Die Young Boys gehen im eigenen Stadion unter. Der Auftritt gegen Atalanta Bergamo reiht sich nahtlos in die bisher schwächste Champions-League-Kampagne ein.
Woran soll man sich nach einer 1:6-Klatsche festhalten? YB-Trainer Joël Magnin versuchte es mit den ersten 20 Minuten. «Wir hatten zu Beginn einige gute Aktionen und konnten nach dem Rückstand sofort reagieren», sagte der 53-Jährige, der danach aber kaum mehr etwas Positives fand. «Atalanta hat uns über 70 Minuten eine Lehrstunde erteilt. Die Italiener waren viel zielstrebiger, wir haben kaum Zweikämpfe gewonnen.»
Dabei hatten Magnin und David von Ballmoos noch am Tag vor dem Spiel vor den aufsässigen Italienern gewarnt. Der YB-Goalie erinnerte sich an das letzte Duell vor drei Jahren, und dass Atalanta «fast über das ganze Feld mit Pressing spielt», und auch der Trainer prophezeite eine starke Manndeckung der Gäste. Es war also nicht so, dass die Berner nicht gewusst hätten, was auf sie zukommt. Dennoch waren sie nicht bereit.
Nonchalant ins Verderben
Schon zum zweiten Mal in der laufenden Kampagne verlor YB mit fünf Toren Unterschied. Über das 0:5 in Barcelona konnte man noch hinwegsehen, das kann in der Fremde gegen ein Weltklasseteam schon mal passieren. Das 1:6 im heimischen Wankdorf hingegen ist schmerzhaft. Davon war jedoch wenig zu spüren. Lewin Blum, einer der wenigen YB-Spieler, die sich nach der Pleite in die Interviewzone verirrt hatten, sagte: «Wir spielen in der Champions League gegen sehr gute Mannschaften. In diesen Duellen können wir viel lernen und dann versuchen, es in der Meisterschaft umzusetzen.»
Niederlagen als willkommene Lehrstunden. Dabei sein ist alles, scheint das neue Motto zu sein. Es ist, als hätte es die bisherigen drei Teilnahmen an der Champions League nicht gegeben. Bei diesen hatte YB doch für den einen oder anderen Glanzpunkt gesorgt. Die Berner feierten vor heimischem Publikum Siege gegen Juventus Turin und Manchester United oder erkämpften sich im letzten Jahr erstmals den dritten Gruppenplatz. Und selbst wenn es Niederlagen gab, brach die Mannschaft nicht völlig auseinander wie am Dienstagabend gegen Atalanta.
Kein einfaches Restprogramm
Bisher beendeten die Young Boys die CL-Gruppenphasen mit 12 (2018 und 2021) respektive 13 (2023) Gegentoren in sechs Spielen. Nun sind es nach fünf Runden bereits 17 Gegentreffer. Auch punktemässig steuern die Berner auf ihr bisher schwächstes Abschneiden in der Königsklasse zu.
Aufgegeben habe man aber nicht, versicherte Blum und wies wie später auch Trainer Magnin darauf hin, dass das Erreichen der K.o.-Phase rechnerisch noch möglich sei. Für einen Platz unter den Top 24 müsste aber endlich ein Erfolgserlebnis her. Auf dem Restprogramm stehen die beiden schweren Auswärtsspiele in Stuttgart und bei Celtic Glasgow, ehe zum Abschluss Roter Stern Belgrad im Wankdorf gastiert. Soll die grosse Wende noch gelingen, braucht es auch eine andere Einstellung der Spieler.
sda