TV-Comeback Kaya Yanar: «Ich bin der Kultusminister der Comedy»

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23.2.2018

Nach fast drei Jahren Pause ist Kaya Yanar zurück im TV – mit «Guckst du?! Kayas grosse Kinoshow». Der Komiker über Ausländer, Aufreger und Abschiffer.

«Was guckst du?!» - Die deutsche Comedyszene der 2000er ist untrennbar verbunden mit diesem Zitat Kaya Yanars, der mit seiner gleichnamigen Sat.1-Sendung das Genre der Ethno-Comedy quasi im Alleingang begründete. Seit jeher ist das Imitieren von Sprachen und Akzenten sein Steckenpferd. Mit seinem Humor gelingt es dem deutsch-türkischen Komiker, einen interkulturellen Brückenschlag zu vollführen: Seine Multikulti-Komik war immer schon ein Mittel zur Völkerverständigung, trotz oder gerade wegen ihres brachialen Charakters.

Nun kehrt Yanar nach fast dreijähriger TV-Abstinenz mit dem neuen Format «Guckst du?! Kayas grosse Kinoshow» (ab 23. Februar, 20.15 Uhr, immer freitags in Sat.1) wieder zurück ins Fernsehen. Im Interview erklärt er, warum es heute wichtig ist, von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren, wie sich Humor im Laufe der Zeit verändert und wie man Rechtspopulisten die Stirn bieten kann.

«Bluewin»: Ein für allemal - wie betont man Ihren Nachnamen korrekterweise?

Kaya Yanar: (lacht) Das ist mir tatsächlich egal, Hauptsache man kriegt die Buchstaben in der richtigen Reihenfolge hin!

Also?

Ganz oft schieben die Leute das «R» aus dem Nachnamen in den Vornamen, dann wird daraus «KayaR Yana». Deswegen kann's von mir aus gerne «YanAr» oder «YanaR» sein. Die Betonung ist mir wurscht, Hauptsache die Buchstabenreihenfolge stimmt!

Die Welt des Films ist das Thema Ihres neuen Sat.1-Formats «Guckst du?! Kayas grosse Kinoshow». Was mögen Sie lieber: Kino oder Video-on-Demand?

Beides hat seine Daseinsberechtigung. Das Kino ist für mich aber immer wieder ein Erlebnis. Man trifft sich mit Freunden, sieht sich den Film an und geht nachher noch etwas trinken, um darüber zu quatschen. Das ist dasselbe wie bei einem Bühnenprogramm. Das kannst du dir zu Hause auf DVD anschauen, aber es ist nicht vergleichbar mit dem Erlebnis, das du mit 2000 anderen Leuten in einer vollen Halle teilst, wenn du live dabei bist! Klar, ein Kinofilm läuft nur ab, aber das hat trotzdem etwas von einem Live-Event, weil man sich das Kino mit hunderten anderen Menschen teilt und auf den Film reagiert.

Sie sagen also: «Geht lieber raus und erlebt was»?

Absolut. Wir sind über unsere Smartphones schon isoliert genug. Wir sehen uns nicht mehr face-to-face, sondern wir face-timen. Es darf nicht aussterben, dass man auch mal zusammen Dinge unternimmt!

In Ihrer Show gehts pro Folge um jeweils ein Genre ...

Ja. Es wird Liebesfilme geben, fantastische Helden, die erfolgreichsten deutschen Filme, Animationsfilme und Science-Fiction-Filme. Wir werden in jeder Folge eine Top-Five präsentieren. Als Gäste haben Bully, Luke Mockridge, Bülent Ceylan und Martin Rütter zugesagt. Wir haben auch ein paar Hollywoodstars angefragt, aber ich will da jetzt nicht zu viel versprechen, sonst heissts im Nachhinein, ich sei ein Schwätzer.

Wie wird eine Folge ungefähr ablaufen?

Wir werden zum Beispiel die schönsten Filmküsse Hollywoods nachspielen. Wir werden quizzen und es wird Einspieler geben. Ich werde auch selber am Set sein bei den Bavaria Filmstudios und dort mit Bully etwas nachdrehen. Wir werden uns hier und da mit dem Filmgeschäft beschäftigen und hinter die Kulissen blicken.

Im Vorfeld war auch von einem Stunttraining die Rede. Machen das die Knochen mit Mitte 40 noch mit?

