Kolumne am MittagRauchen verboten – Sharon Stone und die Gesundheitsfanatiker
Von Bruno Bötschi
5.10.2020
Der Auftritt der rauchenden Sharon Stone im Erotikthriller «Basic Instinct» von 1992 ist unvergessen. Dann kam die Antiraucherbewegung und im Film war ausgequalmt – zumindest bis vor Kurzem.
Der eigentliche Grund für diese «Kolumne am Mittag» ist Schauspielerin Sharon Stone – aber bevor sie Thema wird, zuerst noch ein kurzer, verqualmter Exkurs – ich bitte um Nachsehen.
Zarli Carigiet mit Brissago hat auf mich in Kindertagen Eindruck gemacht. Marlene Dietrich eroberte in den 1930er-Jahren eine Männerdomäne, als sie provokativ genüsslich an ihrer langen Zigarettenspitze gesaugt hat.
Humphrey Bogart ohne Zigarette? Als Nichtraucher ist er kaum vorstellbar. Für markige Kinodarstellerinnen und -darsteller war Tabak seit Beginn der laufenden Bilder ein unentbehrliches Symbol.
Das Rauchzeug trat regelmässig in exponierten Nebenrollen auf. Im Restaurant. In der U-Bahn. Im Schulzimmer. Sogar beim Tanzen. Und im Bett natürlich auch. Es wurden auch legendäre Sätze mit einer Ziggi im Mund ausgesprochen – im allerersten «James Bond»-Abenteuer etwa sagt Sean Connery die Worte, die sein Markenzeichen wurden, während er sich einen Glimmstängel anzündet: «Bond … James Bond.»
Mit frischem Atem geliebt und erschossen
Als dann die Gesunden der US-amerikanischen Antiraucherbewegung in den 1980er-Jahren kamen, wurde in den Filmen ziemlich schnell deutlich weniger geraucht. Fortan wurde nüchtern und mit frischem Atem geliebt, erschossen und verprügelt. Momoll, dank Political Correctness stieg die Lebensqualität der Getöteten.
In überkorrekten Zeiten musste sogar Geheimagent 007 enthaltsam leben und neben der Nikotinsucht auch seine Liebe zu den Frauen zügeln. Mit dem Qualmen war es vorbei, als mit dem fünften Bond-Darsteller, Pierce Brosnan, «Golden Eye» gedreht wurde. Immerhin, dem Martini – geschüttelt, nicht gerührt – durfte der britische Agent mit der Lizenz zum Töten treu bleiben.
Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO setzt sich seit Jahren für die Verbannung der Glimmstängel von der Leinwand ein. Der Grund: Die Zuschauerinnen und Zuschauer würden sich von den Filmfiguren beeinflussen lassen und anschliessend selbst mit dem Rauchen beginnen.
So löblich dieser Kreuzzug gegen das Laster ist, ich bin der Meinung: Lasst Filmemacherinnen und -machern ihre Freiheit!
Unwiderstehliche Femme fatale
Zu meiner eigenen Überraschung durfte ich in letzter Zeit feststellen: Es wird in Filmen wieder mehr geraucht – auch in der neuen Netflix-Serie «Ratched» hat der Glimmstängel eine wichtige Nebenrolle inne. Und zwar im Mund von … genau, von Stone… Sharon Stone.
Sie spielt eine exzentrische Multimillionärin mit einem kleinen Haustier-Äffchen auf der Schulter, die regelmässig an Zigarettenspitzen zieht. Die Hollywood-Diva hat zwar keine Hauptrolle, aber bei mir dennoch einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Wenn eine Filmfigur raucht, tut sie das heute kaum noch, weil es «cool aussieht». Vielmehr ist die Zigarette ein Mittel zur Definition eines Charakters.
Sharon Stone bewies das schon viel früher. Kinofetischisten erinnern sich: Sie qualmt 1992 im Erotikthriller «Basic Instinct» in der berühmten Beinüberschlag-Szene und etabliert damit ihre Rolle als unwiderstehliche Femme fatale.
Fazit: Rauchschwaden, die in die Höhe wirbeln, bereichern den Film. Abgesehen davon würde mit einem Tabakverbot für Kino und Fernsehen die Realität verleugnet – denn die ist beileibe nicht fehlerlos und schon gar nicht rauchfrei.
Andererseits muss ich zugeben: Sie ist dafür voller Gesundheitsfanatiker.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.