Historiker macht den Check Historiker macht den Check: Wie gut ist der SRF-Film «Generalstreik 1918»?

von Cilgia Grass, Redaktorin

8.2.2018

Vor genau 100 Jahren stand die Schweiz am Rande eines Bürgerkrieges. SRF zeichnet die dramatischen Geschehnisse in der Doku-Fiction «Generalstreik 1918» nach – und trifft voll ins Schwarze, wie der Schweizer Historiker Christian Casanova findet.

«Ich war sehr positiv überrascht von 'Generalstreik 1918' und von der Aufarbeitung des Stoffs für ein geschichtsinteressiertes Publikum», sagt Christian Casanova (52), Historiker im Stadtarchiv Zürich. Für «Bluewin» hat er sich die SRF-Doku-Fiction, die am Donnerstag, 8. Februar, um 20.05 Uhr auf SRF 1 läuft, vorab angesehen. «SRF hat in der Tat keinen Aufwand gescheut», so Casanovas Fazit. Das Bild- und Filmmaterial sei sehr passend ausgewählt, was von aufwändigen Recherchen zeuge. Ausserdem seien namhafte Archive besucht und zahlreiche Experten konsultiert worden. «Sie kommen immer wieder an entscheidenden Stellen zu Wort. Dadurch werden dem Zuschauer wichtige Hintergrundinformationen für das tiefere Verständnis vermittelt», freut sich der Fachmann. Zwar seien die schnellen Schnitte vor allem im Einführungsteil für den Zuschauer etwas fordernd, aber: «Insgesamt wird ein umfassendes und in sich stimmiges Bild vermittelt.»

Überhaupt finde er es als Historiker «toll», dass sich SRF dieses komplexen historischen Themas angenommen hat. «Immerhin waren die Geschehnisse rund um den Landesstreik die bisher schwerste politische Krise des Bundesstaates. Der Landesstreik selber war der Höhepunkt einer heftigen sozialen Auseinandersetzung, die die Schweiz erschütterte», so Casanova.

Christian Casanova studierte Allgemeine Geschichte und Philosophie an der Universität Zürich. In seiner Dissertation befasste er sich mit dem Zürcher Nachtleben im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Er ist als Historiker im Stadtarchiv Zürich tätig und hat für «Bluewin» «Generalstreik 1918» unter die Lupe genommen.
Christian Casanova studierte Allgemeine Geschichte und Philosophie an der Universität Zürich. In seiner Dissertation befasste er sich mit dem Zürcher Nachtleben im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Er ist als Historiker im Stadtarchiv Zürich tätig und hat für «Bluewin» «Generalstreik 1918» unter die Lupe genommen.
ZVG

Rührende Anekdoten

Neben der historischen Brisanz gefällt dem Historiker auch die Detailtreue des Films. «Sehr gelungen finde ich, dass sogar Platz für Anekdoten war, wie etwa für die des Bahnhofsvorstands von Lausanne, der von den Militärs gezwungen wurde, sein Büro zu räumen und daraufhin im Namen der Eisenbahner empfahl, den Generalstreik anzunehmen», sagt Casanova. Richtiggehend rührend sei aus heutiger Sicht zudem die Geschichte des Bahnarbeiters, der mit dem Velo von Airolo nach Bellinzona fährt und an jedem Bahnhof seine Kollegen über den Beginn des Landesstreiks informiert. Casanova: «In Bellinzona beginnt dann der Streik tatsächlich sofort wegen einer einzigen Person. Solche Erzählungen machen Geschichte lebendig und bringen die Sache dem Zuschauer sehr viel näher als blosse Theorie.»

Angetan war Christian Casanova auch von den Leistungen der Schauspieler in den Zwischensequenzen. «Das ist bei SRF-Produktionen nicht immer der Fall. Vor allem die Darsteller von Grimm und Sonderegger überzeugen durchwegs», lautet sein Urteil.

Das hätte man besser machen können

Einen Kritikpunkt hat er allerdings: «Mühe hatte ich mit der pathetischen Musik, die sich durch den ganzen Film zieht. Da wäre etwas mehr Abwechslung wünschenswert gewesen. Am Schluss hatte ich einen richtigen 'Ohrwurm' drin, aber das ist wohl Geschmackssache.»

«Generalstreik 1918» läuft am Donnerstag, 8. Februar, um 20.05 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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