Kolumne Lohnt es sich jetzt noch, «House of Cards» zu schauen?

Cilgia Grass

28.10.2018

Die Serie, die Netflix zum Hit gemacht hat, geht in die finale Staffel. Fragt sich nur, ob man die letzte Runde mitdrehen soll – wo Kevin Spacey doch Oberbösewicht Frank Underwood höchstselbst unter die Erde gebracht hat.

Am 2. November geht's rund: Schlagerstar Andy Borg wird 58, im Zürcher Hallenstation ist wieder einmal «Super10Kampf», und es dauert noch 59 Tage bis zu Silvester. Plus: Bei Netflix startet die letzte Staffel der Politthriller-Serie «House of Cards».

Die kommt allerdings mit einem Beigeschmack. Vergleichbar mit einem grossen Schluck aus einer Cola-Flasche, die zwei Wochen geöffnet herumgestanden hat. Denn die Figur, um die sich die ganze Serie dreht, fehlt: Frank Underwood. Das ist der Mann, der über Leichen geht und es vom Lobbyisten bis zum US-Präsidenten gebracht hat. Nur um dann quasi über Nacht ins kalte Grab befördert zu werden – vom Darsteller höchstselbst.

Kevin Spacey wurde als Frank Underwood zur Kultfigur. Umso tiefer war der Fall. 
Kevin Spacey wurde als Frank Underwood zur Kultfigur. Umso tiefer war der Fall. 
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US-Schauspieler Kevin Spacey, der Frank Underwood bis jetzt spielte, wird beschuldigt, junge Männer missbraucht zu haben. Seither ist seine Karriere tot und er aus neuen Serien- oder Filmprojekten verbannt. In der neuen Staffel «House of Cards» liegt Frank Underwood auf einem Wald-und-Wiesen-Friedhof. Unehrenhaft begraben. Wie passend.

Lohnt es sich also angesichts der Situation überhaupt, die Serie noch weiterzuschauen? Klar, Robin Wright zeigt als Claire Underwood eine starke Leistung. Aber schafft sie es, gleich für zwei Personen wichtig zu tun und Intrigen zu spinnen?

Nicht alle stehen auf «House of Cards»

«Ich habe nur die ersten zehn Minuten der allersten Folge von ‹House of Cards› gesehen», sagt eine meiner Freundinnen, als ich mit ihr über dieses Thema diskutieren will. Wie bitte? Ja. Frank Underwood sei ihr zu schmierig gewesen, und von so einem Typen wolle sie auch nicht ständig direkt angesprochen werden.

Interessant. Mich wiederum hat der eloquente und wohlgekleidete Psychopath, der schon in der Eröffnungssequenz der Serie einen angefahrenen Hund mit blossen Händen abmurkst, von Anfang an gruselfasziniert.

Andere werden mitbestraft

Ich spreche auch noch einen serienliebhabenden Arbeitskollegen auf das Thema an. «Ich habe bisher erst vier Minuten ‹HoC› gesehen in meinem Leben», gibt er zu Protokoll. ‹HoC› ist Seriendeutsch für «House of Cards». Ich staune erneut. Woran liegt's denn bei ihm? «Schlicht Zeitmangel. Das wird wohl nach ‹Handmaid's Tale› meine nächste Binge-Serie.» Gefallene Seelen «televisionär zu ächten», wie er sich ausdrückt, fände er aber seltsam. Eine gute Leistung beruflich bleibe eine gute Leistung. Ich bin seiner Meinung. Kevin Spacey hat als Mensch versagt, aber als Schauspieler hat er in Fernsehen und Kino immer wieder für denkwürdige Momente gesorgt.

Und noch in einem Punkt gebe ich meinem Kollegen recht: Bei «House of Cards» haben auch andere grossartige Leistungen abgeliefert. Von Beleuchtern über Schauspieler bis zu den Chefs der Serie. Wenn man die neue Staffel «House of Cards» nicht schaut, bestraft man sie mit. Dabei sind jene durch den Schaden, den Kevin Spacey angerichtet hat, schon gebeutelt genug.

Die sechste und letzte Staffel von «House of Cards» ist ab Freitag, 2. November, voraussichtlich ab 10 Uhr morgens komplett auf Sky Show abrufbar. Zudem zeigt Sky Atlantic HD (in der Schweiz via Teleclub erhältlich) die ersten beiden Episoden der neue Staffel am selben Abend ab 22 Uhr – und danach immer freitags zur selben Zeit.

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