Für «Agent Ranjid» durfte ich damals schon ein paar Actionszenen in der Rolle des Hakan machen. Mir macht das Spass! Kommt natürlich auf meine Verfassung an. Ich bleibe immer im Training und versuche, auch mit 44 körperlich nicht abzuschmieren. Aber nichtsdestotrotz: Wenn es Szenen gibt, die kritisch werden könnten, dann lass ich mich einfach doublen!

«Agent Ranjid» hat seinerzeit vernichtende Kritiken erhalten. Wie haben Sie sich da gefühlt?

Finanziell war der Film ja ein Erfolg, aber ja, die Kritiken waren vernichtend. Ich fand das ein wenig übertrieben. Er kam bei den Kids zwischen acht und zwölf wahnsinnig gut an. Die haben den geliebt! War von uns nicht beabsichtigt, dass es ein Kinderfilm wird, um ehrlich zu sein. Wenn ein Erwachsener daran eben keinen Spass hat - nun gut. Aber ich bin da ja bei weitem nicht der Einzige, der unter vernichtenden Kritiken leidet, auch wenn er kommerziell erfolgreiche Filme dreht. Deswegen habe ich das jetzt nicht zu persönlich genommen. Ich bin mir aber sicher, dass es noch mal einige Kinofilme mit mir geben wird - sehr zum Leidwesen aller Kritiker.

Wird es in Ihrer neuen Show ein Wiedersehen mit Hakan oder Ranjid geben?

Ja, wird es! Ranjid kommt schon in Folge eins beim Thema Liebesfilm. Ich glaube, ich bin der einzige Comedian in Deutschland, der seine Figuren so lange pflegt. Die Figuren existieren seit 17 Jahren. Andere motten ihre Figuren nach zwei, drei Jahren wieder ein. Und ich will meine auch immer wieder einmotten. Aber wir kriegen immer wieder Anfragen von Fans, die wissen wollen, wann die Figuren wieder kommen. Ich habe Fans, die die Figuren so sehr lieben, dass ich es nicht schaffe, mich von ihnen zu trennen, weil ich mir sage: Ich will sie den Fans nicht vorenthalten!

Hat sich Ihr Humor in den letzten Jahren verändert?

Meine Fans haben seit 17 Jahren gewisse Erwartungen: Wenn ich zu Kaya gehe, dann möchte ich, dass er Sprachen und Akzente imitiert, dass er in verschiedene Figuren schlüpft, dass es immer wieder um Kulturen geht und so weiter. Ich bin sozusagen der Kultusminister der Comedy! Das war schon immer so, das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben, und in der Rolle fühle ich mich auch ganz wohl. Ich glaube, dass Fans, die dich einmal liebgewonnen haben, nicht wollen, dass du dich grossartig veränderst. Sondern dass du immer die Comedy lieferst, die sie seit jeher an dir lieben. Mir geht es mit meinen Comedyhelden doch genauso. Wenn ich Eddie Izzard einschalte, dann will ich auch das, was mich vor 20 Jahren begeistert hat.

Und generell?

Die Branche hat sich sehr verändert. Vor 20 Jahren gab es gefühlt eine Handvoll Comedians. Heutzutage gibt es mehr Comedians als Musiker und Sänger. Und mit all diesen Angeboten an Comedy hat sich das Spektrum natürlich erweitert und spezialisiert. Wir haben zum Beispiel Luke Mockridge, der ist eher so eine Art Entertainer: Er spielt Klavier, singt und macht Stand-up-Comedy. Vor 20 Jahren hattest du einfach nur ein Mikro vor der Nase. Der Zuschauer kann sich heute einfach aussuchen, was er haben möchte, das begrüsse ich sehr. Er kann sich fragen: Möchte ich zu Kaya gehen, der immer so lustig Stimmen imitiert, oder lieber zu Luke Mockridge, der die 90er abfeiert und das Lied aus «Die Gummibärenbande» singt?

Ist Humor eine Frage des Alters?

Natürlich gibts auch eine eigene Entwicklung. Vor zehn Jahren habe ich zum Beispiel viel mehr Witze unter der Gürtellinie gemacht. Wenn man älter wird, findet man andere Dinge lustiger, weil man seine Gürtellinie nicht mehr findet. Bei mir ist der Humor wahrscheinlich etwas feinsinniger geworden. Heute mache ich mich über mich selbst lustig. Die Themen können noch dieselben sein, aber die Art und Weise, wie und über was man Witze macht - das verschiebt sich. Ich gehe davon aus, dass ich immer witziger werde, immer erfahrener und immer feinsinniger. Aber es mag auch Leute geben, die mich vor 15 Jahren viel lieber mochten, als ich jung, frech und unter der Gürtellinie war.

