Scharfseher «Meine fremde Heimat» – viel Ferienfeeling, wenig Drama

Lukas Rüttimann

23.2.2019

Die SRF-Dokserie «Meine fremde Heimat» verbindet gekonnt Soap Opera mit Fernweh-Fernsehen. Der Staffelauftakt in Brasilien geriet allerdings etwas gar touristisch.

«Meine fremde Heimat» hat eigentlich ein durchaus reizvolles Sendekonzept: In der Reality-Soap auf SRF 1 gehen Schweizerinnen und Schweizer der zweiten, dritten oder vierten Generation auf Spurensuche ins Land ihrer Vorfahren und entdecken dabei ihre Wurzeln wieder.

Und weil sich hinter vielen Familien- und Auswanderergeschichten auch ein mehr oder weniger grosses Drama versteckt, schlägt man mit dieser Show gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Soap Opera-Fans werden mit tränenreichen Versöhnungs- oder Streit-Szenen bedient, während das Fernweh-Publikum mit stimmigen Bildern aus exotischen Ländern einen Mix aus Tourismus-Show und Reisereportage zu sehen kriegt.

Unklarer Tochter-Mutter-Konflikt

Für die gestrige erste Folge von «Meine fremde Heimat» reiste das SRF-Team nach Brasilien. Roberta Kunz kam als dreijähriges Mädchen mit ihrer Mutter Lucia in die Schweiz, doch ihre Heimat hat sie nie kennengelernt. Für sie ist es also die erste Reise zurück nach Südamerika. Zusammen mit ihrer Mutter möchte sie Land und Leute erleben und ihre Wurzeln besser kennenlernen. Pikantes Detail an dieser Geschichte: Vor nicht allzu langer Zeit wäre die Reise für beide undenkbar gewesen – denn Mutter und Tochter hatten zwölf Jahre keinen Kontakt mehr.

Eigentlich wäre das eine tolle Ausgangslage für eine emotionale Reise-Soap. Doch so richtig dramatisch wurde es in dieser ersten Folge von «Meine fremde Heimat» leider nur selten. Denn über die Ursachen und den Konflikt an sich wollten weder die Tochter noch die Mutter so richtig auspacken; im Gegenteil: Die beiden wirkten oft wie ein Herz und eine Seele.

Sie wolle die Vergangenheit ruhen lassen und nicht über Robertas Vater sprechen, sagte Lucia denn auch vor ihrer alten Wohnung. Und bei Roberta schienen zwar ab und zu alte Ressentiments durchzudrücken, doch die erstaunlich schweizerisch wirkende Brasilianerin war in ihrer alten Heimat ohnehin mehr mit den vielen neuen Eindrücken und der ansteckenden Herzlichkeit ihrer brasilianischen Ersatzfamilie beschäftigt.

Schöne Bilder, schönes Ende

So blieb das Drama in diesem «Meine fremde Heimat»-Auftakt ein wenig auf der Strecke. Nur einmal, als Lucia in der Bucht von Ipanema wegen ihrer Meer-Phobie fast einen Panikanfall hatte, wurde es emotional. Und am Familiengrab, wo unbekannte Räuber die Namenschilder der Verstorbenen abmontiert hatten, meinte sie mit Tränen in den Augen: «So etwas würde in der Schweiz nie passieren.»

Letztlich waren es dennoch vor allem schön gefilmte Aufnahmen aus Rio de Janeiro, Pantanal oder Caiuba, die dem Zuschauer in Erinnerung blieben. Und vielleicht noch jene Szene, in der sich die Mutter zum Ende der Brasilienreise den Namen ihrer Tochter in ihren Unterarm stechen liess. Es war das Happy End einer Sendung, in der einem sonst nicht allzu viel unter die Haut gegangen war.

Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung «Meine fremde Heimat» bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Bilder aus der Schweiz
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