Zum Tod von Ruth Maria KubitschekAls «Spatzl» schrieb sie TV-Geschichte
dpa/jke
3.6.2024 - 20:25
Von «Monaco Franze» bis zum «Erbe der Guldenburgs»: Ruth Maria Kubitschek hat mit ihrem Talent Kultserien im Fernsehen geprägt. In Erinnerung bleibt ihr Spitzname «Spatzl» – und so vieles mehr.
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03.06.2024, 20:25
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Die vielseitige deutsche Künstlerin, Malerin, Buchautorin und Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek starb im Alter von 92 Jahren in ihrer Wahlheimat Schweiz.
Kubitschek prägte das deutsche Fernsehen und Kino mit unvergesslichen Rollen, besonders als «Spatzl» in der Kultserie «Monaco Franze».
Der deutsche Bundespräsident Steinmeier und Ministerpräsident Söder würdigten sie als «Grande Dame des Fernsehens» und herausragende Schauspielerin.
Kubitschek verbrachte ihre letzten Jahre in der Schweiz, widmete sich der Malerei und dem Schreiben und hatte keine Angst vor dem Tod, wie sie in ihrem letzten Interview erklärte.
Ein vielseitiges Talent – so ein Kompliment war bei Ruth Maria Kubitschek eine glatte Untertreibung. Sie war Malerin, Buchautorin und natürlich Schauspielerin. Mal die Charmante, mal die Intrigantin.
Kubitschek habe ihren Rollen «Stil, Haltung und Grandezza» verliehen, urteilte die Jury bei einer Preisverleihung in Bayern 2013. Nun ist die Künstlerin in ihrer Wahlheimat im Tessin im Alter von 92 Jahren gestorben.
Prägende Rollen im deutschen Film und Fernsehen
Erst vor zwei Jahren hatte sie ihr Haus mit dem berühmten «Garten der Aphrodite», den sie auch in einem Buch würdigte, in Fruthwilen am Bodensee aufgegeben und war nach Ascona ins Tessin gezogen. Die Gartenarbeit war ihr zu beschwerlich geworden.
In ihrem letzten grossen Interview sagte sie dem Magazin «Stern» im Dezember 2023: «Ich glaube, nun ist alles gesagt.» Kubitschek prägte in unzähligen Rollen die deutsche Fernseh- und Filmszene.
Unvergessen bleibt sie als «Spatzl» in der ARD-Kultserie «Monaco Franze – der ewige Stenz» Anfang der 80er-Jahre. In der Rolle der leidenden Ehefrau liess sie ihrem umtriebigen Film-Ehemann Helmut Fischer alle Eskapaden durchgehen, wenn der seinen treuen Dackelblick auflegte.
Söder: Kubitschek war «die Grande Dame des Fernsehens»
Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte die Schauspielerin als Star, der zuerst im DDR-Fernsehen und dann in der Bundesrepublik gefeiert wurde.
Sie habe ihre Rollen mit Herz und Humor gespielt und ein Millionenpublikum jedes Alters begeistert, schrieb Steinmeier: «Mit Ruth Maria Kubitschek verliert Deutschland eine grossartige Schauspielerin, die deutsche Fernsehgeschichte geschrieben hat.»
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) würdigte die gestorbene Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek als die «Grande Dame des Fernsehens». «Die Nachricht vom Tod von Ruth Maria Kubitschek macht traurig und betroffen», sagte Söder.
«Sie war die ‹Grande Dame des Fernsehens› und blieb dabei selbst immer bescheiden. Mit ihren Rollen war Ruth Maria Kubitschek auch Vorbild und Avantgarde.» Bayern werde der Trägerin des Bayerischen Verdienstordens ein ehrendes Andenken bewahren.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth würdigte Kubitschek als «eines der prägendsten Gesichter der deutschen Film- und Fernsehlandschaft». «Dabei gelang es ihr immer wieder auf faszinierende Weise, ihren Figuren Eleganz, Tiefe und Feinsinn zu verleihen», teilte Roth mit. «Ruth Maria Kubitschek wird ein Teil unseres kollektiven Filmgedächtnisses bleiben.»
Letzter Film mit Matthias Schweighöfer
«Frau Ella» war 2013 ihr letzter Film, nach einem Roman von Florian Beckerhoff. Da war sie 82. Kubitschek spielte in der Komödie eine alte Dame, die ein Taxifahrer aus dem Krankenhaus nach Frankreich entführt, damit sie ihre Jugendliebe wiederfindet.
Eigentlich hatte sie sich bereits von der Schauspielerei zurückgezogen, als das Angebot für «Frau Ella» an der Seite von Matthias Schweighöfer kam. Kubitschek nahm die Rolle dennoch an.