Ihr Soloprogramm trägt den Titel «Ausrasten! Für Anfänger». Will richtiges Ausrasten gelernt sein?

Haha, ja! Ich glaube, wir regen uns im Leben wahnsinnig oft auf - manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht. Und die Frage ist: Wie regen wir uns über Dinge auf? Schreien wir herum und hauen dem Nächstbesten eins auf die Nase? Oder gibts eine zivilisierte Art, sich aufzuregen? Und ich sehe mein Programm als eine Art Gruppentherapie. Nicht nur für das Publikum, sondern auch für mich selbst.

Das heisst konkret?

In der ersten Hälfte der Show werde ich mich 45 Minuten lang nur aufregen - über Behördengänge, Fussgänger, Autofahrer, Fahrradfahrer, Eltern, Kinder und und und. In der zweiten Hälfte widme ich mich der Therapie. Dann werde ich Lösungsvorschläge unterbreiten, aber natürlich auch scheitern, wenn es um autogenes Training, Meditation oder Yoga geht. Nichtsdestotrotz haben wir die Dinge mal angesprochen und darüber gelacht. Es gibt für mich nichts Besseres, als über das zu lachen, worüber ich mich aufrege, das ist die eigentliche Form der Therapie. Und ich hoffe, das gelingt mir.

Funktioniert das auch bei einer rechtspopulistischen Partei, die im Deutschen Bundestag sitzt?

Ja. Und gar keine Frage: Wir haben in den letzten Jahren einen Rechtsruck erlebt. Aber da ist ja die Frage nach dem Warum interessant. Warum gehts hier und da nach rechts? Warum gewinnt eine rechtspopulistische Partei wie die AfD dazu? Aber wenn man das Thema nur einteilt in Linke und Rechte, dann halte ich das für eine schwierige Diskussion. Es gibt nicht nur Schwarz-Weiss, es gibt eine ganze Menge Grauschattierungen dazwischen. 50 Shades of Grey um genau zu sein! Ich erlebe das bei meinen eigenen Gefühlen: Wenn wir über alteingesessene Ausländer, Gastarbeiter der ersten Generation reden, die schon in der zweiten oder dritten Generation Kinder haben und gut integriert sind, dann funktioniert das meist hervorragend. Aber es gibt leider auch Leute, die mit unserer freien Kultur nicht klarkommen, handgreiflich werden oder sich sonstwie strafbar machen. Dann bin ich der Erste, der sagt: Was wollen die eigentlich hier? So was geht einfach nicht. Generell sollte man bei der Flüchtlingsproblematik, durch die die AfD zweifelsohne Auftrieb gewonnen hat, auch nach den Fluchtursachen schauen. Viele Flüchtlinge sind nur ein Spielball der Globalpolitik, wie wir alle übrigens auch. Nur sind wir momentan auf der angenehmeren Seite, weil wir nicht vertrieben wurden.

Ist Ethno-Comedy heute relevanter denn je?

Absolut. Es wäre eigentlich an der Zeit, eine Comedy-Show wie «Was guckst du?!» wieder aufleben zu lassen. Aber das ist ein heisses Eisen. Man wird da polarisieren. Eine Comedy-Show könnte aber helfen. Eine Comedy-Show, die Multikulti ist, sagt nicht: Wir machen jetzt nur Witze über Ausländer oder über die AfD. Sondern sie nimmt sich dieses doch heiklen und emotionalen Themas an und versucht, auch darin Comedy zu finden. Comedy heisst ja nicht: Wir nehmen das nicht ernst! Sondern Comedy kann auch ein gut platzierter Spruch an der richtigen Stelle sein, der eine Haltung darstellt. Und ich finde, daran fehlt es momentan ein bisschen im deutschen Fernsehen. Aber ich bin bereit! Wenn jetzt ein Fernsehsender auf mich zukommt, dann bin ich der Erste, der sagt: Eine neue Multikulti-Comedy-Sendung? Ich bin dabei!

«Guckst du?! Kayas grosse Kinoshow» läuft ab dem 23. Februar immer freitags um 20.15 Uhr auf Sat.1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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