Kolumne am Mittag Was Starkoch Massimo Bottura gegen lange Restaurantbesuche hat

Von Bruno Bötschi

15.10.2020

Massimo Bottura, Starkoch: «Wer sich wohlfühlt, darf natürlich länger sitzen bleiben.»
Massimo Bottura, Starkoch: «Wer sich wohlfühlt, darf natürlich länger sitzen bleiben.»
Bild: Keystone

Wie lange soll ein Essen in einem Feinschmeckerlokal dauern? Maximal zwei Stunden, sagt der italienische Starkoch Massimo Bottura. In einem Interview verrät er warum.

Gäste dürften bei ihm gerne nur einen Teller Pasta essen. Nur mache das niemand, nachdem man Monate im Voraus einen Tisch reserviert habe, erzählt der italienische Kult-Koch Massimo Bottura in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger».

Allzu lange sollte ein Essen jedoch auch nicht gehen, findet der Dreisternekoch, der in Modena die Osteria Francescana führt. Seit einigen Jahren sei es in den Toprestaurants unüblich geworden, vier Stunden oder sogar noch länger am Tisch zu sitzen. «Man serviert nicht mehr 40 Gerichte wie bei Ferran Adrià im El Bulli

Ältere Lesende erinnern sich: In den 1980/90er-Jahren waren in Schweizer Feinschmeckerlokalen endlose Essen keine Seltenheit, wobei der Alkohol in Strömen floss. In der legendären «Kronenhalle» in Zürich entwickelte sich ein Businesslunch gerne mal zum Businessdinner.

Überforderte Geschmacksnerven

Unvergessen etwa die Gelage der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch, die auch in Streit ausarten konnten. So ging Frisch dem zehn Jahre jüngeren Dürrenmatt an den Kragen, weil jener ihn in einer Widmung als «alten Kumpan» bezeichnet hatte.

Auch der Kolumnist hat vor einigen Jahren seine Erfahrung mit köstlicher Völlerei machen dürfen – beim Dreisternekoch Quique Daqosta im spanischen Dénia in 35 wunderbaren Gängen. Doch so lecker es auch ist: Irgendwann sind die Geschmacksnerven schlicht überfordert.



Ähnlich erging es dem Schreibenden vor acht Jahren bei Daniel Humm, dem Schweizer Starkoch in New York. Und weil zu jedem Gang ein Glas Wein aus einem anderen Land kredenzt wurde, war er bereits nach den Vorspeisen ziemlich angesäuselt.

Aufmerksamkeitsspanne eines Essers

Genau, weniger ist mehr. Unendlich viele Gänge – und zu guter Letzt erinnert man sich nur noch an zwei oder drei. Das müsse nicht sein, findet Massimo Bottura. «Inzwischen ist es gängiger, ungefähr zehn bis zwölf Gänge zu servieren, und das in maximal zwei Stunden.»

Länger halte die Aufmerksamkeit der Gäste eh nicht an, findet der 58-Jährige. Umso wichtiger sei der Rhythmus, in dem das Essen aufgetischt werde. Eine Viertelstunde Pause zwischen den Gerichten sei perfekt. «Man brauche ja einige Minuten, um sinken zu lassen, was man zuletzt gegessen habe.»

Ach übrigens, geht der italienische Starkoch selber auswärts essen, tut er das bevorzugt am Mittag. Er sei dann wacher, fokussierter und habe mehr Zeit, vor dem Schlafgehen zu verdauen.

Und was ist mit Gästen, die nach zwei Stunden die Osteria Francescana noch nicht verlassen wollen? Kein Problem, so Massimo Bottura: «Wer sich wohlfühlt, darf natürlich länger sitzen bleiben.»

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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