TV-Kritik Weichgespülte Fragen, Uneinigkeiten und Banalfazit bei «Hallo SRF!»

Gion Mathias Cavelty

1.11.2018

Bei «Hallo SRF!» haben die Zuschauer die Gelegenheit, die Moderatoren mit knallharten Fragen zu konfrontieren. Das muss TV-Experte Gion Mathias Cavelty sehen. Leider wird er enttäuscht.

Was haben Sie gestern Abend gemacht? Jedem die Tür geöffnet, der draussen geklingelt hat? Es war ja schliesslich Halloween … Wenn Sie Glück hatten, stand nur eine Bande von als Hexen, Zombies oder Sascha Ruefers verkleideter Goofen draussen, die Süssigkeiten von Ihnen wollte.

Wenn nicht, hätte es durchaus sein können, dass ein ECHTES Aushängeschild von SRF auf der Matte stand, das mit Ihnen zu plaudern wünschte. Denn gestern Abend hiess es: SRF macht Hausbesuch!

Und zwar im Rahmen der vierten Ausgabe von «Hallo SRF!», der Sendung, in der die Zuschauer so richtig Dampf darüber ablassen können, was ihnen am Programm des Schweizer Fernsehens nicht passt.

«Publikumsdialog mal anders», nannte sich diese Übung offiziell. «Moderatoren der Radio- und TV-Information treffen Zuhörerinnen, Zuschauer und User dort, wo sie üblicherweise SRF-Angebote nutzen: zu Hause».

Ui! Was hätte ich zum Beispiel gemacht, wenn Sabine Dahinden («Schweiz aktuell») bei mir geläutet hätte, die schönste Frau des Schweizer Fernsehens und der ganzen Galaxie? Ganz klar: Ich hätte ihr ein Küchlein gebacken, so süss, dass sie immer bei mir hätte bleiben wollen. Und ihren Prof. Thierry Carrel ganz schnell vergessen hätte. Leider kann ich nicht backen. Mist.

Knallharte Fragen – oder wohl eher doch nicht ...

Wie auch immer: Sabine Dahinden hat nicht bei mir geklingelt. Aber dafür war sie gestern als Reporterin im Live-Einsatz zu sehen. Sie streifte durchs Studio Leutschenbach und interviewte dabei etwa den Redaktionsleiter der Tagesschau, Urs Leuthard. Nachdem dieser das sich im Bau befindliche Decision-Desk vorstellen durfte (ein unglaubliches technisches Konstrukt, das direkt vom Raumschiff Enterprise stammen könnte und bestimmt Milliarden kostet) bekam ein Zuschauer die Gelegenheit, ihn mit einer knallharten Frage zu konfrontieren. Er nutzte seine Chance gut und fragte Leuthard geradeheraus: «Herr Leuthard, was war ihr Highlight in den letzten Jahren?»

Ja. Und so knallhart waren wieder einmal alle Fragen, die von Zuschauerseite kamen. «Könnte man den SRF-Newsticker nicht mit Fötelis und Bildern bestücken?», lautete eine der Aller-, Allerhärtesten. Natürlich durfte auch der Daueraufreger mit der Unterbrecherwerbung in Spielfilmen nicht fehlen.

Ja was denn nun – Afrika oder Adelboden?

Den ersten Hausbesuch machte Sandro Brotz. Er suchte den regelmässigen «Rundschau»-Zuschauer Basil Bertschmann (26) aus Winterthur heim. Gross heraus kam dabei freilich nichts. Punkto «Informationsangebote von SRF» wünschte sich Herr Bertschmann ein «breiteres Abbilden des Weltgeschehens, zum Beispiel auch mal Afrika». «Da hat er irgendwodurch einen Punkt», gab ihm Brotz recht.

Demgegenüber stand der explizite Zuschauer-/Zuhörerwunsch nach «mehr Regionalem und mehr Mundart». Ja was denn nun? Afrika oder Adelboden?

Ein weiterer Punkt, in dem offenbar Uneinigkeit herrscht: Ist Jonas Projer zu weichgespült oder zu hart? Die einen sagen so, die anderen sagen so ...

Und auch sonst wurde von offizieller Seite viel geredet, allen sollte alles recht gemacht werden, den (nicht mehr vorhandenen) jungen Zuschauern wie auch den Alten, die man mit der Absetzung etwa eines Kurt Aeschbachers vertäubt hat. «Generationenübergreifende Inhalte» wolle man bieten, sowohl Unterhaltsames wie auch Informatives, bladibla.

Sabine Dahinden präsentierte derweil in weiteren Live-Interviews ihren wunderschön geflochtenen Haarzopf. So einen göttlichen Zopf habe ich noch nie gesehen! Sich angesichts dieses Zopfes auf irgendetwas Anderes zu konzentrieren, war schon ein bisschen viel verlangt.

Den Hausbesuch von Franz Fischlin bei der Familie Röhricht hätte ich deshalb fast nicht mitbekommen; das Fazit seiner Visite: Die Röhrichts wünschen sich in der «Tagesschau» mehr Sport, mehr Grafiken, mehr zum Schmunzeln, mehr Struktur. Und so.

Der absolute Höhepunkt zum Schluss

Zum Schluss der Sendung dann der absolute Höhepunkt: Ein Hausbesuch von niemand anderem als … jawoll: Sabine Dahinden! Aufgezeichnet in der Stube von Schweisstechniker Hans Gehrig. Mein Gott, was hätte ich dafür gegeben, an seiner Stelle neben Sabine auf dem Sofa zu sitzen!

Herr Gehrig wünschte sich «mehr lange, positive Geschichten» in «Schweiz aktuell». Und liess Sabine wieder entschwinden.

Im Studio zog sie dann zusammen mit Hauptmoderator Sandro Brotz ein Banalfazit, das in etwa so lautete: «Vieles, was sich die Zuschauer wünschen, haben wir schon, aber wir müssen daran arbeiten, dass man es auch findet».

Äh, ja. Wäre vielleicht noch gut.

Sabine Dahinden und Sandro Brotz führten durch die Live-Sendung «Hallo SRF!» – und zogen ein etwas banales Fazit am Ende.
Sabine Dahinden und Sandro Brotz führten durch die Live-Sendung «Hallo SRF!» – und zogen ein etwas banales Fazit am Ende.
Bild: SRF/Gian Vaitl

«Hallo SRF!» lief am Mittwoch, 31. Oktober, um 20.06 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Sabine Dahinden: Die Bilder
Sandro Brotz: Die Bilder
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