Neuer StreamingdienstQuibi – Kurzfutter für die Zeit nach Corona
Von Lukas Rüttimann
19.4.2020
Mit Quibi und Peacock kämpfen gleich zwei neue Streaminganbieter um Publikum. Die Voraussetzungen könnten unterschiedlicher kaum sein.
Wenn in diesen Tagen etwas Neues lanciert wird, ist oft vom richtigen Timing die Rede. So auch beim Launch der neuen Streamingdienste Quibi und Peacock. Doch während man beim NBC-Ableger Peacock ganz entspannt meinte, man habe sich eine Verschiebung zwar überlegt, sei aber zum Schluss gekommen, ein Markteintritt mitten in der Corona-Krise sei «passend wie selten», klingt es beim Konkurrenten ganz anders.
Niemand könne bestreiten, wie «grauenhaft» das Timing für den Start von Quibi sei, schrieb etwa das amerikanische «Rolling Stone»-Magazin. Und verglich den Markteintritt mit jenem von anderen technischen Innovationen, denen das falsche Timing zum Verhängnis geworden war. Darunter etwa das zu früh lancierte Message-Pad Apple Newton oder der zu spät entwickelte VHS-Konkurrent Betamax.
Netflix für Pendler
Tatsächlich versucht Quibi zum wohl schlechtesten Zeitpunkt, Abonnenten für sein neues Angebot zu gewinnen. Denn der Streamingdienst, dessen Name sich aus den englischen Begriffen für schnell («quick») und Happen («bite») zusammensetzt, ist sozusagen die Anti-These zum aktuellen Corona-Lockdown. Konzipiert für eine Zeit der Hochkonjunktur, mit Kurzfutter für eine Gesellschaft mit immer weniger Zeit – und für Leute, die ständig unterwegs sind und alles auf dem Smartphone konsumieren.
Das wäre eigentlich alles andere als eine schlechte Idee. Im Gegensatz zu Netflix setzt Quibi nicht auf «zehnstündigen Filme», wie der Streamingdienst sein Serienkonzept einmal selbst umschrieben hat, sondern auf kurze, kompakte und unterhaltsame Programme von hoher Qualität und mit prominentem Personal. Tatsächlich weiss jeder, der sich schon aufgeregt hat, dass bei gewissen Serien eine nicht vorhandene Handlung künstlich in die Länge gezogen wird, dass in der Kürze sehr oft die Würze liegt.
Hinzu kommt ein technisches Novum, das bei ersten Reviews häufig als Hauptargument für den neuen Dienst genannt wurde. Denn ganz egal, wie man sein Smartphone in der Hand hält, die Inhalte drehen sich automatisch mit – fliessend, ohne Ruckler und vor allem: ohne irgendwelche Balken. Perfekt gemacht für eine Welt, in der man in einer Arbeitspause ein bisschen Zerstreuung sucht, oder beim Pendeln mit Zug, Bus oder Tram. Das Problem ist bloss: Derzeit pendelt niemand; und gearbeitet wird vorwiegend zuhause, wo andere Streamingdienste bei vielen TVs bereits vorinstalliert sind.
Ambitioniertes Projekt
Zu ihnen könnte irgendwann der neue Streaminganbieter Peacock gehören. Der vorerst nur für amerikanische Comcast-Kunden erhältliche Dienst ist klassischer ausgerichtet als Quibi und bietet seinen Kunden über 600 Kinofilme und 400 Serien an; darunter die Universal-Hits «The Office» (samt einem versprochenen Reboot) oder «Jurassic World».
Ähnlich wie beim kürzlich auch in der Schweiz gestarteten Streamingdienst von Disney setzt Peacock also vor allem auf einen umfangreichen Back-Katalog, aber kaum auf Neues. Allerdings bemühen sich beide um Exklusivität; Disney plus etwa mit einem «Star Wars»-Day am 4. Mai – «May the 4th», Insider verstehen den Joke. Peacock versuch es mit exklusiven Streaming-Premieren der neuen «Fast and Furious», respektive «Jurassic World»-Filme, die ursprünglich dieses Jahr ins Kino hätten kommen sollen.
