmitz in Hamburg berührende Porträts aufgenommen.
«Der Mensch wird nach seiner jeweiligen Tätigkeit moralisch etikettiert: Hier Sekretärin – dort Hure, hier Kaufmann – dort Penner, hier Hausfrau – dort Trinkerin, hier Studienrat – dort Zuhälter. Die dazugehörigen Adjektive ergeben sich automatisch: anständig – unanständig, ehrlich – unehrlich, fleissig – faul, gut – böse.»
Roger Anderson im Vorwort zum Bildband «Café Lehmitz»
Das «Lehmitz» auf der Hamburger Reeperbahn ist legendär: In dieser Stehbierhalle treffen sich Ende der 1960er Jahre Hafenarbeiter, Prostituierte und Kleinkriminelle zum Bier trinken.
Diese Menschen, die Korn-Uschi, der Zwerg, Karin Jägermeister oder Blumen-Paul heissen, finden im «Lehmitz», was sie auf der Strasse meistens vermissen: ein warmes Plätzchen, etwas Solidarität, hin und wieder ein Lächeln und Alkohol.
Der schwedische Fotograf Anders Petersen, geboren 1944, war 18 Jahre alt, als er die norddeutsche Metropole besucht, eher zufällig im «Lehmitz» landet und Freundschaften schliesst, die sein Leben prägen werden.
1968, also vor 50 Jahren, kehrt Petersen ins «Lehmitz» zurück, trifft neue Stammgäste, kramt irgendwann seine Kamera hervor und beginnt zu fotografieren. Und er wird Teil dieser seltsam verschworenen Gemeinschaft aus Gestrandeten – aber nicht als Voyeur, sondern als Dokumentar.
Ganz unten, aber mit Würde
«Ich möchte nicht, dass es eine Sozialpornografie wird», sagt Fotograf Petersen dem deutschen Journalisten Roger Anderson, der die Einleitung zu seinem 1978 erstmals erschienenem Bildband «Café Lehmitz» verfasst. Das Nachrichtenmagazin «Spiegel» schreibt später über die grobkörnigen schwarz-weiss Porträtbilder: «Sie zeigen Menschen, die ganz unten angekommen sind – und dennoch ihre Würde bewahren».
Auch heute, also fünf Jahrzehnte später, sind Petersens Bilder nah und persönlich, doch frei von Voyeurismus oder gar Mitleid. Beim Verlag Schirmer/Mosel ist vor einiger Zeit eine Neuauflage des Fotobands «Café Lehmitz» erschienen.
Das eigentlich «Lehmitz» gibt es schon lange nicht mehr. Bereits Ende der 1980er Jahre wurde das Gebäude abgerissen. Heute nennt sich zwar eine Musikbar auf der Reeperbahn «Lehmitz», doch Menschen wie Blumen-Paul oder Karin Jägermeister findet man dort nicht mehr. Sie sind wahrscheinlich längst tot – in Petersens Bildern leben sie aber weiter.
Bibliografie: Café Lehmitz, Schirmer/Mosel, 132 Seiten, ISBN 978-3-8296-0659-2, ca. Fr. 40.90
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