«Es war eine sehr anstrengende Zeit», erinnerte sie sich im Interview mit RTL.de. «Ich hatte wahnsinnige Fussschmerzen, weil ich mir das Gelenk ausgerenkt hatte. Aber durch diese Schmerzen habe ich auch so wunderbar alt ausgesehen, ich war wirklich in der Verfassung einer alten Frau. Und Matthias Schweighöfer war wunderbar. Er hat viel Humor und ist ein toller Junge», schwärmte sie.
Ein Glücksfall sei so ein Drehbuch gewesen, sagte Kubitschek dem Südwestrundfunk (SWR) 2019. «Wenn du so alt bist wie ich, was sollst du dann spielen? Irgend so ein altes Weib? Da sind gar keine Stoffe mehr da.»
Kubitschek malte umso mehr, wie schon zu Karrierezeiten, vorzugsweise Blumenmotive. Der rote Teppich sei mit seinem Konkurrenzkampf und seiner Fleischbeschau immer eine Qual für sie gewesen.
Vom Erzgebirge zum DDR-Star
Kubitschek wurde 1931 am Rande des Erzgebirges in Tschechien geboren. Ende des Zweiten Weltkriegs floh die Familie mit fünf Kindern nach Norden. In Sachsen-Anhalt bekam sie einen Bauernhof. Ruth Marias sehnlichster Wunsch war es, Schauspielerin zu werden.
«Mit vier spielte ich zum ersten Mal Theater», erzählte sie dem «Stern». «Ich war so aufgeregt, dass ich mir während der Vorstellung in die Hosen schiss.»
Die Eltern wollten später von so einer Berufswahl zunächst nichts wissen, aber sie setzte sich durch. Nach Schauspielschulen in Halle (an der Saale) und Weimar gab sie ihr Debüt als Fina in Brechts «Herr Puntila und sein Knecht Matti» in Halle.
Innerhalb weniger Jahre wurde sie zu einem Star des DDR-Fernsehens und des DEFA-Films, des staatlichen Filmstudios der DDR. Kubitschek heiratete 1953 den Opernregisseur Götz Friedrich und bekam einen Sohn.
Die künstlerische DDR-Enge passte der engagierten Schauspielerin aber nicht, und so blieb sie 1959 nach einem Engagement mit ihrem Sohn in Westdeutschland. Am Schlosstheater in Celle begann Kubitscheks zweite deutsche Karriere.
Partnerschaft mit Abstand
Ihr Mann blieb damals in der DDR. Anfang der 60er-Jahre wurden die beiden geschieden. Kubitschek war dann 40 Jahre mit Wolfgang Rademann zusammen, dem Fernsehproduzenten und Schöpfer von Erfolgsserien wie «Das Traumschiff» und «Die Schwarzwaldklinik». Friedrich starb im Jahr 2000, Rademann 2016.
Rademann und Kubitschek hatten nie zusammengewohnt, waren nach ihren Angaben aber ein glückliches Paar. Der Verlust habe sie tief getroffen, sagte Kubitschek 2016.
«Als Wolfgang im Januar 2016 starb, schwamm ich ziellos durchs Leben und wusste lange nicht, wo ich ankommen würde ... Er war in meinem Leben viel präsenter und grösser, als ich mir das in unseren gemeinsamen fast 40 Jahren eingestehen wollte. Ich habe wahnsinnig lang von ihm geträumt.» Diese Trauerarbeit sei nun abgeschlossen, sagte sie 2018 der Zeitschrift «Bunte», «mir geht es wieder gut».
Kubitschek war schon seit den 80er-Jahren immer zeitweise in der Schweizer Bodenseeregion. Dem Trubel von München entfloh sie irgendwann dann gänzlich.
2013 wurde sie eingebürgert. Sie liebe die Schweizer Zurückhaltung, meinte sie 2019. «Wenn ich in München leben würde, würde ich grössenwahnsinnig», sagte sie. Da kämen ständig Leute auf sie zu. «Hallo Spatzl, können wir ein Foto machen?»
Über Falten und Schmerzen
Mit den grossen Fragen des Lebens beschäftigte sich Kubitschek in ihren Büchern. «Engel, Elfen, Erdgeister» zum Beispiel. Oder «Anmutig älter werden» in Verbindung mit dem Rat, Falten und Schmerzen anzunehmen, ohne eine «Jammersuse» zu werden.
So hielt Kubitschek es selbst. Sie sei mit sich im Reinen und habe keine Angst vor dem Tod, sagte sie 2019. «Im nächsten Leben muss etwas ganz anderes kommen», meinte sie, «ich freue mich darauf.»
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