Dennoch ist Quibi innovativer. Ähnlich wie bei Netflix setzt man beim Kurzfutter-Dienst auf exklusive Inhalte, die eigens für das neue Konzept produziert wurden. Prominente Namen wie Steven Spielberg, Reese Witherspoon oder Will Smith wurden im Vorfeld bereits herumgereicht, mit Inhalten vertreten sind zum Start aber andere.
Teeniestar Liam Hemsworth etwa wird von Christoph Waltz in «The Most Dangerous Men» durch Detroit gejagt, Autonarr Idris Elba rast gegen US-Rennprofi Ken Block um die Wette, Nicole Richie versucht sich in «Nikki Fre$h» als Comedian (sogar mit Unterstützung von Popstar-Vater Lionel), und «Game of Thrones»-Darstellerin Sophie Turner kann man als Überlebende im Flugzeugabsturz-Drama «Survive» bestaunen.
Alles ist hochwertig produziert, man merkt den Shows das hohe Budget an. Allerdings wird auch schnell klar, wo die inhaltlichen Limiten der Kurzfilme liegen. Eine Vertiefung der Charaktere etwa ist fast nicht möglich, und wenn, dann wirken diese Momente fast wie Szenen aus einer anderen Produktion.
Reicht die Kriegskasse?
Der Glaube an den Erfolg von Quibi ist in der Branche dennoch weit verbreitet. Immerhin haben Jeff Katzenberg und CEO Meg Whitman – zwei der prominentesten Quibi-Investoren – nicht weniger als 1,75 Milliarden Dollar bereitgestellt, um den Streamingdienst einen möglichst langen Schnauf zu ermöglichen.
Zweifellos eine imposante Kriegskasse, doch ohne Abonnenten wird es nicht gehen. Quibi-Abos werden in der Schweiz denn auch bereits seit Markteintritt angeboten, allerdings ohne Synchronisation oder Untertitel. Für die ersten neunzig Tage ist die Nutzung gratis, danach kostet das Abo acht Franken im Monat. Peacock dagegen ist kostenlos, der Mutterkonzern Comcast will den Dienst über Werbeeinahmen finanzieren. Das Premiumangebot kommt ohne Werbung aus, kostet aber.
Die Frage bleibt, ob sich die neuen Dienste zu Konkurrenten von Netflix und Co. entwickeln werden. Doch um das zu beantworten, ist es sicher noch zu früh. Bereits klar scheint immerhin, dass der Kampf der Streamingdienste über Inhalte entschieden wird. Denn so überzeugend technische oder formale Innovationen auch sein mögen – wenn die Serien oder Programme schlecht sind, bleiben die Abonnenten weg.
Deshalb muss vor allem Quibi erst noch beweisen, dass es mehr zu bieten hat als besser gemachte YouTube-Filmchen. Doch vielleicht wird man das in einer Welt nach der Corona-Krise nicht mehr ganz so eng sehen – und für hochwertig produziertes Kurzfutter in Tram, Zug oder Bus gern den einen oder anderen Franken pro Monat springen lassen.
Mit der zweiten Staffel der hochgelobten deutschen Serie «Das Boot» taucht im April ein wahres Serien-Highlight an die Oberfläche. Doch auch die Konkurrenz von Apple, Amazon und Netflix schläft nicht. Welche Serien Sie im April auf dem Zettel haben sollten, verrät die Galerie.
Bild: Stephan Rabold / Bavaria Fiction GmbH/ Sky
Harmonie und Einigkeit scheinen Alice' (Elodie Bordas) Leben zu beherrschen. Doch als bei ihr eine schwere Krankheit diagnostiziert wird, bricht für ihre gesamte Familie eine Welt zusammen. Plötzlich müssen sich alle mit unangenehmen Wahrheiten auseinandersetzen. Die sechsteilige Familienserie «Kleine Lügen» mit Claudia Cardinale startet am 1. April auf SRF 1.
