Über den Boom der Kreuzfahrten kann nicht jeder lachen: Die riesigen Schiffe verpesten die Luft der Hafenstädte.
Prognosen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Mittelmeer-Touristen von derzeit rund 300 Millionen auf 500 Millionen im Jahr bis 2020 erhöhen wird.
Bettenburgen statt intakter Natur: Der Massentourismus am Mittelmeer nimmt kein Ende.
Urlauber tummeln sich auf der Mittelmeerinsel Mallorca am Strand von Arenal. Sie bringen immer weniger Geld, hinterlassen aber Abfallberge.
Schlimme Zustände: Wie der Tourismus das Mittelmeer bedroht
Über den Boom der Kreuzfahrten kann nicht jeder lachen: Die riesigen Schiffe verpesten die Luft der Hafenstädte.
Prognosen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Mittelmeer-Touristen von derzeit rund 300 Millionen auf 500 Millionen im Jahr bis 2020 erhöhen wird.
Bettenburgen statt intakter Natur: Der Massentourismus am Mittelmeer nimmt kein Ende.
Urlauber tummeln sich auf der Mittelmeerinsel Mallorca am Strand von Arenal. Sie bringen immer weniger Geld, hinterlassen aber Abfallberge.
Umwelthorror statt Urlaubsträume: Das Mittelmeer leidet unter immer mehr Touristen. Vor allem eine Art des Reisens macht Anwohnern und Natur zu schaffen.
Jeden Morgen eine neue Stadt, aber jede Nacht dasselbe Bett: Für alle, die Entspannung statt Abenteuer suchen, gibt es kaum eine bessere Form des Reisens als Kreuzfahrten. Und der Markt boomt. 27 Millionen Passagiere aus der ganzen Welt machen derzeit pro Jahr Schiffsreisen auf dem Mittelmeer, Tendenz steigend. Wie sehr aber die Umwelt unter dem neuen Massentourismus leidet, zeigt der sehenswerte Dokumentarfilm «Mittelmeer in Gefahr» von Alexis Marrant, den ARTE in deutscher Erstausstrahlung zeigt.
Mehr Lungenkrebs durch Umweltverschmutzung
«Kreuzfahrten haben auf dem Mittelmeer in den letzten Jahren stark zugenommen. Das ist gefährlich», sagt der Meeresbiologe Marco Affronte. Die riesigen Pötte, die kreuz und quer durchs Mittelmeer pflügen, verpesten zunehmend die Luft und machen den Bewohnern der Mittelmeer-Metropolen mit ihren Feinstaubemissionen das Atmen schwer. Bis zu 60'000 Europäer, so Schätzungen, sterben jedes Jahr früher, weil sie Luft einatmen müssen, die durch Kreuzfahrtschiffe verschmutzt wurde. In Marseille, einem der grössten Kreuzfahrthäfen des Kontinents, werden immer mehr Fälle von Lungenkrebs gemeldet.
Dabei gäbe es Alternativen. Anstatt dreckiges Schweröl zu verbrennen, könnten die Reedereien ihre XXL-Schiffe auch mit Flüssiggas betreiben oder sie im Hafen ans örtliche Stromnetz anschliessen. Doch nur die wenigsten Betreiber tun das. «Wir haben hier eine ganz massive Lobbyarbeit», sagt Abgasexperte Dr. Axel Friedrich. «Um hier Massnahmen zu verhindern. Das Wichtige, die Abgasemissionen zu reinigen, geschieht nicht.»
Müllstrudel im Pazifik viel grösser als bisher angenommen
Müllstrudel im Pazifik viel grösser als bisher angenommen
Nicht nur riesige Mengen Abfall belasten die Meere, auch sauerstofflose Gebiete vermehren sich. Diese werden u.a. durch die Algenblüte verursacht. Forscher haben nun mithilfe unbemannter Tauchroboter eine sogenannte Todeszone im Golf von Oman ausfindig gemacht, die in ihren Ausmassen grösser ist als angenommen.
Im Wasser treibender Müll vor Hawaii im Jahr 2008. Laut einer Studie ist der Müllstrudel im Pazifik bedeutend grösser als bisher angenommen.
Grafische Darstellung des «Great Pacific Garbage Patch (GPGP)» im Pazifik. Wie die von der Stiftung «The Ocean Cleanup» unterstützte Studie bekannt gab, hat die Müllhalde im Ozean eine vier bis 16 Mal grössere Fläche als bisher angenommen.
Nach Schätzung der Forscher dürften sich im zwischen Kalifornien und Hawaii gelegenen GPGP auf einer Fläche von rund 1,6 Millionen Quadratkilometern inzwischen rund 80'000 Tonnen Plastikmüll angesammelt haben.
