Scharfseher «Legt das Handy weg!»: Eine Sendung zum Wegwischen

Lukas Rüttimann

1.10.2018

Jonas Projer und Christa Rigozzi wollten über die Smartphone-Abhängigkeit in der heutigen Gesellschaft reden. Es wurde eine Sendung wie ein Systemabsturz.

Vielleicht liegt es am Sendeplatz. Am Sonntag will man «Tatort» schauen. Oder einen Spielfilm, vielleicht auch eine Dokumentation oder einen Wochenrückblick. Doch zum Ausklang des Wochenendes um 21:40 Uhr eine anderthalbstündige Diskussionssendung zu programmieren, das kann auch nur dem Schweizer Fernsehen in den Sinn kommen.

Dass «Arena/Reporter» bisher nicht auf allzu viel Gegenliebe gestossen ist, hat aber nicht nur mit dem Sendeplatz zu tun. Das Hybrid-Konzept mit Dokfilm und anschliessender Diskussion wird vor allem wegen seiner seichten Ausrichtung immer wieder kritisiert.

Kopf im Flugmodus

Als Kontrast zur seriösen Politausgabe vom Freitag kam auch die sonntägliche «Arena/Reporter»-Sendung zum Thema «Legt das Handy weg!» fast schon provokativ leichtfüssig daher. Neben Co-Moderatorin Christa Rigozzi war etwa Sänger und «Deutschland sucht den Superstar»-Sieger Luca Hänni da; dazu durfte eine Tänzerin und Influencerin aus dem Dokfilm im Studio Platz nehmen, die auch schon für die SRF-Talentshow «Die grössten Schweizer Talente» im Einsatz war.

Das Problem indes waren nicht die Gäste. Diese hatten in Person der etwas aufgedreht wirkenden Digitaltherapeutin Anitra Eggler oder Sandra Cortesi, der Direktorin «Youth and Media» von der Universität Harvard, durchaus Spannendes zu erzählen. Doch die Sendung lief thematisch dermassen aus dem Ruder, dass man als Zuschauer seinen Kopf am liebsten in den Flugmodus geschaltet hätte.

Handys an der Schule, Pornografie auf Handys, permanente Erreichbarkeit, digitaler Entzug, soziale Medien und ihre Auswüchse, Vor- und Nachteile der modernen Kommunikation, Handys in der Erziehung, Handys am Arbeitsplatz, Handys zuhause, Handysucht, Handyphobie, Handykult, Handys in Hongkong – von den Beteiligten wurde von Beginn weg mehr oder weniger planlos drauflos geplaudert.

Kein Wunder, dass der sichtlich überforderte Luca Hänni irgendwann verzweifelt in die Runde rief: «Wow, dieses Tempo hier! Und das von allen Seiten!»

Lachen statt Leiten

Tatsächlich war es wenig hilfreich, dass Moderator Projer lieber jovial in die Runde grinste und lockere Sprüche zum Besten gab, als die Sendung kohärent zu leiten. Seine Kollegin, die bemitleidenswerte Christa Rigozzi, mühte sich derweil mit einmal mehr nicht nur audiotechnisch unglücklichen Zuschauervoten. Dass man Rückmeldungen nicht ungefiltert in Liveshows einfliessen lässt, sollte man inzwischen eigentlich wissen.

Zum Glück war da noch Ruedi Noser. Der medienerfahrene FDP-Politiker und IT-Unternehmer brachte als einziger eine klare Linie und Substanz in die Runde. Doch vielleicht war das in einer Sendung, in der Christa Rigozzi fast um Mitternacht spontan DJ Bobo anrief und Luca Hänni zum Schluss einen Song aus dem SRF-Studio per Livestream auf seinen Instagram-Channel übertragen durfte, auch schlicht nicht gefragt.

«Legt das Handy weg»? Das war – um einmal im digitalen Duktus des Abendthemas zu bleiben – eine Sendung zum nach links Swipen.

Die neueste Ausgabe von «Arena/Reporter» lief am gestrigen Sonntagabend, 30. September, um 21.40 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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