Bild: SRF / RTS
Nach dem Tod des Sheriffs übernimmt Bill Hollister (Stephen Dorff) überraschend dessen Posten. Obwohl er Bürokratie hasst, nutzt der Cop die Gelegenheit, das Department nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Wie Bill mit dieser neuen Verantwortung zurechtkommt, verrät ab 1. April die Serie «Deputy – Einsatz in Los Angeles» (13th Street, über Teleclub empfangbar).
Bild: 13th Street / 2019 FOX Media LLC
Auf Dates zu gehen, ist für den Witwer Wade (Walton Goggins) nach dem Tod seiner Frau tabu. Doch als ihn Freunde dazu überreden, sich ein Dating-Profil anzulegen, ist in der Comedy-Serie «The Unicorn» (ab 2. April, Sky, über Teleclub empfangbar) die Überraschung gross: Denn Wade kann sich kaum vor Anfragen retten.
Bild: 2019 CBS Broadcasting
Hilde (Brooklynn Prince) beginnt mit ihrer Familie ein neues Leben. Doch die vermeintliche Kleinstadtidylle trügt. Denn über der neuen Heimat der Familie liegt ein dunkles Geheimnis, das aber niemanden zu interessieren scheint – ausser Hilde. Die Mystery-Serie «Home Before Dark» (ab 3. April, Apple TV+) basiert auf wahren Ereignissen.
Bild: Apple
Diese Serie ist nachweislich Kunst: Das Amazon Original «Tales From The Loop» (ab 3. April) ist inspiriert von digitalen Gemälden des schwedischen Künstlers Simon Stålenhag. Auch inhaltlich gibt sich die Produktion ambitioniert. Schliesslich hat sich die Science-Fiction-Serie nichts Geringeres vorgenommen, als die Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln.
Bild: 2019 Amazon.com Inc.
Wird Nairobi (Alba Flores) überleben? Kann Rio (Miguel Herrán, Bild) sein Trauma überwinden? Und schaffen es die maskierten Räuber unter Anleitung des Professors (Álvaro Morte) lebendig aus der Bank von Spanien? Das Finale von Staffel drei liess viele Fragen offen, die in den neuen Folgen von «Haus des Geldes» aufgeklärt werden (ab 3. April bei Netflix).
Bild: Netflix / Tamara Arranz Ramos
Nach den beliebten Hörspielen und vier Kinofilmen bringen es die Abenteuer der pferdebegeisterten Mädchen Bibi und Tina ab 3. April bei Amazon auch zur Serienreife. In «Bibi & Tina» stellt unter anderem ein geheimnisvoller Spanier die junge Hexe Bibi (Katharina Hirschberg, rechts) und ihre Freundin Tina (Harriet Herbig-Matten) auf dem Martinshof auf die Probe.
Bild: 2020 Amazon.com Inc.
Anne (Annette Frier) und Erik Merz (Christoph Maria Herbst) kommen angeblich wieder blendend miteinander klar. Trotzdem schalten sie in der zweiten Staffel der ZDF-Ehekrisen-Sitcom «Merz gegen Merz» (ab 9. April) einen Anwalt ein. Der soll einen nachträglichen Ehevertrag aushandeln. Wie zu erwarten, hält da der Burgfrieden nicht lange an.
Bild: ZDF/Martin Valentin Menke
Die Romane von Jane Austen feiern als Vorlage für Film- und Serienadaptionen gerade Hochkonjunktur. Nach dem Kinofilm «Emma» erscheint am 13. April die Serie «Sanditon» (Sony Channel, über Teleclub empfangbar). Sie erzählt von der unangepassten Charlotte Heywood (Rose Williams, rechts, mit Kate Ashfield), die den Alltag im beschaulichen Fischerort Sanditon durcheinanderwirbelt.