Etwa 1,8 Billionen Plastikteile sollten hier laut den Forschern im Wasser treiben - und die dürften sich zudem in besonders schädliches Mikroplastik aufspalten. Im Bild: Das Mutterschiff der Expedition, die «Ocean Starr» sammelt im GPGP Proben.
Mehr als drei Viertel des Plastikmülls bestehen laut den Forschern noch aus Stücken, die grösser als 5 Zentimeter sind.
Fischernetze würden mindestens 46 Prozent des Mülls ausmachen.
Der Leiter der Studie, der Ozeanologe Laurent Lebreton von der Stiftung «The Ocean Cleanup», sagte gegenüber der BBC, die Ergebnisse zeigten, wie dringlich es sei zu verhindern, dass weiteres Plastik in die Meere gelange.
Ausserdem müsse man damit beginnen, das «existierende Chaos» aufzuräumen.
Der 1994 geborene Niederländer Bojan Slat will in 2018 mit seinem Projekt «The Ocean Cleanup» beginnen und die Meere vom Plastikmüll säubern.
Die Technik hinter «The Ocean Cleanup»: Auf den Meeren sollen riesige Barrieren den Plastikmüll aufhalten und einsammeln.
Die Barrieren schwimmen im Ozean. Treibanker halten sie in Position.
Schiffe sollen regelmässig den an den Barrieren angeschwemmten Müll abholen kommen und ihn einer ordentlichen Entsorgung zukommen lassen.
Slat und «The Ocean Cleanup» sind der Meinung, dass man auf diesem Wege 50 Prozent des Mülls im GPGP innert fünf Jahren einsammeln kann.
Touristen-Destinationen wehren sich
Doch vor Ort, in den grossen Mittelmeer-Städten, regt sich Widerstand. Auch, weil viele Anwohner unter dem Strom der Touristen leiden, der jeden Tag durch die Strassen ihrer Heimatstädte rauscht. In Palma de Mallorca, einem der grössten europäischen Häfen für Kreuzfahrtschiffe, erzählt Jaume Garau, Abgeordneter der Balearen, dass die neuen Reisenden kaum mehr Geld in den Touristenorten lassen würden. Gegessen und geschlafen wird an Bord der Schiffe, vor Ort kaufe man sich höchstens eine Kugel Eis. «Diese Art von Tourismus ist nicht rentabel für uns», glaubt Garau. Zumal Kreuzfahrten heute auch für Menschen mit geringem Einkommen erschwinglich sind. Venedig hat bereits reagiert: Auf Druck der Unesco dürfen grosse Kreuzfahrtschiffe nicht mehr ins Zentrum der Lagunenstadt einlaufen.
Die Dokumentation von Alexis Marrant zeigt auch, dass nicht nur Kreuzfahrtschiffe das Paradies Mittelmeer bedrohen. Auch der Massentourismus, der auf dem Landweg in Badeorte und Grossstädte einfällt, der zunehmende Containerverkehr und der Klimawandel machen dem empfindlichen Ökosystem zu schaffen. Und es wird wohl nicht besser: Prognosen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Mittelmeer-Touristen von derzeit rund 300 Millionen auf 500 Millionen im Jahr bis 2020 erhöhen wird. Keine guten Aussichten.
«Mittelmeer in Gefahr» läuft am Dienstag, 17. April, um 20.15 Uhr auf Arte. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.
Die Erde ertrinkt in Plastik
So schwer wie 822'00 Eiffeltürme: Die Erde ertrinkt in Plastik
Mitarbeiter von Greenpeace sind in einem Schlauchboot bei dem Errera-Kanal und der Gerlachstrasse für Forschungarbeiten unterwegs. In einer dreimonatigen Expedition suchten sie hier nach Plastik und Chemikalien.
In sieben von acht Wasserproben fanden die Mitarbeiter der Umweltorganisation Spuren von Mikroplastik, die zum Beispiel aus Kleidung oder von Fischernetzen stammen.
«Plastik überall», eine 90-minütige Dokumentation, lief kürzlich bei ARTE. Die Filmemacher Albert Knechtel und Nanje Teuscher zeigen hier Müllberge, Kunststoffinseln und Müllstrudel in den Meeren und Mikroplastik in der Nahrungskette.
Plastik ist ein globales Umweltproblem.
Wissenschaftler schätzen, dass im Jahr 2050 etwa zwölf Milliarden Tonnen Plastikmüll in den Ozeanen treiben werden.
Die Öko-Toxikologin Heather Leslie erforscht Mikroplastik in unserem Alltag.
Merijn Tinga kämpft für die Einführung eines Pfandsystems in den Niederlanden.
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