Bild: Red Planet Pictures
Mike (Aden Young, Bild) und sein Nachbar Leo (Sam Trammell) wirken wie normale Familienväter. Doch als ein Teenager grausam ermordet wird, zeigt sich das genaue Gegenteil: Welcher der beiden Männer sich als Serienkiller entpuppt, löst ab 14. April die australische Thriller-Serie «Reckoning» bei Sony AXN (über Teleclub empfangbar) auf.
Bild: 2020 Sony Pictures Inc.
Mit einem deutsch-britischen Ermittlerduo auf Mallorca kommt die Krimiserie «The Mallorca Files» (ab 17. April) international daher. In der Koproduktion von ZDFneo und BBC One kämpfen die Britin Miranda Blake (Elen Rhys) und ihr deutscher Kollege Max Winter (Julian Looman) unter anderem bei einem Radrennen gegen das Verbrechen.
Bild: ZDF / Giacomo Neri
Das Leben von Zoey Clarke (Jane Levy) ändert sich von einem auf den anderen Tag, als sie ein ungewöhnliches Talent entdeckt: Sie nimmt die Wünsche und Gedanken ihrer Mitmenschen in Form von Liedern wahr. Wie sich diese Fähigkeit auf Zoeys Alltag auswirkt, beschreibt ab 19. April die Sky-Serie «Zoey's Extraordinary Playlist» (über Teleclub empfangbar).
Bild: 2019 NBCUniversal Media LLC / Lionsgate
Auch in der zweiten Staffel von «After Life» (ab 24. April bei Netflix) hat Tony (Ricky Gervais, mit Penelope Wilton) noch immer mit dem Tod seiner Frau Lisa zu kämpfen. Derweil sorgt in Tambury die Nachricht für Aufsehen, dass die lokale Zeitung womöglich eingestampft wird. Ob die Amateurtheateraufführung die Wogen glätten kann?
Bild: Netflix / Ray Burmiston
Nach der sehr erfolgreichen Premiere 2018 sticht «Das Boot» (Sky, über Teleclub empfangbar) ab 24. April erneut in See. In der zweiten Staffel strandet der ehemalige Kommandant der U-612, Klaus Hoffmann (Rick Okon, mit Rochelle Neil), in New York. Dort stellt ihm ein zwielichtiger Anwalt seine Rückkehr nach Deutschland in Aussicht. Doch kann ihm Hoffmann vertrauen?
Bild: Stephan Rabold / Bavaria Fiction GmbH/ Sky
Nach seinen Kino-Hauptrollen in den «Es»-Filmen folgt für Jaeden Martell (Mitte) in «Defending Jacob» (ab 24. April bei Apple TV+) nun auch die erste in einer Serie. Nachdem der 14-jährige Jacob (Martell) des Mordes verdächtigt wird, wird das Zusammenleben mit seinen Eltern Andy (Chris Evans) und Laurie (Michelle Dockery) auf eine harte Probe gestellt.
Bild: Apple
In der ersten Staffel von «The Rookie» drückten John (Nathan Fillion, rechts), Lucy (Melissa O'Neil) und Jackson (Jackson West) noch die Schulbank. In den neuen Folgen (ab 24. April bei FOX, über Teleclub empfangbar) sind sie im harten Berufsleben eines Polizisten angekommen. Auch privat geht es für John drunter und drüber. Noch dazu muss er sich an seine neue Chefin gewöhnen.
Bild: 2019 American Broadcasting Companies, Inc.
Im Geheimen behandelt der Chirurg Daniel Milton (Mark Strong) gemeinsam mit der Forscherin Anna (Carice van Houten) Kriminelle, illegale Einwanderer und Obdachlose. Dabei lebt er in der Sky-Serie «Temple» (ab 30. April, über Teleclub empfangbar) in der ständigen Angst, entdeckt zu werden. Erst recht, als er zusätzlich eine neue, noch gefährlichere Mission startet.
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